FRONTPAGE

«Mehr Schweizer Lyrik!»

 

 

Mehr Schweizer Lyrik, exklusiv für Literatur & Kunst. Wir freuen uns, Ihnen weitere  ausgezeichnete Lyrikerinnen vorstellen zu dürfen. Die Kurzbiografien finden Sie anschliessend an die Gedichte.

Mariella Mehr.
Gabriele Markus.
Ingeborg Kaiser.
Elisabeth Wandeler-Deck.
Andrea Graf.

Mariella Mehr

Unveröffentlichte Gedichte

 

Wir sind nah

alle von Lemberg

Hinausgeborenen

 

wir trauern nicht um Tote

wir kannten sie nicht

wir trauern um das Leben

 

weil nur das Leben

Spuren hinterlässt.

 

Ich stand vor dem Totentor

Stunden, Tage, Jahrzehnte

ich sah sie nie

meine Toten

keine Fussspur

 

hörte keinen Schrei.

 

Nun ist mir das Totentor zu nahe

 

lockt als weisser Vogel

über allem Schwarz.

 

Wie werde ich enden

ins Jenseits flüchten

dorthin wo alle

seit Jahrtausenden warten

 

nah beim weissen Vogel

nah seinem Tanz?

 

(2012)

 

 

Entzweite Engel

spülen übersengte Fuhren

zu Gesängen

der Nacht.

 

Jeder hört zu

und hört ihren Gesang

 

so entsteht Flucht

vor der Feindschaft

die uns allen

als angeboren erscheint.

 

Aus den Poren

treten uns Träume

vom Demnächst

 

sie bleiben ungelebt

 

denn bald ist unser Ende

unvorhergesehen erblasst.

 

Ein Urnenwesen

umgibt mich und dich

 

lassen wir es fröhlich erblühen

 

und erlöschen

was einst unsere Träume

als Liebe erkannten.

 

(2012)

 

Es beugt sich

ein Traum

er steht für

das Nimmer

 

das ich so gerne verloren hätte.

 

Blut war es

ein flutendes Rot

über dem Leben

 

und eine Träne

Lachen überall –

diese Seitensprünge

des Lebens –

 

Der Hölle entgegengetragen

jeder Atem

Wildatem

versäumt im Blut

 

im Allerleileben.

 

(März 2012)

 

 

Gabriele Markus

L’heure bleue            

 

Um fünf Uhr nachmittags

kommt sie leise, wirft sich

als Schatten auf hitzeflirrende

Felder, schleicht durch verwinkelte

Gassen, Farbenspiel, Dunst, kaum

wahrnehmbare Bewegung

 

die Luft wird schwer, in den Alleen

explodieren die Blüten der Linden

ein leiser Schreck lähmt das Gehirn

betäubt sitzen die Menschen in den Cafés

als hätten sie etwas vergessen

 

Gläser klirren, gedämpfte Stimmen

Reste von Tee, Limonade, Eis

im Dämmerlicht verschwimmende Konturen

 

nur die Verliebten

sind jetzt wach

Aug in Auge, entrückt

schweben sie stadtauswärts

 

seliger Untergang

in Blau.

 

 

Van Gogh

 

Wenn du maltest

fing dein Pinsel Feuer

Felder brannten

unter deinem atemlosen Strich

 

die Zypresse

eine schwarze Flamme

hielt den Himmel

der von Sternenklang

überrollt war

und nicht bersten konnte

 

 

 

Ingeborg Kaiser

meine freunde
die bücher wie salz
in der wunde
balsam der
dichter

 

 ***

drehe den bleistift
zwischen den händen
lautlos das gestöber
der flocken fallen
aus der nacht
und wärmen

 

 ***

czernowitz

da ist ein ort im
buchenland ein
toter dichter da
ist das geburtshaus
sind besucher
die blümchentapete
im treppenhaus der
geschrubbte flur die
treppe zum grünen
hinterhof da lüftet ein
teppich über der stange
rezitiert jemand
„krauseminze, minze, krause,
vor dem haus hier, vor dem hause“
fliesst plötzlich die seine
durch den hof da erzählt
ein alter jude vom
mitschüler paul antschel
makellos sein deutsch
die jacke abgetragen
ein auge leer der
weisse schopf ungebändigt
blättert durch dunkle
zeiten aus denen ein
wort in die dichterrunde
fällt sie wortlos macht
„meister“

(…)“der Tod ist ein Meister aus Deutschland“(…)
Paul Celan

Elisabeth Wandeler-Deck

 [Langsamer Anfang 1]

nimmt
laut es und                                                          stillstand längs
rinnt der
zug steht
vor allem

steht längs
steht in
seit und
steht in
land in                                                                und in und seit minuten

ums gewand
schneeschaft
rasch
steht unverwandt
und nicht

mond
prise längs                                                          so sag doch was
wind
windet eine tunnel eine länge solche
eine lange länge rüttelt ein solch ratter

langes verweilen warten
fängt zu
nimmst
ein langsames anfangen nimmt
mond

wetter
ein langsames was
durch den                                                                längst
tunnel
schlingt

Andrea Graf

HÖRLYRIK I _ Andrea (Martina) Graf

trop-ft: PET-Sonate
[Variationen zu Coca-/PepsiCola tropft]

PET-Sonate sso‘.
so … quellendes Leben: ein zischendes immer schneller tropfendes end es end es.. PET Fläschchen- – –

║nimm‘—║~║nimmmi║~║nímä-mi║~║nímm níe║~║nimmmi-nie║~║nímä-ni-nie║~║nur nie║
~miníim miníim ~ minimm-nimm ~ mnjam-mnjam ~ m’m ~ ämämäm ~ m’m ~ nimm-nimm
~║nie-immer║~║nimmer║~nimmer-nipp —-

p’daa -nie immer/nie im-mehr-║immer nie i maa║-niid,iih Mámä
-ma
manümm. -meehr/ immer/ mehr/trop
trop-trop-
gooht-gad-gar pfff
go‘—-
ga‘—-
gooooh
-ca pft.
║pft║
║tróp• —- ║
║ ║
║ pft║
║ tróp║
║trótropp p’║
trótropp║tropp -p ║-pft

║ tro tro ║
║pf t. ║ -pft

tro-tropf pft tro
║tro-tropf pft tro║
║tro tro pf-t pf║
trótropp -pf tró-pf -t -t
║-pf -t -t║
trótropp -pft -tróp
trótropp║tró -p-p║
tropP-
tropPp
Schau chaud schon cool CO
CA
CO tropp-pft
CA
CO
guard CO
CA god
LA là là ah là but-sí
║Pép-si║
Pp—p-sí but-sie-sieh
psiPep b’b Pep
sí Psss! t‘—–
t‘
pst!t‘
—- p —-
—- pt‘—
p’pt
║p pt-pt peppet║ oo

p‘
p‘—–
pft→pft→Pep
b’bt║peppet║

║peppet║
║but PET║äbä PET P EE‘–║EE’║oooooh
-bä
pft -ábä!
Aabä!bättPET
bäbä-
best st!PT
stop-it!
║peppet║but PET buy PET beebt by Pepsico Ob?
tro-
tro-
droooh-öb ..
öppä ..
hoppobä
abä
trrrr pft pft ooo
KA-CO
CA-COGaggo
KO-KOKE ka-Kaffe FUSS drauf
Luft raus.

 

 

 

Kurzbiographien

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Mariella Mehr

Deutschsprachige Autorin jenischer Abstammung, aufgewachsen in der Schweiz, lebt jetzt in Lucignano/Italien. Für ihr Engagement für unterdrückte Minderheiten erhielt sie die Ehrendoktorwürde der Universität Basel. Sie schreibt u.a. lyrische Gedichte, Theater und Romane, ist mit dem Preis der Schweizerischen Schillerstiftung, mit dem internationalen Camaiore-Preis für Lyrik und mit dem Pro Litteris Preis ausgezeichnet.
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Gabriele Markus

Geboren 1939 in Bern. Nach Abschluss des Lehrerinnenseminars
Ausbildung zur Sängerin. Lebt und arbeitet heute als Schriftstellerin und Gesangspädagogin in Zürich. Sie veröffentlichte mehrere Gedichtbände sowie zahlreiche Texte (Lyrik und Prosa) in Zeitschriften und Anthologien. Zusammenarbeit mit Malern und Musikern. Einige Gedichtzyklen wurden vertont, mehrere Texte in verschieden Sprachen übersetzt. Lesungen sowie Radiosendungen in der Schweiz, in Deutschland, Polen und Österreich. Literarische Auszeichnungen u.a: 1989 Ehrengabe der Stadt Zürich und 1997 Werkhalbjahr der Stadt Zürich.


Publikationen:

Zuletzt erschienen: Zugvögel wir legen uns auf den Wind. Eine Kindheit. Edition Isele 2012;
Urlandschaften, Gedichte, Eulen Verlag 1985; Unverzichtbar, Gedichte, Pendo Verlag 1986; Ohr am Boden, Gedichte, Waldgut Verlag 1997M; Anderswo, jetzt, Lenzburger Lyriklesung, Audio-CD 2000.
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Ingeborg Kaiser

Geboren in Neuburg/Donau. Nach dem Abitur und Berufsjahren in Augsburg übersiedelte sie 1960 nach Basel. Ab 1968 Veröffentlichungen von Prosa und Lyrik. 1984/85 Hausautorin am Stadttheater Chur.

Kaisers Arbeit wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Internationalen Deutschen Kurzgeschichtenpreis, dem Schweizer Dramatikerpreis und dem Förderpreis der ProLitteris.
Förderungen von Fachausschuss für Literatur BS/BL, PRO HELVETIA und Bundesamt für Kultur.
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Elisabeth Wandeler-Deck

Elisabeth Wandeler-Deck, geboren 1939 in Zürich, lebt in Zürich als freie Schriftstellerin. Mit ihren Texten und als improvisierende Musikerin ist sie Mitglied der Gruppe bunte hörschlaufen.

Basler Lyrikpreis 2013.
Neueste Veröffentlichungen:
«(Gelächter über dem linken Fuss)», Waldgut Verlag, Frauenfeld 2006, «Turbulenzen an der Luftschnittstelle», mit Zeichnungen von Yves Netzhammer, Edition Howeg, Zürich 2008, «Da liegt noch ihr Schal», edition taberna kritika, Bern 2009, «TagumTag Kairo», blog, https://kairo.etkbooks.com/
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Andrea Graf

Geboren 1963 in St.Gallen, 4 Semester Psychologie,Uni Zürich, Vorkurs der Kunstgewerbeschule St.Gallen1985 Die Suppenkasperin, Geschichte einer Magersucht FischerVerlag. 1987 Anders singt die Krähe… Hörspiel Radio DRS Zürich;
1989 Jahrtausendwehen Hörspiel Radio DRS Zürich;  1993 Irrungen oder der Beginn eines langen Anfangs Roman BastaVerlag SG/ZH; ab 1999 WortmusikKompositionen/ Hörtexte. 2010 Die Entsorgung von all dem Zeugs VGS Verlagsgenossenschaft St. Gallen
Veröffentlichungen in Zeitschriften + Anthologien (u.a. NOISMA, Entwürfe, Wienzeile)
auch gemeinsame Projekte mit Cellistin Brigitte Meyer. www.as.ch/d/lexikon/edit/detail_a.php?id_autor=671

 

 

 

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