FRONTPAGE

Editorial Nr. 32

Editorial Nr. 32

 

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Kunstinteressierte, herzlich willkommen!

 

Wir stellen Ihnen den neuen Roman «Die amerikanische Nacht» der Amerikanerin Marisha Pessl vor. Sacha Verna hat die Autorin mit österreichischen Wurzeln in New York zum Gespräch besucht, die nach ihrem Debüterfolg mit «Die alltägliche Physik des Unglücks» einen spannenden Thriller geschrieben hat, der einem Film noir gleicht. Bereits kursieren Gerüchte, dass das Buch von Hollywood verfilmt wird.

 

Die schweizerisch-argentinische Dichterin Alfonsina Storni haben wir Ihnen bereits einmal ans Herz gelegt, in einem berührenden Beitrag von Daniele Muscionico, Auszug aus ihrem Buch «Starke Schweizer Frauen», nachzulesen im Archiv von Literatur & Kunst. Jetzt ist eine neue Publikation der Herausgeberin Hildegard E. Keller erschienen, die das Buch «Meine Seele hat kein Geschlecht» im Kino RiffRaff am 25. Oktober 2013 präsentierte, dem 75. Todestag von Alfonsina Storni. Beide Publikationen sind im Limmat Verlag Zürich erschienen.
Lesen Sie dazu den Stimmungsbericht.

 

«Moderne Poesie in der Schweiz» lautet der Titel einer umfangreichen Anthologie, die 113 Jahre Poesie in der Schweiz umfasst. Herausgeber Roger Perret hat die Kapitel in ungezwungener Chronologie präsentiert, lyrische Prosa ist ebenso berücksichtigt wie Wort-Bild-Arbeiten, Mundartgedichte oder Songtexte. Limmatverlag Zürich, 2013, Migros Kulturprozent.

 

Er ist einer der berühmtesten Konstruktiven, der 1939 in Zürich geborene Hans Jörg Glattfelder. Nun zeigt das Museum Haus Konstruktiv eine begeisternde Retrospektive, die beflügeln kann.

Der «Zurich Art Prize 2013» des Museums Haus Konstruktiv in Zusammenarbeit mit Zurich Insurance Group wurde an den 1980 in Rosario (Argentinien) geborenen Adrián Villa Rojas verliehen, im Erdgeschoss sehen Sie die überraschend poetische Ausstellung.

 

Ein aufschlussreiches Interview von Rolf Breiner mit dem Regisseur Thomas Imboden und Martina Gedeck, seiner Hauptdarstellerin und Lebenspartnerin, über ihren neuen Film «Am Hang», ein Männergespräch über die Liebe nach dem gleichnamigen Roman von Markus Werner, der ein Publikumsliebling zu werden verspricht.

Jean-Stéphane Bron unterhält sich mit Rolf Breiner über seinen Dokumentarfilm «L’expérience Blocher», welche Motivation seinem Film zugrunde lag. Und wie immer: die neuesten Filmtipps, aktuell von Polanski bis Woody Allen!

 

Zaha Hadid ist als Architektin bereits ein gefeierter Star, lesen Sie ihren Werdegang und über ihr neuestes Werk in Baku, Aserbeidschan, das im November auch Thema einer brandneuen Publikation «Heydar Aliyev Centre» bei Lars Müller Publishers ist. Zara Hadid, 1950 in Bagdad geboren, hat nach einer Durststrecke einen kometenhaften Aufstieg erlebt und weltweit ihre architektonische Handschrift hinterlegt. Sie begann mit dem Feuerwehrhaus für Vitra in Weil am Rhein. In neuen Projekten in Dubai baut sie ein Hotel und in Tokio für 2020 die Weltausstellung.

 

Der Buchtipp gilt einem Bildband, einer  kleinen Kostbarkeit in Ausstattung und Inhalt: «mobile food and foodhunting». Der Fotokünster Joseph Carlson fotografierte die bunte Welt der balinesischen Strassenköche. Mobile, fahrbare Garküchen prägen auf Bali überall das Strassenbild. Mark Brownstein erzählt parallel dazu seine kulinarischen Abenteuer, die ihm auf der Suche nach neuen Geschmacksrichtungen begegnet sind. winwood48 edition, Freiburg 2013.

 

Theatertipp: «Die Physiker» von Friedrich Dürrenmatt gehören als Klassiker zum Repertoire des Zürcher Schauspielhauses, wo sie 1962 uraufgeführt wurden. Die neue Inszenierung von Regisseur und Bühnenbildner Herbert Fritsch ist so skurril wie abgründig und machte dem Publikum an der Premiere im Pfauen viel Spass. Vielleicht auch Ihnen?

 

Kolumne «Perspektivenwechsel»: «change»… und was es damit auf sich hat, erläutert Hedi Wyss.

 

Ingrid Schindler nimmt uns diesmal mit auf eine Reportage ins Münsterland und nach Ostfriesland. Viel Vergnügen!

 

Der zauberhafte Bildband «Helvetia by Night» verdient Ihre Aufmerksamkeit. Die Nachtfotos von Alessandro Della Bella sind traumhaft und so haben Sie die Schweiz wohl noch nie bestaunt. Atemberaubende Sonnenaufgang- und untergänge, die an Hodlers Landschaftsbilder vom Genfer See erinnern. Pilatus, Rigi, Bürgenstock, Titlis, Pontresina Piz Nair, Aletschhorn, Lugano, die Milchstrasse über Melchsee-Frutt. Mit einem Vorwort von Guido Magnaguagno. Neu erschienen im NZZ Libro Verlag 2013, www.nzzz-libro.ch, CHF 84.00. ISBN 978-3-03823-850-8.

 

Wenn es etwas gibt, was mir aus Teenagertagen im Gedächtnis geblieben ist, dann sicher auch die Bücher von Jack London, dessen Abenteuerromane ich verschlang, über «Wolfsblut» bis zum «Seewolf». Der wird nun im neuesten Heft der REPORTAGEN von Daniel Puntas Bernet von Claude Fankhauser vorgestellt, Neuauflage im Diogenes Verlag, ISBN 978-3257215090. Die Reportagen aus aller Welt öffnen Ihnen die Türen und Horizonte nach China, Honduras, Los Angeles, Uganda, London oder ins Appenzell und lassen Sie teilhaben an den Geschicken der Welt. www.reportagen.com. Einzelheft CHF 20.

 

Der Prix Meret Oppenheim 2013 des Bundesamtes für Kultur geht an die vier Preisträgerinnen und Preisträger: Den Künstler Thomas Huber, die Architekten Quintus Miller und Paola Marante sowie den Kuratoren Marc-Olivier Wahler.

 

Nachtrag:

Am 10. November 2013 ist der bekannte Tessiner Schriftsteller Giorgio Orelli 92-jährig gestorben.

Giorgio Orelli, (1921―1913), geboren in Airolo, lebte als Lyriker und Literaturwissenschafter in Bellinzona. Studium an der Universität Freiburg i.Ue., Dozent der italienischen Literatur am Gymnasium in Bellinzona. Als Übersetzer publizierte er zwei Sammlungen mit Goethe-Gedichten und einen Band mit Gedichten von Andri Peer. Als ausgewiesener Literaturkenner nicht nur in italienischer Sprache betätigte sich er sich als Literaturkritiker und publizierte in zahlreichen literarischen Zeitschriften. Giorgio Orelli wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem 1988 mit dem Grossen Schillerpreis.

 

Die Literaturnobelpreisträgerin Doris Lessung ist am 17. November 2013 im Alter von 94 Jahren in London verstorben. Für ihr umfangreiches Lebenswerk von über fünfzig Büchern, Romane, Erzählungen, Autobiografischem, wurde Lessing 2007 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Geboren wurde sie am 22. Oktober 1919 in Kermanschah im heutigen Iran, an das sie in ihrer Autobiografie «Unter der Haut» (1994) erinnert. Mit fünf Jahren wechselte die Familie nach Rhodesien, wo ihr Vater als Maisfarmer eine neue Existenz aufzubauen versuchte. Mit 13 Jahren verliess sie bereits die Schule in Salisbury, wenig später auch ihr Elternhaus, bekam früh zwei Kinder, die sie mit Mitte Zwanzig wieder verliess, um 1949 mit ihrem dritten Kind und einem Romanmanuskript Afrika zu verlassen und sich auf eigene Füsse zu stellen. Ihr Umzug nach London und ihr beachteter Debütroman «The Grass is Singing» («Afrikanische Tragödie», 1950) markierten ihren neuen, erfolgreichen Lebensabschnitt. Der Roman zeigte ihre Stilsicherheit und ihre Sensibilität für politische Themen, sie berichtete auch über Frauenthemen aus eigenem Erleben heraus. Als Feministin wollte sie nicht gelten, sie schrieb einfach ihre Geschichte auf, wie im gefeierten «Das Goldene Notizbuch» («Golden Notebook», 1962), mit dem sie sich endgültig als anerkannte Schriftstellerin etablierte. Afrika liess sie nicht los und so reiste sie 1982, als das Einreiseverbot für sie aufgehoben wurde, mehrmals in das Land ihrer Kindheit und Jugend. Doris Lessing liebte es, ungewöhnliche Perspektiven in ihren Büchern zu vertreten und überraschte damit die Kritiker stets von Neuem. So in den achtziger Jahren mit «Space Fiction», oder «Mars and Dream» (1998), auch apokalyptische Visionen einer infolge klimatischer Zerstörung unbewohnbar gewordenen Welt. In «The Fifth Child» («Das fünfte Kind», 1988) äusserte sie die Vermutung, ein Mensch käme mit fertiger Persönlichkeit auf die Welt. In ihrem jüngsten Buch «Die Kluft» («The Cleft», 2007) vertrat sie die für einige Irritationen sorgende These, dass die Menschheit von Anfang an rein weiblich gewesen sei, bevor die Männer als jüngere, unreifere Version dazugestossen seien.

 

 

Wir wünschen Ihnen eine aufregende und anregende Lese- und Herbstzeit mit vielen Inspirationen und Impressionen aus der Kunst- und Kulturszene.

 

Herzlich
Ihre Ingrid Isermann, Herausgeberin

Editorial