FRONTPAGE

«Navid Kermani: Fragen nach Gott»

Von Ingrid Isermann

 

Als Kind staunend über das Weltall, wollte Navid Kermani Astronaut werden. Wir haben das Staunen längst verlernt. Friedenspreisträger Kermani über Religionen und den Sinn des Lebens, über Gott und die Welt, die Essenz seines Denkens: ein Aufruf zum Miteinander und gegenseitigen Verständnis.

Navid Kermanis poetische Sprache, seine Offenheit und sein umfangreiches Wissen aus zwei verschiedenen Kulturen vermitteln einzigartige Erkenntnisse zu Religionen und den existeziellen Sinnfragen.

Eine Anleitung, wie man das Staunen wiederentdeckt, inmitten der Ambivalenzen des Menschseins, mit dem Zweifel im Handgepäck.

 

«Als er im Krankenhaus lag, sollte ich Opa versprechen, dich den Islam zu lehren, wenn er nicht mehr da ist, unseren Islam, den Islam, mit dem ich aufgewachsen bin».

So beginnt ein Vater Abend für Abend seiner Tochter zu erzählen, nicht nur von seiner eigenen Religion, dem Islam, sondern von dem, was alle Gläubigen eint, von Gott und dem Tod, von der Liebe und der Unendlichkeit um uns herum.

 

Die Unendlichkeit ringsum

Als er im Krankenhaus lag, sollte ich Opa eines Nachts versprechen, dich den Islam zu lehren, wenn er nicht mehr da ist, unseren Islam, den Islam, mit dem ich aufgewachsen bin, den Islam, den auch er als Kind in Isfahan erlebt hatte, den Islam unserer Vorfahren. In dem dunklen, fremden Zimmer dachte er an dich.
Seitdem habe ich dir dieses und jenes Buch vorgelesen, aber keines war so, wie Opa es sich gewünscht hat. Du hast viel gelernt über den Propheten und das Land, in dem er geboren wurde, über Gebote und Verbote, über Schriften, Gebete, Feste und Sitten, über den Unterschied von Sunniten und Schiiten; sogar die vier Rechtsschulen kennst du jetzt und hast eine Vorstellung, vor welchen Problemen die heutige islamische Welt steht. Aber worum es dem Islam eigentlich geht, und nicht nur dem Islam, sondern im Grunde allen Religionen, also weshalb wir von uns sagen, dass wir an Gott glauben, darüber hast du kaum etwas erfahren. Es war, als würden die Bücher die Kleidung eines Menschen beschreiben, ohne ein Wort darüber zu verlieren, wer dieser Mensch überhaupt ist – sein Gesicht, sein Charakter, nicht einmal, ob er Mann oder Frau ist, jung oder alt, wo er herkommt, wovon er träumt und warum er uns liebt. Wenn in diesen Büchern die Religion überhaupt einen tieferen Sinn hatte, dann den, uns zu anständigen Menschen zu erziehen, also dass wir gerecht sind, liebevoll, hilfsbereit und so weiter. Aber kann man darauf nicht auch ohne Gott kommen?, fragtest du.
 
Erst stammelte ich etwas von Nächstenliebe, Barmherzigkeit, den Zehn Geboten. Als ich jedoch im Bett lag, dachte ich: Klar kann man darauf auch ohne Gott kommen. Schließlich sind Atheisten, also Menschen, die nicht an Gott glauben, deswegen keine Mörder, Diebe oder Betrüger. Und umgekehrt gibt es so viele Menschen, die an Gott glauben und dennoch ungerecht sind, hartherzig und gemein. Also muss es den Religionen noch um etwas anderes gehen als darum, wie wir unser Leben gestalten und wie wir uns gegenüber den Mitmenschen verhalten. Vielleicht geht es ihnen auch und vor allem um das Leben selbst: also was dieses Leben ist, das wir haben, und ob es nur aus dem besteht, was wir sehen.
Manche sagen: Das Leben ist, was es ist, das Ergebnis von chemischen, atomaren und genetischen Prozessen, sozusagen ein Supercomputer, der sich durch Trial and Error von selbst immer weiterentwickelt, durch Versuch und Irrtum, Auslese und Anpassung, Ursache und Wirkung. Opa gab dann stets zu bedenken, dass irgendwer diesen Computer, der alles in Gang setzt, doch gebaut und programmiert haben müsse. Und wenn die anderen beharrten: Nein, es gebe niemanden, der das Leben baut und programmiert, das entstehe von selbst und verschwinde auch wieder wie ein Tropfen Wasser, der verdampft und sich in Luft auflöst – dann sagte Opa immer: Etwas, das ist, kann nicht einfach nichts werden, weder ein Tropfen Wasser noch der Mensch oder überhaupt unsere Existenz. Und er behauptete sogar, dass die Vorstellung, etwas könne zu nichts werden, für Kinder beinah denkunmöglich sei. Und weißt du was? Ich glaube, Opa hatte sogar recht.
 
Es ist doch interessant, dass Kinder, wenn ich mich nicht täusche, so gut wie nie am Sinn des Lebens zweifeln, auch gar nicht groß darüber grübeln, Erwachsene hingegen sehr wohl. Oh ja, und wie sie zweifeln und grübeln! Also muss zwischen dem Kindsein und dem Erwachsensein etwas unseren Glauben erschüttern, dass alles schon seine Ordnung habe. Versuch dich selbst zu erinnern: Hast du früher, als du noch klein warst, etwa viel über den Tod nachgedacht? Doch wohl eher nicht. Du wusstest zwar, dass wir alle sterben, aber es hat dich nicht beschäftigt; es kam dir vor, als würde das Leben schon irgendwie weitergehen. Angst hattest du schon mal gar nicht, im Gegenteil: Für dich war es das Natürlichste der Welt, wenn ich vom Jenseits sprach, vom Himmel, von Engeln und vom ewigen Leben. Du konntest dir einfach nicht vorstellen, dass etwas, was ist, plötzlich nicht mehr sein soll, von einem auf den anderen Atemzug.
 
Erst jetzt, da dein eigener Opa gestorben ist und du auch älter geworden bist, immerhin schon zwölf, hast du den Tod von Angesicht zu Angesicht kennengelernt. Und du hast geweint am Grab. Du hast gemerkt, da stimmt etwas nicht, Opa ist jetzt weg, er wird dir nie mehr eine Geschichte erzählen, du wirst nie wieder im Sommer mit ihm ans Meer fahren. Vielleicht hast du zum ersten Mal darüber nachgedacht, dass du selbst einmal unter der Erde liegen wirst in so einem kalten, unwirtlichen Grab. Dass wir alle zu Staub werden, deine Mutter, dein Vater, deine Schwester. Und ich glaube, es ist unter anderem genau diese bewusste Begegnung mit dem Tod, die zwischen dem Kindsein und dem Erwachsensein geschieht. Es muss gar nicht unbedingt ein bestimmter Mensch sein, der stirbt; ich meine einfach die klare Einsicht, dass wir alle irgendwann nicht mehr da sein werden, niemand von uns. Und zwei, drei oder spätestens vier Generationen nach uns auch niemand mehr, der sich an uns erinnert.
Wisset, das irdische Leben ist nur ein Spiel
Und ein Scherz und ein Schmuck und ein Wettbewerb,
Wer am reichsten ist, wer die meisten Kinder hat.
Es ist wie Regen, der die Pflanzen sprießen lässt,
Und darüber freut sich das ganze Dorf.
Alsdann welken sie, und du siehst sie gelb werden und verdorren. Und alles zerfällt.
Sure 57,20
 
Sicher, unsere Ur- oder Urur- oder Urururenkel werden wissen, dass es uns mal gab – sonst gäbe es sie schließlich nicht. Aber wer wir sind, was wir denken, fühlen, träumen, was uns beschäftigt, ärgert, freut, ängstigt und begeistert, davon werden sie nicht einmal eine Ahnung haben. Wir werden einfach weg sein, wie ausgelöscht, nicht einmal unsere Namen werden noch bekannt sein, selbst der Schriftzug auf unserem Grabstein wird nach und nach verwittern, geschweige denn, dass jemand auf alten Fotos noch unsere Gesichter wiedererkennen würde. All die geliebten Menschen und ebenso wir selbst werden uns wie ein Tropfen Wasser auflösen, scheinbar zu nichts.
Diese Erkenntnis, dass nichts von uns bleibt, überläuft irgendwann einmal jeden von uns kalt. Dann fangen wir an zu zu zweifeln: Geht es wirklich weiter, wenn ein Mensch stirbt, wie die Eltern immer behauptet haben? Und wo war ich, als ich noch nicht auf der Welt war? Solche Fragen stellt sich früher oder später jeder Mensch, und die Antworten sind ganz verschieden. Aber vielleicht haben gar nicht die Erwachse- nen recht mit ihren langen und kurzen Erklärungen, sondern die Kinder, die darauf vertrauen, dass es irgendwie schon weitergehen wird und alles seine Ordnung hat. Und der Koran und überhaupt alle Offenbarungen geben den Kindern darin recht. Sie sagen: Schaut euch doch nur mal um – glaubt ihr denn, dass das alles nur Zufall sein kann?

Schaut aufs Wasser, das ihr trinkt –
Habt ihr es aus den Wolken herabgesandt oder waren’s wir? Wenn wir wollten, so machten wir es bitter.
Warum danket ihr denn nicht?
Schaut aufs Feuer, das ihr gezündet –
Habt ihr den Scheit erschaffen oder waren’s wir?
Wir schufen es zur Erinnerung
Und damit’s jenen dient, die durch die Wüste ziehen.
Also preise den Namen deines Herrn, der gewaltig ist.
Sure 56,68 ff.

Und als mein Blick aus dem Fenster schweifte, während wir gestern wieder ein Buch über den Islam lasen, dachte ich plötzlich, dass dort draußen mehr oder jedenfalls Wichtigeres über Gott zu lernen wäre, als dass der Koran 114 Suren enthält und welches die erste, zweite, dritte, vierte und fünfte Säule des Islams ist. Der Islam oder das Christentum oder das Judentum oder irgendeine andere Religion ist schließlich nicht in Büros entstanden, in Bibliotheken oder in Klassenzimmern. Die Religionen sind entstanden, wo Menschen sich in der Natur umgeschaut haben oder sich um ihre Liebsten sorgten, als sie selbst krank waren, hungerten oder sich verloren fühlten, bei der Geburt ihres Kindes oder beim Tod der Eltern, also mit den wichtigsten Ereignissen, die es im Leben eines Menschen gibt. Und warum? Weil sie merkten, dass sie von Unendlichkeit umgeben sind. Ja, Unendlichkeit. Der Himmel zum Beispiel, da oben, wenn du jetzt selbst mal aus dem Fenster siehst, also nicht die Erdatmosphäre, meine ich, sondern das Universum, das Weltall – hat es ein Ende? Nein, natürlich nicht. Aber kannst du dir vorstellen, dass etwas immer weitergeht, immer weiter und weiter? Überleg mal genau. Du wirst merken, dass du dir die Unendlichkeit nicht vorstellen kannst.
 
(…) Wenn es die Erde nicht mehr geben wird, gibt es immer noch den Himmel, er mag dann Sterne haben oder nicht. Und genauso wenig ist die Vielfalt der Formen begrenzt, die ein Blatt annehmen kann. Die Welt könnte noch Millionen und Abermillionen Jahre fortbestehen, die Natur fände immer noch eine neue Gestalt für jedes einzelne Blatt eines jeden einzelnen Baums – genauso übrigens wie für das Gesicht, die Hände, die Zehen, ja die Fingerkuppen und meinetwegen die Wimpern eines jeden einzelnen Menschen, der jemals lebte und leben wird. Nichts, aber auch gar nichts ist sich gleich – nicht einmal die Wimpern! Das meinte ich, als ich sagte, dass uns die Unendlichkeit umgibt.
Eben hier entsteht Religion: Sie ist eine Beziehung zwischen dem Endlichen, das wir sind, und dem Unendlichen, das auch Gott genannt wird. Und darüber möchte ich also, nein, muss ich das Buch schreiben, das ich Opa versprochen habe, kurz bevor er starb. Genauer gesagt schreiben wir es zusammen, denn ich werde dir jeden Abend vorlesen, was ich mir notiere, während du in der Schule bist, und mit deinen Fragen und Einwänden fahre ich am nächsten Tag fort. Vielleicht wird es auch gar nicht nur ein Buch über den Islam, sondern über das, was allen Religionen gemeinsam ist. Mal sehen, wohin du uns führst.
Navid Kermani, geboren 1967 in Siegen, lebt in Köln. Für sein literarisches und essayistisches Werk erhielt er u. a. den Kleist-Preis, den Joseph-Breitbach-Preis, den Friedenspreis des deutschen Buchhandels 2015, den ECF Princess Margriet Award for Culture 2017, den Staatspreis des Landes NRW 2017, den Hölderlin-Preis der Stadt Homburg 2020 und den Ehrenpreis des Österreichischen Buchhandels 2021. Zuletzt erschienen bei Hanser «Dein Name» (Roman, 2011), «Über den Zufall» (Edition Akzente, 2012), «Große Liebe» (Roman, 2014), «Album» (Das Buch der von Neil Young Getöteten / Vierzig Leben / Du sollst / Kurzmitteilung, 2014) und «Sozusagen Paris» (Roman, 2016). «Ayda, Bär und Hase» (2017) ist sein erstes Buch für Kinder. «Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen» (Hanser, 2022).

 

 

Navid Kermani

Jeder soll von da. wo er ist,

einen Schitt näher kommen
Fragen nach Gott
Hanser Verlag, 2022
Geb., 240 S.
CHF 34.90. (D) 22 €. (A) 22.70 €.
ISBN 978-3-446-27144-9

 

 

«Ré Soupault: Geistige Brücken»

 

Eine spannende Wiederentdeckung: Ré Soupault hat zwischen 1951 und 1986 mehr als fünfzig Essays verfasst, die von deutschen und schweizerischen Rundfunkanstalten produziert und gesendet wurden. Ihre Essays zeichnen sich durch fundierte Recherchen aus und haben nichts an Aktualität eingebüsst. Der Blick zurück landet in der aktuellen Gegenwart.

 

Soupault (1901-1996) beschäftigte sich mit historischen Themen, westlichen und östlichen Philosophien, der Emanzipation der Frau, Portraits von Schriftstellern aus dem 19. und 20. Jahrhundert, die Folgen des Ersten Weltkriegs.
Dieser Band enthält eine Auswahl von vierzehn Radio-Essays Ré Soupaults. Die Essays zum Dadaismus und Surrealismus wurden 2018 unter dem Titel «Vom Dadaismus zum Surrealismus. Zwei Essays. Herausgegeben von Manfred Metzner. Verlag Das Wunderhorn, Heidelberg, 2018» veröffentlicht.

 

Ré Soupault, geboren 1901 als Erna Niemeyer in Pommern, arbeitete bereits während ihres Studiums 1921-1925 am Bauhaus in Weimar. Über ihren Mann, den Dadaisten und Filmkünstler Hans Richter, lernte sie u.a. Man Ray und Sergeij Eisenstein kennen. 1931 gründete sie in Paris ihr erstes eigenes Modestudio «Ré Sport». Im Kreis der Pariser künstlerischen Avantgarde traf sie ihren späteren Ehemann Phillipe Soupault. Mit ihm unternahm sie ab Mitte der dreissiger Jahre zahlreiche Reisen durch Europa und Amerika, wo sie seine Reportagen fotografisch begleitete. Ré Soupault kehrte 1948 aus den USA nach Europa zurück und lebte bis 1958 in Basel. Dort begann sie neben ihrer Arbeit als Übersetzerin mit dem Schreiben von Radio-Essays, die in schweizerischen und deutschen Rundfunkanstalten bis in die 1980er-Jahre gesendet wurden. Ihre Essays zeichnen sich durch fundierte Recherchen, Esprit und einen klaren Stil aus, der sie zu einem Leseerlebnis werden lässt. Sie starb 1996 in Paris.

 

 

Rückkehr aus dem Exil nach Europa
Völlig mittellos kehrt sie nach Ende des 2. Weltkriegs aus dem Exil in New York nach Europa zurück, lebt und arbeitet von 1948 bis 1958 in Basel. Sie muss sich neu erfinden und für ihren Lebensunterhalt sorgen. Durch eine glückliche Fügung bekommt sie durch ihre Freundin, die Kinderbuchautorin Lisa Tetzner, einen Kontakt zur Büchergilde Gutenberg in Zürich. So beginnt ihre Arbeit als Übersetzerin: Sie erhält 1948 einen Vertrag und übersetzt aus dem Französischen für die Büchergilde die «Memoiren» von Romain Rolland. Weitere Übersetzungen folgen. Die Honorare, die sie bekommt, reichen zum Leben nicht aus. Daher ist sie ständig weiter auf der Suche nach einer gestalterischen Arbeit, die ihren geistigen Interessen entspricht. Der Rundfunk ist ihr schon vertraut. Ihr Mann Philippe Soupault baute im Auftrag von Léon Blum, dem damaligen französischen Premierminister, Ende der 1930 er Jahre den französisch-arabischen Sender Radio Tunis auf (Tunesien war zu der Zeit ein französisches Protektorat). Nach Ende des 2. Weltkriegs wird er u.a. für Radio France arbeiten. Ré bekommt Kontakt zum Süddeutschen Rundfunk (SDR) in Stuttgart, für den sie Romain Rollands Drama «Jeanne de Piennes» übersetzt, das 1951 als Hörspiel gesendet wird. Der Anfang ist gemacht. In Basel hat sie Kontakt zu Dr. Paul Meyer von Radio Basel. Von nun an wird sie für Radio Basel und fast alle deutschen Rundfunkanstalten Radio-Essays verfassen, bis in die späten 1980er Jahre. Die Themen schlägt sie meist selbst vor. Sie beschäftigt sich mit historischen und aktuellen Themen: westliche und östliche Philosophien, die Emanzipation der Frau, Freiheitsideen, Portraits von Schriftstellern aus dem 19. und 20. Jahrhundert und Folgen des Ersten Weltkriegs.

 

 

Ré Soupault
Hrsg: Manfred Metzner
Geistige Brücken
Wunderhorn Verlag, Heidelberg 2022
Essays
Geb., 280 S., 2021
CHF 36.90. € 24.
ISBN: 978-3-88423-642-0

 

 

«Catherine Belton: Putins Netz – Wie sich der KGB Russland zurückholte und dann den Westen ins Auge fasste»

 

Catherine Belton hat Männer zum Reden gebracht, bei denen man nicht unbedingt erwarten würde, dass sie reden wollen. Über Putins Aufstieg zur Macht, seinen inneren Zirkel und die Einflussnahme Russlands auf den Westen. Spannend, herausragend, filmreif.

 

Wem gehört Russland? Über Putin und seine KGB-Seilschaften

Als Ende der 1980er-Jahre die Sowjetunion zusammenbrach, ahnte niemand, dass ein ehemaliger KGB-Agent sich über Jahrzehnte als russischer Präsident behaupten würde. Doch ein Alleinherrscher ist Wladimir Putin nicht. Seine Macht stützt sich auf ein Netzwerk ehemaliger sowjetischer KGB-Agenten, dessen Einfluss weit über Russland hinausreicht.

 

Catherine Belton, ehemalige Moskau-Korrespondentin der Financial Times, hat mit zahlreichen ehemaligen Kreml-Insidern gesprochen. Etwas, das bisher einmalig sein dürfte. Es sind Männer, deren Macht Putin zu gross wurde und die nun selbst vom Kreml »gejagt« werden.
 
Belton beleuchtet ein mafiöses Geflecht aus Kontrolle, Korruption und Machtbesessenheit, und das gefällt nicht allen Protagonisten. Vier Oligarchen haben sie deswegen wegen Verleumdung verklagt. Mit vielen Details entwickelt sie ein lebendiges Bild der wirtschaftlichen und politischen Umbrüche, die Russland in den vergangenen 30 Jahren erlebt hat.

 

Ihr Buch liest sich in all seiner Komplexität so spannend wie ein Agententhriller, doch vor allem enthüllt es, wie das System Putin uns alle mehr betrifft, als uns lieb ist. Nominiert als Sachbuch des Jahres 2021 von The Economist, The Sunday Times, The Financial Times, The New Statesman und The Telegraph.

 

 

Catherine Belton berichtete von 2007 bis 2013 für die Financial Times aus Moskau und arbeitet heute für die Nachrichtenagentur Reuters. Ihr 2020 erschienenes Buch »Putins Netz« (OA: »Putin’s People«) wurde von The Economist, der Financial Times, The New Statesman und The Telegraph zum Buch des Jahres gekürt. Catherine Belton lebt in London.

 

 

Catherine Belton

Putins Netz

HarperCollins, 2022
704 S., CHF 37.50

 

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