FRONTPAGE

Editorial Nr. 54

Editorial Nr. 54

September 2015

 

Liebe Literatur- & Kunstinteressierte, herzlich willkommen! 

Wissen Sie, warum Krimis so beliebt sind? Ist es so, weil hier gut und böse eindeutig zu unterscheiden sind und die Bösen meist ihre gerechte Strafe kriegen? Und unsere kleine Welt ist wieder in Ordnung,  während im wirklichen Leben Krieg und Chaos die Menschen ins Verderben stürzen und lange Flüchtlingsschlangen das Ergebnis sind. Warum stellt man die IS-Terroristen nicht vors Kriegsgericht in Den Haag? Warum wollen die menschenverachtenden „Gotteskrieger“ einen islamistischen „Gottesstaat“ gründen und finden Zulauf bei jungen Menschen in Europa, vornehmlich mittelständischen Secondos? Wie ist das möglich? Was machen wir falsch? Doch wir tun gut daran, an die eigenen Schandtaten der christlichen Geschichte wie der Kreuzritter zu erinnern. Es geht immer um Macht und Gewalt. Hier sei wieder einmal Hannah Arendt zitiert: «Gewalt kommt aus den Gewehrläufen – Macht entsteht in der Kooperation zwischen Menschen, im gemeinsamen Handeln, gegenseitiger Anerkennung und Gleichheit». Im besten Falle. Dass es mit Waffenlobby und Waffenverkäufen, einem riesigen internationalen Geschäft, nicht besser werden kann, zeigt die heutige Situation.

Es gibt einen Lichtblick: die funktionierende direkte Demokratie der Schweiz. Dazu gehört auch, dass das Volk Abstimmungen korrigieren kann, wie die Zuwanderungs-Initiative der SVP. Die RASA-Initianten (Raus aus der Sackgasse) halten dagegen und haben schon 100.000 Unterschriften gesammelt, damit das Volks nochmals abstimmen kann, ob es die bilateralen Verträge beibehalten will. Denn bis 2017 muss das entschieden sein und es steht für die Schweiz viel auf dem Spiel. Bisher war der Spagat zwischen Bilateralen und Zuwanderung vom Bundesrat nicht vereinbar, nun eröffnet sich eine neue Möglichkeit. Und vielleicht ergeben sich auch mit Europa wegen der Flüchtlingsfrage in Sachen Zuwanderung neue Aspekte.
Ihre Ingrid Isermann

 

Was bringt Literatur & Kunst im September?

Nach der Street Parade am 29. August 2015, mit den wabernden Sounds und der Gymnastik für alle, notabene einer friedlichen Million Menschen in den engen Strassen der Stadt, ist Zürich zur Normalität zurückgekehrt. Der Wettergott spielte mit und zeigte sich von seiner besten Seite…

 

Fokus Engadin mit zwei Neuerscheinungen: Arno Camenisch «Die Kur», Engeler-Verlag 2015 und «Engiadina und Val Müstair», 2015, 81 Porträts der Fotografin Julieta Schildknecht und dem ausgezeichneten Text des Romanisten Jachen Curdin Arquint, Scheidegger & Spiess, 2015.

 

Sie sind die Leinwand-Göttinnen, die die Zeit überdauern: Audrey Hepburn und Ingrid Bergman. Über Audrey Hepburn und ihr Leben ist in der Portrait Gallery London eine reichhaltige Ausstellung eröffnet worden (bis 18.Oktober). Ein schön ausgestatteter grossformatiger Fotoband ist bei Schirmer-Mosel erschienen.
Zu Ingrid Bergmans 100. Todestag ist ebenfalls bei Schirmer-Mosel der Fotoband mit seltenen Fotos aus dem Familienarchiv, herausgegeben von Isabella Rossellini, erschienen, die auch den Film über ihre Mutter anregte: «Ich bin Ingrid Bergman» mit Aufnahmen der Schauspielerin von ihren Kindern und ihrer Umgebung. Den Film zeigt ARTE in einer Wiederholung vom 30. August  am 6. September 2015.

 

Das Aargauer Kunsthaus zeigt Christian Marclay, ein detaillierter Bericht dazu von Niklaus Oberholzer. Und Sie sind ebenfalls eingeladen zur Augenweide im Kunsthaus Zürich: «Das goldene Zeitalter» der holländischen Maler mit Stillleben, Landschaften und heiterem Genre. Hingehen und anschauen!

 

Interview von Rolf Breiner mit der umtriebigen Filmemacherin Anka Schmid über ihren neuen Film «Wild Women». Aktuelle Filmtipps. Vorschau auf das Zurich Film Festival 2015.

 

Architektur-Buchtipps: Frei Otto stellt Ihnen Fabrizio Brentini vor. Ferner: Gisela Erlacher, Himmel aus Beton, Detail-Verlag 2015, HongKong in-between, Typology, Park Books 2015 und Le Corbusier, Scheidegger & Spiess. Ausserdem EXKLUSIV Ausschnitt aus Heidi Webers «Anekdoten zu Le Corbusier».

 

Buchtipps: die legendäre «Casa Malaparte» auf Capri von Karl Lagerfeld und «This ist he house that Jack built» von Maja Hoffmann, erschienen im Steidl Verlag,2015.

 

Wir laden Sie ein nach Riga, in die baltische Metropole, lesen Sie die interessante Reportage von Rolf Breiner mit vielen Tipps. Noch ein Hinweis: Eine ausführliche Reportage über Burma von Rolf Breiner erschien bereits auf L&K, das Schweizer Fernsehen sendet nun eine mehrteilige Dok-Sendung über Burma «Old Burma Road» mit der SRF-Südostasien-Korrespondentin Barbara Lüthi ab 28. August 2015, jeweils freitags um 21 Uhr auf SRF1.

 

Im Wettbewerb um den besten deutschsprachigen Roman des Jahres wurde die Longlist für den Deutschen Buchpreis veröffentlicht. Unter den ausgewählten 20 Autorinnen und Autoren sind Valerie Fritsch (Klagenfurt-Preisträgerin), Ilija Trojanow, Inga-Maria Mahlke, Alina Bronsky, Jenny Erpenbeck, Steffen Kopetzky, Ulrich Peltzer, Heinz Helle, Clemens J. Setz und Feridun Zaimoglu sowie die Schweizer Schriftsteller Ralph Dutli, Rolf Lappert und Monique Schwitter. Die Longlist wird am 16. September auf eine Shortlist von sechs Romanen reduziert, am 12. Oktober wird der Gewinner des Deutschen Buchpreises zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse bekannt gegeben, der 25’000 Euro erhält, die anderen fünf Finalisten bekommen jeweils 2500 Euro.
16. September 2015: Hier ist die Shortlist für den Deutschen Buchpreis:

Jenny Erpenbeck: „Gehen, ging, gegangen“
Knaus Verlag, August 2015

Rolf Lappert: „Über den Winter“
Hanser Literaturverlage, August 2015

Inger-Maria Mahlke: „Wie Ihr wollt“
Berlin Verlag, März 2015

Ulrich Peltzer: „Das bessere Leben“
S. Fischer – Hundertvierzehn, Juli 2015

Monique Schwitter: „Eins im Andern“
Droschl, August 2015

Frank Witzel: „Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969“
Matthes & Seitz Berlin, Februar 2015

 

 

Hier die Nominierten des Schweizer Buchpreises 2015:

Martin R. Dean: «Verbeugung vor Spiegeln», Jung und Jung Verlag

Dana Grigorcea: «Das primäre Gefühl der Schuldlosigkeit», Dörlemann Verlag

Meral Kureyshi: «Elefanten im Garten», Limmat Verlag

Ruth Schweikert: «Wie wir älter werden», S. Fischer Verlag

Monique Schwitter: «Eins im Andern», Literaturverlag Drosch
Von 7. September bis Ende November 2015 ist Kurt Drawert (*1956 bei Berlin) neuer Gast im Atelier Müllerhaus des Aargauer Literaturhauses in Lenzburg; der vielseitige deutsche Schriftsteller, Essayist, Lyriker und Publizist, geboren in Brandenburg, aufgewachsen in Dresden, arbeitet seit 1986 als freier Autor. Seit 2004 leitet er das „Zentrum Junge Literatur“ in Darmstadt, in seinem Schreiben behandelt er eine grosse thematische Bandbreite von u.a. Flaubert über Geschichte und Niedergang der DDR bis Theorie(n) der Literatur und Sprache.

Am 8. September (Beginn: 20 Uhr) trifft Kurt Drawert auf die Autorin Ulla Lenze („Die endlose Stadt“) und der Ethnologin Gaby Fierz (Museum der Kulturen Basel) in einem Werkstattgespräch über sein Schreiben, seine Inspirationen sowie seine Vermittlertätigkeit unterhalten. Im Anschluss wird ein türkisches Buffet angeboten.

 

Lyrikfestival Lenzburg im Aargauer Literaturhaus

Vom 21. bis 23. November 2015 findet im Aargauer Literaturhaus ein Lyrikfestival statt, wo auch Kurt Drawert während seiner Residenzzeit im Literaturhaus teilnehmen wird. Am 24. November folgt ein Einzelvortrag von Kurt Drawert über Istanbul, wo er kürzlich eine längere Zeit verbrachte. Nähere Infos über das Lyrikfestival „Nylonfische“ erfahren Sie in der Oktober-Ausgabe von Literatur & Kunst. www.aargauer-literaturhaus.ch

 

Die Lange Nacht der Zürcher Museen findet am 5. September 2015 statt, ab 19 Uhr, das Programm finden Sie unter www.langenacht.ch

 

Einen wunderschönen September mit Literatur und Kunst wünscht Ihnen

Ihre Ingrid Isermann, Herausgeberin

Editorial