FRONTPAGE

«Die einst grauen Städte am Meer strahlen heute bunt»

Von Ingrid Schindler.

 

Die Buchenurwälder auf Rügen sind wie Wismar und Stralsund Welterbe der Unesco. Warum die Hansestädte an der Ostsee eine Reise wert sind und welchen Kuriositäten man dabei begegnet, hat eine Einladung der Deutschen Zentrale für Tourismus im Oktober gezeigt.

Mit Nosferatu fing es an. Mit Nosferatu wird es weitergehen. Dass Murnaus Stummfilmklassiker, der erste Horrorfilm der Welt, zum Teil in Wismar alias Wisborg gedreht wurde und die Hansestadt nächstes Jahr 100 Jahre «Tage des Grauens» feiert, hat mein Interesse geweckt. Sonst hätte mich wenig an die Ostsee gezogen. Die Buchenurwälder auf Rügen, das Deutsche Meeresmuseum und die Künstlerkolonie Hiddensee fand ich noch reizvoll, Stralsund, Störtebeker, Bier und Backstein weniger, die im Programm der Pressereise «20 Jahre Welterbe in Wismar und Stralsund» der Deutschen Zentrale für Tourismus in Zürich standen. So kann man sich täuschen. Ich habe Erstaunliches über reiche Kaufleute und das Meer, Fischleder, Tapeten und Denkmalpflege in der DDR gelernt. Und gestaunt, wie unglaublich bunt die vor der Wende so grauen Städte am Meer heute leuchten. Die Ostseeküste hat sich fein gemacht.

 

Herausragende Beispiele der Hanse-Architektur
Seit 2002 stehen Wismar und Stralsund auf der Liste des UNESCO Weltkulturerbes. Sie seien idealtypische Vertreter spätmittelalterlicher Hansestädte und hätten den Grundriss ihrer Altstädte bis in die Gegenwart bewahrt, heisst in den jeweiligen Welterbehäusern. Wismar in Mecklenburg und Stralsund in Vorpommern seien in punkto Geschichte und Städtebau-Struktur vergleichbar. Beide wurden beide im frühen 13. Jahrhundert gegründet, besitzen einen natürlichen Seehafen an der Ostsee und eine intakte Altstadt, in der zur Blütezeit jeweils 8000 Bürger hauptsächlich vom Seehandel mit Skandinavien, Fisch und Bier lebten. Und sie gehören zu den Gründungsstädten der Hanse im sogenannten Wendischen Quartier, dem einflussreichsten der vier Hansequartiere.
Der von norddeutschen Kaufleuten ins Leben gerufene Städtebund verkörperte eine wirtschaftliche und politische Macht ersten Ranges und vereinte ca. 200 See- und Binnenstädte im gesamten Nord- und Ostseeraum. Dank ihrer günstigen Lage erfuhren Wismar und Stralsund einen rasanten Aufstieg und kamen zu enormem Wohlstand. Der Reichtum der Wismarer und Stralsunder zeigt sich an Kaufmannshäusern mit Schaufassaden, monumentalen gotischen Backstein-Kathedralen, Rathäusern und Klöstern. Über die Blütezeit der Hanse hinaus sind in den Altstädten Bauwerke aller nachfolgenden Stilepochen erhalten, darunter auch im schwedischen Barock. Denn beide Hansestädte unterstanden seit Ende des Dreissigjährigen Krieges bis 1803 der schwedischen Krone. Als bedeutende schwedische Verwaltungssitze auf deutschem Boden wurden sie von den grossen schwedischen Befestigungswällen eingefasst.

 

«Wohnen war nicht wichtig»
Nach dem ersten Fischbrötchen am alten Hafen, frisch ab Kutter, von Möwen belagert, erläutert uns Stadtführer Micha Glockemann, wie sich Wismar entwickelte. «Ein Glück, dass die Altstadt als eine von wenigen schon zu DDR-Zeiten in den 70er Jahren unter Denkmalschutz gestellt wurde.» Ausserdem wurden nur 26 Prozent der Gebäude im Zweiten Weltkrieg zerstört, anders als in Stralsund, wo weite Teile der Altstadt den Bomben der Alliierten am 6. Oktober 1944 zum Opfer fielen. In den letzten Tagen der DDR verhinderten Bürgerinitiativen noch den geplanten Abriss der Stralsunder Altstadt. «Es gab seitens der SED Pläne, auch das alte Wismar komplett abzureissen, um Plattenbauten hinzustellen», berichtet der Guide, «aber zum Glück gab es ja in der DDR kein Baumaterial.»
Holz und Stein waren im Norden Deutschlands schon immer rar. «Man behalf sich mit dem Aushub der Keller, weshalb die Altstadt voll unterkellert ist, und brannte die Lehmerde zu witterungsbeständigen Backsteinen.» Eine Methode, die im ganzen Norden zum Einsatz kam. Nach verheerenden Bränden, bei denen ganze Stadtviertel in Wismar abbrannten, verdrängte der Backstein die frühen Fachwerkbauten. Die Verwendung von Backstein wurde vom Stadtrat gefördert und für Neubauten an den Hauptstrassen zwingend vorgeschrieben wie auch der Bau von doppelten Brandschutzmauern nach lübischem Baurecht. Die Strassen wurden mit skandinavischen Ballaststeinen gepflastert, mit denen man die Koggen beschwerte.
Am Beispiel des Wismarer Welterbehauses führt Glockemann aus, wie ein typisches Giebelhaus funktionierte: «Das grosse Vorderhaus war grundsätzlich ein unbeheiztes Geschäfts- und Lagerhaus ohne Feuerstelle. Wegen der Brandgefahr, man wollte ja sein Geschäft behalten». Dahinter befand sich ein kleines, schlichtes Wohnhaus mit Feuerstelle, der sogenannte Kemladen. «Wohnen war nicht wichtig, nur das Geschäft zählte.» Der hallenartige Raum des Giebelhauses bestand aus einer etwa 4 m hohen Diele mit Lastenaufzug für die Waren – Kolonialwaren, Getreide, Salzhering, Tuch, Bier u.a. –, die man in den niedrigen, darüber liegenden Speicherbühnen in Fässern lagerte.

 

Handel, Holz, Schiffbau und Bier
Während Stralsund in erster Linie Handelsumschlagplatz war, hat in Wismar auch das produzierende Gewerbe eine grosse Rolle gespielt. Bis heute handelt man mit Getreide, Schrott und skandivischem Holz, das man auch verarbeitet. Schiffbau ist ein weiteres wichtiges Standbein. In Wismar wird das grösste Kreuzfahrtsschiff der Welt für den asiatischen Markt gebaut, die chinesische «Global Dream», ein 342 m langer Koloss für fast 10’000 Passagiere und 2’500 Mann/ Frau Besatzung. «Mit Überwachungssystem für jede Kabine – damit kennt man sich ja in der Ex-DDR aus», lacht der aus Hamburg stammende Guide. Die Werftarbeiter wohnen auf einem Kreuzfahrtschiff im alten Hafen.
Seit ihrer Gründung vor rund 800 Jahren haben sich beide Welterbestädte einen Namen als Bierbrauer gemacht. Viele der Häuser an den Hauptstrassen seien Brauereien gewesen, die Brauer hätten in der Regel die Ratsherren und Bürgermeister gestellt. 182 Brauereien waren in der Wismarer Altstadt während ihrer Blütezeit ansässig. Das Bier wurde bis nach Amsterdam und Indien verkauft. Ähnlich in Stralsund. In der Störtebeker Braumanufaktur, der heute grössten Brauerei Stralsunds, verkosten wir später mit der amtierenden Weltmeister-Sommelière Elisa Raus Spezialitäten wie Übersee-Pils, Pazifik-Ale, Nordik-Porter, Bernstein-Weizen oder Mittsommer-Wit. Die meisten der Biere wurden auf internationalen Wettbewerben zum Sieger gekürt. Der Name erinnert an den berühmten Hamburger Piraten, dem zu Ehren auf Rügen alljährlich Störtebeker-Festspiele stattfinden.

 

Wohin mit dem Geld? Beispiele aus Wismar
Wie unglaublich reich die Brauer und Händler der beiden Hansestädte geworden sind – selbst die Armen seien hier weniger arm gewesen, meint Glockemann –, könne man an ihren Backstein-Kathedralen ablesen. Wir besichtigen St. Nikolai, St. Georgen und das, was von St. Marien übrigblieb. Grossmachtträume in Backstein und See- und Landmarken, die das Stadtbild Wismars prägen. Die selbstbewussten Bürger finanzierten den Bau der drei Kathedralen nebst dem von zwei Klöstern aus eigener Tasche.
Die spätgotische St. Nikolai-Kirche, innen reich mit Barockdekor ausgestattet, besass seinerzeit das zweithöchste Kirchenschiff der Welt nach der Lübecker Kathedrale. Die gewaltige, dreischiffige Basilika St. Marien wurde im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt. Da der DDR die Mittel zur Restaurierung fehlten, und ebenso der Wille, Westgeld aus Lübeck anzunehmen, entschied man sich 1960 zur Sprengung, um einen Grossparkplatz an der Stelle zu erstellen. Nur der 80 m hohe Westturm mit seinem knapp 600-jährigen Glockenspiel wurde verschont; er stand schon in der DDR unter Denkmalschutz.
St. Georgen ist der jüngste, ins Kolossale gesteigerte Sakralbau Norddeutschlands. Die Kirche wurde, wie das Wassertor am alten Hafen, als Schauplatz in «Nosferatu» verewigt, in der seit 2004 ausgestrahlten Fernsehserie «SOKO Wismar» ebenso. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Dach der Kirche zerstört. Die Ruine wurde erst mit Mitteln der Deutschen Stiftung für Denkmalschutz 2010 vollständig restauriert. Seither wird die Kirche als Kulturort mit exzellenter Akustik, wie auch St. Nikolai, und als Aussichtsturm genutzt. In Stralsund erkauften sich die reichen Bürger ebenfalls mit dem Bau von Klöstern und Kathedralen ihr Seelenheil.
Nach der Reformation begannen die Händler und Brauer statt der Kirchen ihre Häuser zu schmücken. Üppige biblische Decken-, Balken- und Wandmalereien sind in den Giebelbauten genauso häufig zu finden wie flämische Tapetenkunst, die man geflohenen Hugenotten verdankte, die in Wismar Asyl fanden. Herausragende Beispiele sind in den Welterbehäusern und im Historischen Händlerhaus in Stralsund zu sehen. Zu den kostbarsten gehört die vollständig erhaltene Panoramatapete «Les Aventures de Telemaque», die 1815 bis 1820 der Maler und Kupferstecher Xavier Mader für das Haus des Wismarer Ratsherrn und Bürgermeisters Gabriel Lembke mit über 2000 Holzstempeln anfertigte. Sie erzählt Fénélons «Les Aventures de Telemaque» in Bildern.

 

Der alte Globus hat ausgedient. Stralsund und das Meer
Nach dem Niedergang der Hanse gingen den Städtern während ihrer 200-jährigen Zugehörigkeit zu Schweden allmählich Mittel und Arbeit aus. Wellen der Aus- und Abwanderung setzten ein. In der DDR schrumpfte die Zahl der Einwohner schliesslich auf 3000, sowohl in Wismar als auch Stralsund.
Zur Rettung und Wiederbelebung der Altstadt gründeten Stralsunder Bürger nach der Wende die Stadterneuerungsgesellschaft. «Solange alte Bausubstanz da ist, hat sie Vorrang» lautete das Motto, so Chef-Stadtplanerin Ronny Planke. «Ziel war und ist es, alte Substanz wieder mit Leben zu füllen und für die Allgemeinheit nutzbar zu machen.» Was bei schwierigen Objekten wie den Giebelhäusern mit niedrigen Speicherbühnen kein leichtes Unterfangen ist. Mit 336 Millionen vom Bund, Land Mecklenburg-Vorpommern und der EU konnten viele Gebäude vor dem Verfall und Abriss gerettet werden und rund 400 denkmalgeschützte Privathäuser bei der Restaurierung finanziell unterstützt werden. «Eine Wahnsinnsleistung von ganz vielen in 31 Jahren.», findet Planke. Heute leben wieder 6000 Menschen in der Altstadt, die mit zugkräftigen Museen über starke Trümpfe verfügt.
DER neue Tourismusmagnet der Stadt ruht wie ein riesiger, runder Kreidestein zwischen den roten Backsteinbauten an der Wasserfront, die sich zusehends in einen attraktiven Uferwalk verwandelt. Das seltsame Gebilde beherbergt das Ozeaneum, ein einzigartiges Museum der nördlichen Meere mit circa 50 Aquarien, einer Sammlung der grössten Walskelette im Inneren und Pinguinen auf dem Dach. Das grösste Aquarium sprengt locker das Volumen eines Einfamilienhauses. Wir sehen Fische in ihrer natürlichen Umgebung. In Unterwasser-Rekonstruktionen des Stralsunder Hafenbeckens tummeln sich Heringe, Dorsche oder Makrelen zwischen Schrott, Wracks und im Wasser entsorgten Fahrrädern, aus schadstofffreiem Material lebensecht nachgebaut.
Das Ozeaneum ist einer von vier Standorten des Deutschen Meeresmuseums in und bei Stralsund, das nicht nur Ausstellungen zeigt, sondern internationale Forschungsprojekte durchführt, eigene Präparationswerkstätten und einen Wissenschaftscampus betreibt und 2010 als «Europas Museum des Jahres» ausgezeichnet wurde. Die Urzelle des Museums, das vor 70 Jahren seine Pforten öffnete und in der DDR eine echte Attraktion war, liegt im Herzen der Altstadt im ehemaligen Katharinenkloster und der Klosterkirche. Hier sind die warmen Meere das Thema. Bis 2024 wird es umgebaut und mit einem noch grösseren Aquarium ausgestattet.
«Das Meeresmuseum war in der DDR das Tor zur grossen, weiten Welt», sagt André Kretzschmar, Leiter der Tourismuszentrale Stralsund bei der Führung durch die Baustelle. In einer dunklen Ecke des Kirchenschiffs thront ein Riesenglobus auf Paletten. «Vielen Besuchern ist der Globus noch aus DDR-Zeiten bekannt und ans Herz gewachsen.» Er wird nicht mehr wie früher die Besucher im neuen Foyer empfangen, sondern durch eine digitale Globusprojektion ersetzt. Was mit dem Alten geschieht, wollen wir wissen. «Vielleicht wird er einfach entsorgt oder wie die Berliner Mauer in kleinen Stücken verkauft», meint Kretzschmar ungerührt.

 

Aalglattes Design in Wismar
Während in Stralsund die Bewohner der Meere und die Nutzung und Verschmutzung der Meere durch den Menschen im grossen Stil sichtbar gemacht werden, zeigt ein kleiner Laden in Wismar, was man aus einem Abfallprodukt der Fischindustrie machen kann. Und zwar aus Fischhaut. Hier kann man sehen und fühlen, dass es einen Unterschied macht, ob Schuhe, Gürtel, Taschen, Portemonnaies oder Schmuck aus Schollen- oder Lachsleder, krokoartigem Störleder, glatter Aal- oder teurer Rochenhaut gefertigt sind. Jedes Stück ein Unikat. Rochen ist der Lieblingsrohstoff von Ramona Stelzer, der Gründerin des Fischleder Concept Stores. Für die aus Süddeutschland stammende Designerin ist es der edle Glanz der geschliffenen und polierten Hornkügelchen des Rochenleders, der es so besonders macht. Eines ist allen Häuten gemeinsam: Fischleder ist reissfester als Rinds- oder Ziegenleder und zugleich wesentlich leichter.
Auch hier in Wismar wird der alte Hafen einem gründlichen Facelifting unterzogen. Aus alten Kornspeichern, Lagernhäusern, Werkstatt- und Verwaltungsgebäuden, wie zum Beispiel dem Krusespeicher, werden Hotels, Restaurants und Ferienwohnungsanlagen in bester Lage und Backsteinoptik. Der Tourismus ist im deutschen Nordosten mit rund 30 Millionen Übernachtungen im Jahr längst zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor geworden, die herausgeputzte Ostseeküste boomt. Nicht erst seit Corona, schon seit Jahren wechselt sich Mecklenburg-Vorpommern mit Bayern an der Spitze der deutschen Urlaubergunst ab.

 

Wo der Wald noch Urwald ist
Das touristische Highlight schlechthin besuchen wir auf Rügen: den Königstuhl und die von Caspar David Friedrich in Öl festgehaltene Kreideküste im Nationalpark Jasmund. Die Insel Rügen ist durch die Rügenbrücke mit Stralsund verbunden. Die Buchenurwälder im Jasmund im Nordosten der Insel stehen ebenfalls seit zehn Jahren auf der Welterbeliste der UNESCO. Sie sind Teil des Welternaturerbes Europäische Buchenwälder, die sich über 18 europäische Länder verteilen. Ranger Karsten Klaene von der Nationalparkwacht Jasmund erklärt, warum: «Die Buche ist der Baum, der nach Europa gehört wie kein anderer und seit Ende der letzten Eiszeit den Kontinent prägt. Sie würde 70 Prozent der Fläche bedecken, wenn der Mensch nicht eingreifen würde. Heute sind nur noch 0,02 Prozent der ursprünglichen Buchenurwälder erhalten.» Da der Hangwald an der steilen Kreideküste nicht nutzbar ist, blieb er als schmaler, natürlicher Urwaldstreifen erhalten.
Wir erfahren beim Waldspaziergang an der Kreideküste, dass sich die extrem anpassungsfähige Buche gegen andere Bäume durchsetzt. Die Stämme wachsen senkrecht in den Himmel, es handelt sich um einen sogenannten Hallenwald, der an der Abbruchkante ins Meer zu stürzen scheint. Der Besucherdruck ist hier im Sommer enorm, der Königsstuhl und die Viktoria-Sicht sind Besuchermagneten. «Am schönsten ist es, bei Sonnenaufgang durch den Wald zu wandern, wenn das Licht die Kreide leuchten lässt und magisch zwischen die Stämme fällt. Dann kann man die Schönheit der Natur für sich allein geniessen», gibt uns der Ranger für den nächsten Besuch als Tipp mit auf den Weg. Oder man kommt jetzt, in der kalten Jahreszeit. Der Nationalpark hat jedenfalls das ganze Jahr geöffnet.

 

Die beschauliche Insel der Künstler
Im Spätherbst und Winter lohnt sich auch ein mehrtägiger Abstecher zur Nachbarinsel Hiddensee, die nur einen Katzensprung von Rügen entfernt ist. Schiffe verkehren ab Schaprode auf Rügen und ab Stralsund und entführen in eine andere Welt. Hiddensee ist Natur pur, Entschleunigung, Ruhe und landschaftliche Vielfalt, wie man sie nicht auf einer so kleinen Insel vermuten würde. Dünen, Küstenheide, Moore, Dornbusch, Schilfgürtel, Salzwiesen, Wald, Steilküste, Strand, Vogelzuggebiet und Teil des Nationalparks Vorpommersche Boddenlandschaft. Anfang des 20. Jahrhunderts haben zahlreiche Aussteiger, Schauspieler und Künstler diese besondere Schönheit für sich entdeckt und Hiddensee zu einer der bedeutendsten Künstlerkolonien gemacht. Es ist heute noch so beschaulich wie früher, vor allem in der Nicht-Saison. Mit einem guten Buch in der Hand, unglaublich köstlichem, grünem Hering bei Klausner, Störtebeker-Bier oder Grog den Herbststürmen trotzen – da kann man schon nachfühlen, warum Gerhard Hauptmann, Asta Nielsen, Otto Müller, Erich Heckel, Käthe Kruse und viele andere die Insel so unwiderstehlich authentisch empfanden.
Über Nosferatu habe ich letztlich auf dieser Reise wenig erfahren. Stadtführer Glockemann vertröstet uns aufs nächste Jahr. Im Sommer 2022 sind Stummfilm-Konzerte mit dem Landes-Festspielorchester in den Kathedralen und viele Anlässe zum Gruseln in Wismar geplant. Das Programm soll diesen Dezember erscheinen. Bis dahin gibt es Stadtführungen mit Monsterpuppen, Fledermaus- und Nachtwächterführungen. SOKO-Wismar-Touren gibt es auch, besonders beliebt seien sie bei Gästen aus der Schweiz. Rund 15 Prozent der Touristen kämen aufgrund der Krimi-Serie in die Hansestadt. Eines weiss ich jetzt schon: Ich werde nächstes Jahr wieder an die Ostsee fahren, mit oder ohne Karte für das Jubiläum des Grauens im Gepäck.

 

Tipps
Trendige Cafés in Wismar mit guten Kuchen und Torten: Café Eigensinn, Café Alte Löwenapotheke, Café Glücklich, Café Sinnenreich. Übernachten: Wismar: Ferienappartements am Krusespeicher, www.upstalsboom-ferienwohnungen.de. Stralsund: Romantik Hotel Scheelehof. Hiddensee: Hotel Hitthim. Essen: Wismar: Restaurant Reuterhaus am Markt. Stralsund: Scheelehof, Störtebeker Braumanufaktur. Hiddensee: Zum Klausner. Einkaufen: Fischleder Store Wismar, www.fischlederstore.de. Museen: www.deutsches-meeresmuseum.de, weltnaturerbe-buchenwaelder.de. Info/ Tourismus: www.auf-nach-mv.de, www.wismar.de, www.stralsundtourismus.de www.germany.travel

 

 

Bildlegenden von oben nach unten

  • Rügen: Weltnaturerbe Buchenwald im Nationalpark Jasmund
  • Wismar: Ansicht des alten Hafens und der Stadt
  • Wismar: Was von St. Marien übrigblieb – und in der DDR zum Parkplatz wurde
  • Wismar: Kulturkathedrale St. Georgen
  • Wassertor am alten Hafen, eine Nosferatu-Location
  • Stralsund: Hafenfront mit Ozeaneum
  • Stralsund: Gorch Fock und alte Backsteinspeicher
  • Wismar: Fischlederstore
  • Rügen: Kreidefelsen am Königsstuhl
  • Hiddensee: Leuchtturm im Dornbusch
  • Hiddensee: Nationalpark Boddenlandschaft

 

 

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