FRONTPAGE

Editorial Nr. 25

Editorial März 2013

Liebe Leserin, lieber Leser, liebe Kunstinteressierte

Dear friends of literature+art
Herzlich willkommen! Welcome!

 

HAPPY  BIRTHDAY  L&K!

 

Literatur & Kunst feiert den 2. Geburtstag! Seit 1. März 2011 sind 24 Ausgaben erschienen. 2012 lancierte Literatur & Kunst den 1. Zürcher Lyrik-Preis.

Neu auf L&K finden Sie Theaterrezensionen (siehe Schauspielhaus Zürich). Literatur & Kunst orientiert international über Aktuelles, Retrospektives und Wissenswertes aus der Kunst- und Kulturszene, ab März alle zwei Monate mit wöchentlichen Aktualisierungen. Die nächste Ausgabe erscheint im Mai.

 

 

Das bringt Ihnen der März-Kulturmonat auf Literatur & Kunst:

 

LITERATUR
Frank Schirrmacher: Ego. Das Spiel des Lebens. Von ZEIT-Redaktor Thomas Assheuer.
Nofretete. Publikation von Franz Maciejewski. Ausstellung im Neuen Museum, Museumsinsel Berlin.
The Letters of John Lennon. Von Hunter Davies.
Yoko Ono zum 80. Ausstellung in der Kunsthalle Schirn, Frankfurt a.M.

 

LYRIK
Monika Rinck. Honigprotokolle. Kookbooks Berlin 2012. Peter-Huchel-Preisträgerin 2013. Von Ingrid Isermann.

 

KUNST
Paul Klee und der Ferne Osten. Zentrum Paul Klee, Bern.
Haris Epaminonda. Kunsthaus Zürich.
Stille Reserven. Aargauer Kunsthaus, Aarau.
Alex Katz. Museum Haus Konstruktiv, Zürich

 

PHOTO/FILM
Swissness: Schweizer Filme. Von Rolf Breiner.
20 Jahre Fotomuseum Winterthur. Concrete – Fotografie und Architektur.

 

ARCHITEKTUR
Buchner Bründler Bauten. Von Fabrizio Brentini
Altes Hospiz St. Gotthard. Umbau von Miller & Maranta. Scheidegger & Spiess 2012
Architectural Guide. Japan. DOM publishers, Berlin 2013

 

KOLUMNE
Der Rücktritt des Jahrhunderts. Von Hedi Wyss

 

THEATER
Schauspielhaus Zürich: Premiere des US-Südstaaten-Dramas «Die Katze auf dem heissen Blechdach» von Tennessee Williams. Regie Stefan Pucher. Von Ingrid Isermann

 

REPORTAGE
Köln. Einführung in die Brauhauskultur. Von Ingrid Schindler

 

Frühling lässt flattern sein blaues Band…
Was es in der Welt Neues gibt, wird auch durch die Lupe der Kunst und der Literatur sichtbar gemacht und reflektiert.

 

Nach mehr als 500 Jahren wurde das guterhaltene Skelett mit gekrümmter Wirbelsäule von Richard III., von Shakespeare in seinem gleichnamigen Theaterstück als Bösewicht verewigt, unter einem Einkaufscenter in Leicester/GB ausgegraben. Eine DNA der Nachkommen bestätigten die Echtheit von Richard III. (1452-1485; König 1483 bis 1485, aus dem Hause York, Herzog von Gloucester, gelangte durch die Ermordung seiner jungen Neffen Eduard V. und R. auf den Thorn, fiel im Kampf gegen Heinrich VII. Tudor bei Bosworth). Was für eine Geschichte! Nun wollen gewisse Kreise und die Nachkommen seine Ehre wiederherstellen, dass er kein Schurke war, der Menschen umbrachte. Vielleicht wird man eines Tages auch die Gebeine von Jesus finden? Hatte Jesus Nachkommen? Sonst wird es schwierig mit der DNA.
Maurizio Cattelan machte den Papst Benedikt XVI., der nach achtjähriger Amtszeit überraschend per Ende Februar 2012 zurücktrat, – ein Novum seit 700 Jahren – , etwas despektierlich-ironisch in einer früheren Ausstellung zum Thema («Papst, getroffen von Meteorit»).
Die aktuelle Ausgabe «Reportagen» vom 9. März 2013 von Daniel Puntas Bernet bringt übrigens eine historische Reportage von Niklaus Meienberg aus dem Jahre 1984 über den Papst-Besuch von Johannes Paul II. in der Schweiz («Halleluja»). www.reportagen.com.

 

FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher (53) untersucht die brisanten Zusammenhänge einer neoliberalen Marktwirtschaft, die dabei ist, die soziale Marktwirtschaft ohne grosse Gegenwehr abzulösen: «Ego. Das Spiel des Lebens». Karl Blessing Verlag, Februar 2013. CHF 22.80 (siehe auch Beitrag von Thomas Assheuer, ZEIT-Redaktor).
Die Revolution frisst ihre Kinder, hiess es einst, nun scheint «der Kapitalismus frisst seine Kinder» angesagt zu sein. Künstler haben seit je auf gesellschaftspolitische Ungerechtigkeiten reagiert und aufmerksam gemacht, seien es Otto Dix mit seinen analytischen Porträts oder Picasso mit ‚Guernica’ gegen den Krieg.

Implodierende Marktsysteme mit exorbitanten Gehältern und Abzocker-Boni sind inflationär, sie schädigen das Vertrauen in die Wirtschaft, in die Eliten, in die Menschen. Die masslosen Bezüge der CEO’s zeigen deutlich, es geht gar nicht ums Geld, davon haben die Vasella’s & Co. (der vielleicht nur die halbe Milliarde vollmachen wollte?) schon in Hülle und Fülle, es geht darum, dass einer mehr haben will als der andere. Konkurrenz der Managerkaste im Rennen um die Milliardärstrophäen! Der Tanz ums Goldene Kalb! Oder Dominosteine… was der eine macht, macht der andere nach. Potenzvereinfacher, für den Einkauf in Scheinwelten.

Good News: die EU-Parlamentarier haben beschlossen, die Boni zu begrenzen!

Was ist am wertvollsten? Richtig, das Leben selbst, ein einmaliges Geschenk!

 

‚Du musst dein Leben ändern‘, sagte schon Rilke. Apropos, im Buch ‚Verliebte Feinde‘ von Wilfried Meichtry, der jetzt verfilmten Story von Iris und Peter von Roten, – die sich zauberhafte Briefe schrieben -, wird Spekulationen nachgegangen, ob einer der von Rotens der Vater von Rainer Maria Rilke ist, da Rilke sich für Raron, den Heimatort der von Rotens, entschieden hatte und dort auch bestattet wurde. ‚Si non e vero, e ben trovato!‘, meinte Peter von Roten dazu.

 

Am 3. März ist Wahltag, es geht auch um die Abzocker-Initiative – Sie haben die Wahl!

Am 8. März ist der traditionelle Frauentag; um 20.15 h findet im Orell Füssli Kramhof eine Diskussionsveranstaltung statt:
Her Way – Aussergewöhnliche Frauen gehen aussergewöhnliche Wege.
Gäste sind Garda Alexander, Künstlerin, Mitra Devi, Krimi-Autorin, Erica Matile, Mode-Designerin, Klara Obermüller, Publizistin, Olivia Bosshart, Moderatorin. Ab 20.30 Uhr im 2. Obergeschoss.

 

Was man schon länger vermutete, wird nun wissenschaftlich bestätigt:
Computer beschränken das Denken! Weil die Formate die Phantasie einschränken und das die Nervenzellen und Verknüpfungen, die Synapsen, beeinträchtigt, hat der bekannte deutsche Hirnforscher Manfred Spitzer herausgefunden. Computer, Playstations oder Smartphones haben Auswirkungen auf das Gehirn, was bei Jugendlichen zum Problem werden könnte, sich nicht mehr auf eine Sache konzentrieren zu können, weshalb man weniger lernt. Sozialverhalten und Schulleistungen stehen in unmittelbarem Zusammenhang. ‚Digitale Demenz’ heisst das kürzlich erschienene interessante Buch von Spitzer.

 

Der Zeitgeist ruft… Frühlingsgefühle? Ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass immer mehr Männer keine Krawatte mehr tragen? Und dass die Bärtigen zurück sind im Film und auf der Strasse? Und dass es, seit es ‚20 Minuten’ gibt, man den ‚Tages-Anzeiger’ auch in 10 Minuten liest? Alles eine Frage der Zeit…

 

Am 7. Februar 2013 war die Filmregisseurin Margarethe von Trotta im Neumarkt-Theater Zürich zu Gast, befragt von Daniel Cohn-Bendit. Beide kennen sich aus Jugendtagen und natürlich war die Rede von Trottas aktuellem Film «Hannah Arendt». Deren Aussagen «Ich will verstehen» und «Denken ohne Geländer» machten auf von Trotta am meisten Eindruck. Auf die harsche Kritik an Arendts Analyse «Die Banalität des Bösen» und dem Vorwurf, sie könne ihr eigenes Volk nicht lieben, beeindruckte sie Arendts Reaktion: «Ich kann kein Volk lieben, nur meine Freunde». Auch das Verhältnis von Arendt zu Martin Heidegger («Das Denken ist keine Wissenschaft») wurde gestreift. So meinte Margarethe von Trotta, dass Heidegger Arendt seine anfängliche Hinwendung zum Nationalsozialismus wohl erklärt, aber nie öffentlich den Fehler eingestanden habe. Beweisbar ist das jedoch nicht.
Hannah Arendt sei ein «Genie der Freundschaft» gewesen, berichtete ihre ehemalige Sekretärin Köhler, ein sehr zugewandter Mensch, aber sie konnte durchaus auch arrogant sein. Dass Arendt den Kommunismus mit dem Nationalsozialismus auf eine Stufe in Verbindung brachte, haben ihr Ideologen lange nicht verziehen. Eine neue Denkart über den Links- und Rechts-Faschismus, die heute etabliert ist.

 

 

 


Nachrufe: Die Lyrikerin Radka Donnell ist am 13. Februar 2013 in Zürich nach kurzer Krankheit verstorben, nur wenige Tage nach der Abdankung ihres Mannes Adolf Max Vogt (1920-2013), Architekturprofessor ETH, mit dem sie seit 1980 verheiratet war.
Radka Donnell wurde am 24. November 1928 in Sofia, Bulgarien geboren. Sie verbrachte die Kriegsjahre in Deutschland und emigrierte 1951 in die USA. Nach dem Universitätsabschluss an der Stanford University 1954 wurde Donnell Master of Fine Arts an der University of Colorado at Boulder. Sie ist Mutter zweier Töchter. Einen ausgezeichneten Ruf erwarb sie sich als Patchwork-Quilt-Künstlerin. Ihre Quilts als Ausdruck einer poetisch-weiblichen Handwerkskunst wurden in zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland gezeigt (siehe auch Wikipedia; NZZ, 22.2.2013). Radka Donnells federleichte Gedichte und Prosatexte in Deutsch und Englisch bestechen durch ihre Unmittelbarkeit, menschliche Beziehungen transparent werden zu lassen. Wir werden sie in liebender Erinnerung behalten. Ich lernte Radka vor 20 Jahren 1993 kennen, da war sie 64jährig, als sie meine Ausstellung ‚Visuelle Poesie‘ an der Gessnerallee in Zürich besuchte. 1995 veranstalteten wir eine gemeinsame Lesung und blieben die Jahre durch Lyrik verbunden.  Dein kleiner weisser Engel, Radka, steht noch auf meinem Sekretär. Gruss nach oben!

 

 

Kinderbuchautor Otfried Preussler (1923-2013) ist vergangene Woche gestorben. Von Preussler werden einige grosse Geschichten bleiben, vor allem Räuber Hotzenplotz, der in Dutzende Sprachen übersetzt wurde oder Kater Mikesch, um nur zwei weltberühmte zu nennen.

 

Am 27. Februar 2013 verstarb 95jährig in Paris der Schriftsteller Stéphane Hessel ( «Empört Euch!. 2010»). Mit seinen Schriften rief er zum Widerstand auch gegen die Ausbeutung der Natur auf. Er war überzeugter Europäer und hielt nichts von einem Nationalstaat, weil die Probleme durch die Macht der Finanz und der Wirtschaft global werden und wir darauf angewiesen sind, zusammenzuarbeiten.

 

Ein Meteorit ist auf der Erde eingeschlagen, verglühte in der Atmosphäre mit der Wucht von 30 Hiroshima-Atombomben und richtete in Russland grosse Zerstörungen an, ein Zeichen, dass wir alle auf einem Raumschiff leben und existieren und so far weit und breit kein anderer Planet in Sicht ist…  Der Mensch ist ein Fremdling im Weltall. Was für eine Ordnung würden Menschen auf einem fernen Planeten implementieren?  (siehe das DU-Kulturmagazin März 2013, Interview mit der NASA-Astrophysikerin Margaret Turnbull). Wie wäre es mit einem globalen Bewusstsein, dass die Erde allen gehört und wir alle Sorge zu ihr tragen sollten? Apropos, wenn ein Asteroiden-Klotz in die Erde kracht, könnten die Medien nicht mehr darüber berichten. Schall und Rauch… Ist es nicht viel sinnvoller, Milliarden für einen Schutz gegen Asteroidenangriffe aus dem Weltall statt für Marsexkursionen oder fürs Militär auszugeben? Jetzt aber freuen wir uns auf das Grün des Frühlings!

 

Wir wünschen Ihnen einen zauberhaften Frühlingsanfang mit Optimismus, Phantansie, ein wenig Magie im Alltag – mit Literatur & Kunst, der ZEIT und dem DU-Kulturmagazin. Im Januar haben 162’000 Kunstinteressierte unser Web-Kultur-Magazin besucht. Wir danken für Ihr Vertrauen.
PS. Und Sie, haben Sie den Newsletter schon abonniert?

 

 

Herzlich
Ihre Ingrid Isermann, Herausgeberin

Editorial