FRONTPAGE

Fotomuseum Winterthur: «Shirana Shahbazi – Much like Zero»

Von Ingrid Isermann

 

Wie real oder wie abstrakt ist Fotografie? Diese Frage beschäftigt die Fotografie seit ihrer Erfindung. Oliver Wendell Holmes schlug schon 1859 vor, die Welt in ihrer Ganzheit zu fotografieren, danach könne man sie abbrennen: „Die Form ist in Zukunft von der Materie getrennt“. Alvin Langdon Coburn räsonierte 1916: „Warum soll nicht auch die Kamera die Fesseln konventioneller Darstellungskunst abstreifen und etwas Frisches, bisher nicht Erprobtes wagen?“

In den sechziger und siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts spricht man von „Generativer Fotografie“, von selbsterzeugender Fotografie. Die Frage kommt nicht zur Ruhe. In jüngster Zeit ist das Thema wieder sehr aktuell. In Arbeiten von Wolfgang Tillmans zum Beispiel scheint die Vorstellung durch, dass alle Fotografien gegenständlich, konkret und abstrakt zugleich sind, dass alle „Konstruktionen (sind), die durch Übersetzungen und Manipulationen entstehen“.

 

 

Shirana Shahbazis Arbeit kreist seit zehn Jahren im Spannungsfeld von Gegenständlichkeit und Abstraktion, Indexikalität und freier Bildlichkeit. Sie stellte in dieser Zeit oft überraschende Bilder zueinander. Neben einem abstrakten Farbverlauf zum Beispiel hängen zwei Porträts, danach eine schwarzweisse Aufnahme einer steppenartigen Landschaft, gefolgt von einem Stillleben mit Beeren und Früchten, schliesslich zwei Teppiche, geknüpft nach Fotografien eines jungen Mannes und einer sonnendurchschienenen Landschaft. Diese Abfolge zeigt, wie sehr sie wiederholt um die Frage der Repräsentation in der Fotografie ringt, wie sie vor intensivfarbenen, monochromen Hintergründen mit ihr spielt, wie sie auch mit ihr hadert.
In ihren Werken ist eine grosse Bilderlust zu spüren: Porträts, Landschaften, Stadtbilder, Stillleben und abstrakte Farbflächen gehören zu den Genres, den Werkzeugen ihrer Kunst. Inszeniert, vorgefunden, beobachtet, aufgefangen, direkt auf Fotopapier geprintet oder von Malern zu riesigen Billboards vergrössert, früher auch zur Wandtapete verarbeitet und repetitiv als Muster, als Rapport, als Fond aufgeklebt, oder zu Teppichen, zu strahlenden, leuchtenden, warmen Bildteppichen verknüpft. Doch immer wieder durchsetzte sie die Bilderlust mit Fragezeigen, mit Hinterfragungen – bis sie den Schritt in den den abstrakt-konkreten glühenden Bildraum wagte.
Die neusten Bilder sind – wenn auch weiterhin analog im Studio mit farbigen Körpern konstruiert – weitgehend abstrakt, sind geometrische Muster, farblich-rhythmische Überlagerungen im Grossformat. Shirana Shahbazi erzeugt hier in abstrakter Bildlichkeit eine strahlende Unmittelbarkeit.

 

 

„Wir werden keine Welt gestalten und wollen es auch nicht direkt. Sich gestalterisch denkend zu bewegen genügt fürs Erste, vielleicht wird etwas Neues daraus, nur eben nicht, indem es von vornherein mit einem neuen Weltbild in Einklang stehen soll, sondern als Selbstläufer, in der Hoffnung, dass es auch schön aus dem Ruder läuft und wunderbare Bastarde bildet.“
Diese Zeilen des deutschen Malers Bernd Ribbeck formulieren einen Grundton der neuen Beschäftigung mit der Abstraktion, in der Shirana Shahbazi eine wichtige Rolle spielt.

 

 

Much like Zero, ohne die Schwere der Referenzen, des Repräsentationsanspruchs, ohne die Schwere der Welt mit ins Bild zu holen.
Die Ausstellung im Fotomuseum Winterthur zeigt nebst vielen neuen und neusten Fotografien auch den (konzeptuell gestrafften) Werkteppich, an dem Shirana Shahbazi seit rund zehn Jahren arbeitet.
Courtesy Fotomuseum Winterthur

 

 

Die Ausstellung wurde vom Fotomuseum Winterthur in enger Zusammenarbeit mit der Künstlerin organisiert. Der Kurator der Ausstellung ist Urs Stahel.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit englisch-deutschem Begleitheft:

 

Shirana Shahbazi – Then Again, Hg. Urs Stahel, Steidl Verlag Göttingen, 2011, 160 Seiten, 107Abbildungen in Farbe, Softcover mit Schutzumschlag und Banderole, 198 mm x 264 mm, Englisch/Deutsch. Mit einem Essay (engl./dt.) von Urs Stahel in einem separaten 16-seitigen Beiheft. Preis: CHF 45.
3. September bis 13. November 2011
Fotomuseum Winterthur (Halle und Galerie)

 

 

Begleitprogramm zur Ausstellung:
Bildfokus am Mittag (Dienstag 12.15 bis 12.45 Uhr): 4. Oktober 2011 mit Natalie Madani: Simulation und Hyperrealität in Shirana Shabazis Fotografie

 

 

Auszug aus dem Katalogtext:

URS STAHEL
BILDERZWEIFEL – BILDERLUST
Acht Gedanken zur fotografischen Abstraktion und zu Shirana Shahbazis Weg in die (fast)
reine Form

 

 

Eine (Exil-)Iranerin kehrt zurück und fotografiert den Iran. Das ist ein gefundenes Fressen, für politisch Interessierte, Feministen, aber auch für Journalisten und Marketing-abteilungen von Museen.
Ein farbenfroher Bilderschatz für bunte, wohlmeinende Missverständnisse. Shirana Shahbazi reagiert instinktiv darauf und verweigert den zweiten Schritt in die gleiche Richtung. Sie reist in die ganze Welt hinaus, fotografiert hier und dort gesehene, erfahrene, schon fotografierte Landschaften, Landstriche, urban sites. Jeden Ort, keinen Ort, überall, nirgendwo, die Geografie wird unwichtig, entscheidender ist die Erkennbarkeit allgemeiner Strukturen. Shirana Shahbazi zieht hier ihre Fotografien auf Aluminium auf oder druckt sie als Plakate, die sich im Tapeten-Rapport wie ein neuer Fond über die Wand ziehen.
Und sie porträtiert auch, Freunde, Bekannte, Fremde, doch kaum je als Einzelbild, vielmehr als Doppelbild, als Beginn einer Sequenz, einer Linie.
Mit leicht verschobener Perspektive, leicht verschobenem Blick. Nicht das Porträt, sondern zwei Blicke auf eine sich leicht verschiebende Person ergeben eine dynamisierte Situation, lösen das Subjekt-Objekt-Gefälle, auch die Starre der Situation auf. Zwei Bewegungen kreuzen sich auf der Linse und schlagen sich als Begegnung, als Aufeinandertreffen nieder. Zu lesen auch als Symbol einer dialogischen, einer dynamisierten Welt, einer Welt in permanenter Bewegung, mit ständig sich ändernden Konstellationen, Möglichkeiten.
Schliesslich beginnt sie auch sichtbar zu inszenieren, arrangiert Stillleben mit Korb, Früchten, Blumen, Muscheln, Perlenketten und Totenköpfen.
Künstlich arrangierte Natur, drapiertes (totes) Leben. Nature Mortes vor schwarzem Grund, wie in der holländisch-flämischen Malerei des 16. und 17. Jahrhunderts. Schmetterlinge, Muscheln und Steine vor sattfarbenen, dunkel leuchtenden Hintergründen.
Shirana Shahbazi splittert die (Bild-)Welt in drei klassische Malereikategorien auf: Landschaft, Porträt und Stillleben. Allein dadurch „verkünstelt“ sie bereits ihre Fotografi e. Zudem überträgt sie die Bilder in andere Medien, lässt Porträts und Landschaften als Teppiche knüpfen, lässt Stillleben zu immensen Billboardmalereien aufblasen, und holt die medial verwandelten Bilder zurück in den Fotobereich. Sie bricht den Blick in die Welt mit verschiedensten Mitteln, irritiert die nach kultureller, medialer Einheit verlangende Sichtweise.
Dazu arrangiert sie auch Bilder wie Puzzlestücke, setzt eine monochrome Fläche nahe an ein Doppelporträt, gefolgt von einer schwarzweissen Steppenlandschaft, einem in Teppich geknüpften Weg entlang grüner, sonnendurchfl uteter Hecken und schliesslich einem Porträt. Gegenüber dann vielleicht eine Malerei mit Totenschädeln, eine Vanitas, die sich durch die Überhöhung, die massive Vergrösserung selbst zu entleeren scheint.
Cross culture in jeder Hinsicht, mit Distanz und Nähe als prägenden Elementen. Die Stillleben vor monochrom leuchtendem farbigem Hintergrund manifestieren eine wachsende Bilderlust. Eine Bilderlust, die aber noch eine Weile gebrochen, angehalten, gestoppt wird, eine Bilderlust, mit der die Künstlerin zuweilen hadert, der sie nicht ohne eingebaute Repräsentationskritik traut. Doch zunehmend entschlacken sich die Räume in ihren Ausstellungen, zeigen sich die Bilder pur.

 

 

Mit ihrer Diplomarbeit, der ersten grossen Werkschau, wagt sich Shirana Shahbazi mitten in das Dilemma der Fotografie. Entstanden ist eine Arbeit über ihre erste Heimat, aus der Sicht der zweiten, dritten Heimat gemacht (geboren 1974 in Teheran, mit elf Jahren nach Deutschland emigriert, seit 1998 in Zürich lebend), eine Mischung aus Erinnerung und Erfahrung im Iran um das Jahr 2000 herum. Ein Bild von Teheran, doch von wem für wen gemacht? Was bedeuten diese meist alltäglichen Landschaften, Stadtlandschaften, Porträts, Zeichen, Gesten? Was bedeuten sie für diesen oder jenen Kontext? Für die einen wirken sie exotisch, für die anderen banal, für dritte mögen sie als folkloristisch ausbeutend zu lesen sein. Shirana Shahbazi schifft die Goftare Nik / Good Words (1998–2003) genannte Arbeit gekonnt um das Repräsen ta tions schlamassel der Fotografie herum. Und sie spielt damit, fotografiert reale Menschen und Menschen in Bildern, in Mosaiken, lässt eine Frau malen und re-fotografiert diese Malerei, setzt sie neben das direkte Fotoporträt. Sie irritiert somit laufend den Fluss der Bilder, ihre mögliche leichte, süffige Lesart, sie stört mit Absicht die Rezeption. Die Arbeit mit Farbfotografien in unterschiedlichen Formaten ist dokumentarisch angelegt, doch sie scheint bei näherem Hinsehen das Dokumentarische Schritt für Schritt selbst in Frage zu stellen. Eine Grossstadt (weit weniger homogen, als ein vorurteilsbehafteter Blick es sich vorstellt) bietet sich den Blicken möglichst off en und unideologisch an. Alseine Art Geste hingegen ist der Titel zu verstehen, den Shahbazi wählte. Er verweist auf Zoroaster (Zarathustra) und die zoroastrische Ethik. Der Lehrsatz „Good Thoughts, Good Words, Good Deeds“ (Gute Gedanken, gute Worte, gute Taten) erinnert an altpersisches Denken und kontrastiert ein für die iranische (Bild-) Tradition typisches Pathos mit der Alltäglichkeit von Shahbazis Bildern.

 

 

Die vergangenen zwei, drei Jahre zeigen eine sichtlich gelöste, entschiedene Shirana Shahbazi.
Das berechtigte, auch beabsichtigte Zweifeln, Ringen mit den Repräsentationsfallen der Fotografie ist einer noch deutlicheren Zuwendung zum Schönen, zur Bilderlust gewichen. Ihre Bilder werden zunehmend sichtbar „abstrakt“. Aus der Beschäftigung mit den Stillleben, mit der Frage, worauf Stillleben arrangiert werden, entsteht ein freies Konstruieren von Farbflächen, die ein faszinierendes, auch irritierendes Spiel zwischen Fläche und Tiefe betreiben. Frei, aber präzis arrangierte Farbformen, im Studio durch das Zusammenstellen von geometrischen Farbkörpern konstruiert, werden neben Bilder von Felsen, von Bergen, von Landschaften gestellt. Strukturähnlichkeiten zwischen Draussen und Drinnen, zwischen gesehener Landschaft und konstruierter Landschaft werden zueinander in Beziehung gesetzt.
Natürliche Formen stehen neben geometrischen Formen, durch das blosse Sehen konstruierte Bilder neben bühnenhaften Installationen. Alles ist Konstruktion, alles ist abstrakt.
Der Fokus wechselt zur reinen Bildlichkeit. Zur schönen und spannungsvollen Strukturierung.
„Denn zur Schönheit sind drei Dinge erforderlich: Und zwar erstens die Unversehrtheit oder Vollendung; Dinge nämlich, die verstümmelt sind, sind schon deshalb hässlich. Ferner das gebührende Missverhältnis oder die Übereinstimmung der Teile.
Und schließlich die Klarheit; deshalb werden Dinge, die eine strahlende Farbe haben, schön genannt.“x Thomas von Aquins frühe Schönheitsformel passt ungewöhnlich genau auf die geometrisch abstrakten Konstruktionen von Shirana Shahbazi, auch wenn sie noch der traditionellen Trias des Wahren, Guten und Schönen folgt.
Selbst Max Bills Definition – „Sie (die konkrete Kunst) soll der Ausdruck des menschlichen Geistes sein, für den menschlichen Geist bestimmt, und sie sei von jener Schärfe und Eindeutigkeit, von jener Vollkommenheit, wie dies von Werken des menschlichen Geistes erwartet werden kann.“xi – wirkt wie eine Anspielung auf die in diesem Buch vereinten Bilder. Zumal Bill selbst in seinen Skulpturen wiederholt Geometrie und Natur einander gegenübergestellt, miteinander verbunden hat. Aber Shahbazis aktuelle Bilder gehen darüber hinaus. Sie wirken fast wie Hymnen an die reine Form, sie preisen – weiterhin analog und für die Kamera inszeniert, weiterhin sich mit anderen Repräsentationsformen reibend – die Form, die Farben, die Leichtigkeit, sie suchen im Verschmelzen von Zeichen und Bedeutung, von Signifi kant und Signifi kat ein erhebendes Gefühl – ohne den Schauer des Erhabenen, der Schönheit des Mächtigen, Überwältigenden. Much like Zero, ohne die Schwere der Referenzen, des Repräsentationsanspruchs, ohne die Schwere der Welt, der Bedeutung. Vielmehr befreit, abstrahiert, heitere geologische oder geometrischabstrakte Formen.

 

 

URS STAHEL
PICTORIAL DOUBTS AND DELIGHT

 

 

Eight Thoughts on Photographic Abstraction and Shirana Shahbazi’s Path to (Almost) Pure Form

 

 

An (ex-pat) Iranian woman returns home and photographs Iran. Manna from Heaven for the politically aware, for feminists, but also for journalists and marketing departments in art museums. A colourful treasure trove of images for multi-hued, well-meaning misunderstandings.
Shirana Shahbazi instinctively reacts to that and refuses to take the next step in that direction. Instead she travels out across the world, photographing things seen and experienced here and there, landscapes already captured on fi lm, different terrains, urban sites. Every place, no place, everywhere, nowhere, geography ceases to matter, importance attaches to the recognisability of common structures. Shirana Shahbazi prints her photographs on aluminium or as posters, which, combined as repeat patterns, extend across the wall like a new wallpaper-ground.
And she also makes portraits, of friends, relatives, strangers, yet rarely in isolation, usually as double portraits, as the beginning of a sequence, of a line. With a slightly off -kilter perspective, a slightly lopsided gaze. Not the portrait, but a dual gaze of a person moving slightly, which generates a dynamised situation, alleviating the subjectobject- divide and the usual rigidity of that situation.
Two movements intersect on the lens and make their mark as an encounter, as a comingtogether. It is also to be read as a symbol of a dialogic, dynamised world, a world in permanent movement, with continually changing constellations, and possibilities. After a while, she also starts to visibly create scenarios—arranging still lifes with a basket, fruit, fl owers, shells, strings of pearls and skulls. Artifi cially confi gured nature, draped (deceased) life. Natures mortes against a black ground, as in the Dutch-Flemish painting of the sixteenth and seventeenth centuries. Butterflies, shells and stones set off by saturated, darkly glowing backdrops.
Shirana Shahbazi divides the (pictorial) world into the three classic categories of painting: landscapes, portraits and still lifes. This alone already “artifi cialises” her photography. In addition to this, she also transposes images into other media— has portraits and landscapes recreated as handknotted rugs, has still lifes blown up into immense billboard paintings, only to rein these transformations back into the photo-world. She refracts the photographic gaze on the world by a wide diversity of means, unsettles any potential readings hoping to fi nd congruity between cultural values and artistic media. For she combines images like pieces in a puzzle, juxtaposing a monochrome plane and a double portrait, followed by a blackand-white view of the steppes, a path in a knotted rug running along green, sun-soaked hedgerows, and lastly, another portrait. Facing these, there might be a painting of skulls, a vanitas that seems to divest itself of meaning by dint of exaggeration, disproportionate enlargement. “Crosscultural” in every respect, with distance and proximity as the defi ning features.
The still lifes against glowing monochrome backgrounds bear witness to a growing delight in images. A delight that must yet wait for a while, that is restrained, halted, a delight that the artist still fi nds herself wrestling with, that she cannot entirely trust due to her instinctive critique of representation. But with the passage of time the rooms in her exhibitions have an increasingly cleansed air, and contain only images in their purest form.

 

 

Despite all these revolutionary visions and verberations, faith in photographic representation triumphantly swept all else aside, obliterating any other notion of photography for decades and endowing the world with a seemingly endless mosaic of supposedly realistic photographs. Faith in the mechanical-optical-chemical reproduction of the world obscured the knowledge that every photograph is already indubitably an abstraction.
To this day, although their claims to “reality” elicit unavoidable mental contortions from us, we nevertheless believe we are looking directly into an unadulterated world: as it is, as it has been, as it was, in truth. One day social psychologists will explain to us why, for a whole century, half of humankind spent a hundred years not only accepting photography as an Ersatz for the world, but loving it, promoting it and collecting it—whilst also believing it, crediting it not just with the truth, but truthfulness itself. With the benefi t of hindsight, one day we will know whether in fact photography was the fi rst global rehabilitation scheme in Western history, following humanity’s expulsion from the grand narrative, from the all-embracing structure, because ever since Romanticism we have seen ourselves as lost, sole beings, who, tossed into the world, have to discover, uncover and nurture its meaning for ourselves. Meanwhile photography deluded people into thinking they could understand the world, could hold it in their hands. A calming, ordering, and sentimental function.

Reflection as reassurance, pictorially memorable re-presentation as a foothold and (supposed) clarification.

 

 

In her degree show, the fi rst important exhibition of her work, Shirana Shahbazi dared to plunge directly into the dilemma of photography. The work in question was about her fi rst homeland, seen from the perspective of her second, then third homelands (born 1974 in Teheran, she emigrated to Germany at the age of eleven and has lived in Zurich since 1998), a mixture of memories and experiences in Iran around the year 2000. An image of Teheran, but by whom and for whom?
What is the meaning of these mostly everyday landscapes, cityscapes, portraits, signs, gestures?
What do they mean in this or that context? For some they are exotic, for others they are banal, for yet others they may appear folksily exploitative. Shirana Shahbazi adeptly steers Goftare Nik / Good Words (1998–2003) around the bedlam of representational photography. At the same time, she plays with it, photographing real people and people in pictures, in mosaics, asks a woman to paint, and re-photographs the painting, positioning her directly next to the photo-portrait. Thus she steadily interrupts the flow of pictures, precludes potentially glib, gulping readings, deliberately destabilising their reception.
Her work with colour photographs in various formats has the look of documentary art, yet on closer examination, it seems progressively to cast doubt on the documentary process. A city (far less homogenous than the biased observer might imagine) lays itself open to scrutiny with great openness, unideologically. By contrast, Shahbazi’s chosen title stands as a gesture of sorts. It is a reference to Zoroaster (Zarathustra) and Zoroastrian ethics. The dictum “Good Thoughts, Good Words, Good Deeds” recalls ancient Persian principles and highlights the contrast between the pathos that is typical of Iranian (pictorial) traditions and the “ordinariness” of Shahbazi’s images.

 

 

Von Horizonten –
Set 8 aus der Sammlung des Fotomuseum Winterthur
Fotomuseum Winterthur (Sammlungsräume)

 

 

Der fotografische Blick in Richtung Horizont ist Spiegel innerer wie äusserer Zustände und schafft bildnerische Deutungen und Kommentare. Wie in anderen Kunstgattungen auch, wird Landschaft in der Fotografie durch politische wie private Blicke interpretiert und die Resultate weisen weit über rein ästhetische Erlebnisse hinaus. Die Ausstellung aus den Sammlungs-beständen des Fotomuseum Winterthur zeigt, wie Fotografinnen und Fotografen seit Mitte der 1960er Jahre mit analytischen und emotionalen Zugängen zu ihren Bildfindungen gekommen sind.
Das Erkunden fremder Orte ist gestaltende Kraft bei den drei Schweizer Fotografen Balthasar Burkhard, Reto Camenisch und Jan Jedli?ka, die sich in monumentalen Einzelbildern aber auch kleinteiligen Werkreihen ausdrücken. Mit Lewis Baltz wird ein Teilnehmer der bekannten Ausstellung „New Topographics: Photographs of a Man-Altered Landscape“ gezeigt, bei der 1975 erstmals die von Menschen geformte Schnittstelle zwischen Zivilisation und Naturraum thematisiert wurde.
Zentrales Element der 81-teiligen Diaschau „Himmel“ des Wetterphänomenologen Andreas Züst ist die Zeit des Schauen und Betrachtens, die damit im engen inhaltlichen Bezug zum digitalen Hochglanzvideo „Highlights II“ von Dominik Hodel sowie zur Publikation „LA AIR“ von Bruce Nauman steht, bei der Sonnenuntergänge über Los Angeles in minimalistischen Farbstudien nebeneinander gestellt wurden.
Wenn Robert Frank in der kargen Umgebung seines Hauses in Nova Scotia mit seinem Fotoapparat nach Antworten auf elementare Fragen des Lebens sucht und seine unmittelbare Umgebung immer und immer wieder umkreist, wird Landschaft hingegen zur Projektionsfläche für Sehnsüchte, Trauer und Erinnerungen. Bei Christian Schwager, der rund zehn Jahre nach dem Bürgerkrieg in Bosnien fast unschuldig wirkende Wiesen und Wälder fotografiert, beunruhigen spätestens auf den zweiten Blick die versteckten Zeichen der Gewalt. Bilder von Landschaft sind niemals neutral, der genaue Blick des Fotografen verankert sie im jeweiligen Zeitgeist und erschliesst weitere Deutungsebenen.
Mit Werken von Caroline Bachmann/Stefan Banz, Lewis Baltz, Balthasar Burkhard, Reto Camenisch, Gintaras Didžiapetris, Dick Duyves, Hans-Peter Feldmann, Peter Fischli/David Weiss, Thomas Flechtner, Robert Frank, Dunja Evers, Luigi Ghirri, John Gossage, Guido Guidi, Robert Häusser, Dominik Hodel, Roni Horn, Axel Hütte, Jan Jedli?ka, Claudio Moser, Bruce Nauman, Igor Savchenko, Christian Schwager, Yoshiko Seino, Shomei Tomatsu, Garry Winogrand und Andreas Züst.

 

 

Die Ausstellung wird von Thomas Seelig/Sammlungskurator des Fotomuseum Winterthur zusammengestellt.

 

Zur Ausstellung erscheint in der Reihe der Sammlungspublikationen des Fotomuseum Winterthur eine Sammlungsbroschüre mit Werken der Ausstellung:

 

Von Horizonten – Set 8 aus Sammlung und Archiv des Fotomuseum Winterthur,
Hg. Thomas Seelig, Fotomuseum Winterthur
Winterthur, 2011, 32 Seiten, mit zahlreichen Farb- und S/W Abbildungen, geheftet, 24,6 x 20 cm, Deutsch / Englisch. Mit einem Essay von Christoph Ribbat und Kurztexte zu den KünstlerInnen.
Preis: CHF 7.-

 

Begleitprogramm zur Ausstellung:

 

Alpi – Ein Film von Armin Linke
Mittwoch, 28. September, 19.30 Uhr

 

Filmvorführung mit Einleitung von Armin Linke im Rahmen der Ausstellung «Von Horizonten».

 

Der Film Alpi ist das Resultat von sieben Jahren Recherche über die Wahrnehmung und Nutzung der Alpenlandschaften, entlang der Grenzen von acht Nationen und vier Sprachen. Die Alpen werden im Film wie eine Insel betrachtet, die vielen globalen Transformationen ausgesetzt ist.
Anhand dieser ebenso zentralen wie delikaten Region kann die Komplexität von sozialen, wirtschaftlichen und politischen Verhältnissen im landschaftlichen Gefüge besonders gut visualisiert werden. Nach der Vorführung diskutieren Thomas Seelig und Armin Linke mit dem Publikum. Armin Linke (*1966) ist ein fotografisch und filmisch arbeitender Künstler, er lebt in Mailand und Berlin.

 

 

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Bildfokus am Mittag
(Dienstag 12.15 bis 12.45 Uhr):
8. November 2011 mit Astrid Näff: Trügerische Idylle: Landschaft und ihre dunkle Seite

 

Kunstvermittlung
Schulklassen und private Gruppen können die Ausstellung im Workshop Landschaftsgeschichten ausgehend von persönlichen Zugängen zum Thema in einem ungewohnten Rahmen kennenlernen (vgl. Broschüre Begleitprogramm/Kunstvermittlung/Workshops).
(3. September 2011 bis 20. Mai 2012)
Courtesy Fotomuseum Winterthur

 

 

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NACH OBEN

Photo/Film