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«Lebendige Geschichte: Trier zwischen Marcus, Marx und Mosel»

Von Rolf Breiner

 

Sie beansprucht für sich, die älteste Stadt Deutschlands zu sein: Trier. Bereits zu römischen Zeiten war sie eine Metropole. Vor mehr als 2000 Jahren unter dem Namen Augusta Treverorum gegründet, ist sie heute Ziel für historisch bewusste Kulturreisende und Weinliebhaber.

Ein Streifzug von der Porta Nigra zum Dom, zu den Kaiserthermen, der Konstantinbasilika und römischem Amphitheater.

Die Stadt in Rheinland-Pfalz hat aber nicht nur Historisches zu bieten, sondern auch Pfälzer Saumagen und edle Tropfen. Und wer will, begegnet auch dem bekanntesten Sohn der Stadt: Karl Marx. Der Denker und Politprophet wurde hier 1818 geboren und im letzten Jahr entsprechend gross mit rund 300 Veranstaltungen gefeiert. Natürlich kann man zu seinem Geburtshaus, heute Karl-Marx-Haus, an der Brückenstrasse mit imposanter Büste des bärtigen Propheten und Politologen pilgern. Man sollte sich auch nicht wundern, nebst üblichen Marx-Souvenirs auch auf einen Karl-Marx-Wein zu stossen, natürlich einem tiefroten Spätburgunder. Marx war kein Kostverächter und dem edlen Tropfen durchaus zugetan. Er schrieb schon als Gymnasiast über das biblische Gleichnis vom Weinberg und bemerkte, dass die Kraft und Macht eines guten Führers sich auf die Jünger übertrage wie der Saft der Rebe auf die Traube. In diesem Zusammenhang sei auch seine Frau Jenny erwähnt, die oft vergessen wird. Die Gattin des Revoluzzers, eine Adelige von Westphalen, unterstützte ihren Mann und kämpfte für den sozialen Fortschritt. Dafür nahm sie Entbehrungen, Ächtungen und Ausweisungen in Kauf. Mitte des 19. Jahrhunderts waren die sogenannten «Bekenntnisse» ein beliebtes Gesellschaftsspiel. Jennys Bekenntnisse von 1865, damals war sie 51 Jahre alt, sind erhalten. Das ist beispielsweise zu lesen: «Ihre Lieblingstugend: Aufrichtigkeit, Ihre Lieblingstugend beim Mann: Beharrlichkeit, Ihre Lieblingstugend bei der Frau: Zuneigung, Ihre Lieblingsbeschäftigung: Handarbeit, Ihr Lieblingsdichter: Goethe, Ihr Lieblingsschriftsteller: Martin Luther, Ihr Held: Coriolan, Ihre Heldin: Florence Nightingale, Ihre Lieblingsmaxime: ‚Es tut nichts‘, Ihr Lieblingsmotto: ‚Nil desperandum (Nicht verzweifeln).» Marx und die Folgen hin oder her.
Was wäre Trier ohne seine römische Vergangenheit! Geschichte ist und wird hier in der Stadt mit heute 115 000 Einwohnern lebendig. Einer Schar von engagierten Führern wie Heinz Fischer oder Markus Friedmann (Porta Nigra) sei Dank. Über 10 000 Gästeführungen mit insgesamt 200 000 Teilnehmern bewältigten die Trier-Experten und Expertinnen letztes Jahr. Sehr anschaulich wird die Bedeutung der Porta Nigra, das Wahrzeichen Triers, vor Augen geführt, die übrigens 2020 satte1850 Jahre alt wird. Durch diese gewaltige Toranlage leitet der «römische Zenturio» Marius (oder war es Marcus?) und offenbart «Das Geheimnis der Porta Nigra», gespickt mit szenischen Darstellungen. Ähnliches kann man im Amphitheater erleben, wenn beispielsweise Kenner Jan Krüger in das Leben und Kämpfen der Gladiatoren einführt. Er bietet gar eine «Ausbildung zum Gladiator» an.
Trier an der Mosel (immer einen Schiffsausflug wert) bietet eine Fülle von Sehenswürdigkeiten, spannenden und lauschigen Plätzen, bürgerlichen und kirchlichen Bauzeugnissen aus vergangenen Jahrhunderte. Hier seien nur einige besondere Marksteine erwähnt auf dem Weg von der Porta Nigra bis zu den Kaiserthermen.

 

Von der Porta Nigra bis zu den Kaiserthermen

Man startet am besten an der Porta Nigra vorbei am Touristenzentrum und spaziert über die Simeostrasse vorbei Dreikönigenhaus, von maurischer Architektur inspiriert, zum Hauptmarkt mit Petrusbrunnen und der ältesten Apotheke Deutschlands (1241). Zwischenziel ist der Dom St. Peter, die älteste Bischofskirche nördlich der Alpen, Wallfahrts- und Pilgerstätte. Heute präsentiert sich dieses Bauwerk als Doppelkirche. Der Dom blickt auf eine fast 2000-jährige Baugeschichte zurück. Er soll von Konstantin dem Grossen begründet worden sein. Im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt, 14 Jahre restauriert, ist er 1974 wiedereröffnet worden. Ebenso imposant ist die angegliederte Liebfrauenkirche, erbaut auf den Fundamenten einer römischen Doppelbasilika. Sie ist die früheste gotische Kirche Deutschlands, im Grundriss als Rosette angelegt, ein Bauwerk, das durch geometrische Anlage fasziniert. Vorbei am dem Palais Walderdorff geht es weiter zur Konstantinbasilika. Ursprünglich als Repräsentationshalle römischer Kaiser errichtet, fasziniert diese Palastaula durch seine raumgreifende Schlichtheit, die bereits zu römischen Zeiten dank eines raffinierten System beheizt wurde. Zu preussisches Zeiten wurde die Residenz der Erzbischöfe und Kurfürsten zur evangelischen Kirche (seit 1856) erklärt. Das benachbarte Kurfürstliche Palais ist unübersehbar mit seiner rosaweissen Rokokofassade und dem angegliederten Park. Das Ziel, die Kaiserthermen, ist nah. Mit einiger Phantasie kann man sich beim Gang durch die unterirdischen Heizgänge vorstellen, wie der gewaltige Thermenkomplex funktioniert hat, auch die Anlage zur Römerzeit nicht vollendet worden ist.
Man sollte sich zwei, drei Tage Zeit nehmen, um Trier wirklich kennenzulernen. Dazu gehören kulinarische Spezialitäten wie der dank Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl weltbekannt gewordene Saumagen sowie ein Schoppen Wein. Wir selbst haben köstliche Erfahrung beispielsweise mit dem Restaurant Oechsl, dem Wein- und Fischerhaus, gemacht – bei einem Menü mit drei Austern und Winzersekt, Edelfisch-Trilogie, Dorade-Filets, ein Flasche Spätburgunder (für rund 50 Euro zu zweit) oder im Restaurant «Zum Domstein» am Domplatz mit Domherrensuppe, Schweinesteak, Weinprobe für 50 Euro (2 Personen).
Wer zeitigt plant, sollte sich das Trierer Weinfest im Stadtteil Olewig (2. bis 5. August), die Bierbörse (23. bis 25. Oktober), oder den Europäischen Markt vor der Porta Nigra Treffpunkt für Feinschmecker vom 27. bis 29. September, nicht entgehen lassen (weitere Tipps unter Infos). Sicher wird man am Weinfest einen Stand des Weingut Löwener Mühle antreffen, fest in Frauenhand. Und man plant direkt einen Ausflug nach Igel und der Igeler Säule ein, wo sich das Weingut befindet, just auf dem Weg nach Luxemburg, wo sich sehr günstig tanken lässt. Gute Fahrt!

 

 

Fakten und Infos Trier
Residenz des römischen Kaisers Konstantin des Grossen (306 – 337).

Seit 1986 UNESCO-Weltkulturerbe. 110 000 Einwohner.
650 0000 Übernachtungen (Januar bis September2018). Erlebnisführungen 2018: (Porta Nigra, Amphitheater u.a.) 1200 Gruppen mit über 30 000 Teilnehmern.
Lektüre: Joscha Remus «City-Trip Trier», Reise Know How Verlag Peter Rump, Bielefeld, 11,95 Euro.

Merian: Trier, 8,95 Euro.

Marlene Ambrosi «Jenny Marx, eine bedeutende Frau, Verlag Weyand 2017, 7,95 Euro.
Trier Tourist-Information an der Porta Nigra, Simeonstr. 55,
Telefon: 0049 651 / 97808-0 e-mail: info@trier-info.de
www.trier-info.de

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