FRONTPAGE

Editorial Nr. 100

Editorial

Dezember 2023/Januar 2024

 

Liebe Kunst- und Literaturinteressierte, herzlich willkommen auf Literatur & Kunst!

 

INTO THE LIGHT – THE VIBE OF 2024

titelte die Vogue auf der  Januar-Ausgabe und das scheint ein gutes Motto für das Neue Jahr zu sein: Bonjour 2024! Wir wünschen Ihnen ein glückliches und erfüllendes Jahr mit Literatur&Kunst und allem, was dazugehört. Herzlich Ingrid Isermann, 3. Januar 2024.

 
 Wir begrüssen Sie herzlich zur 100. Ausgabe von Literatur&Kunst und freuen uns über Ihr Interesse.
 

«Blutstück – Kim de l’Horizon im Schauspielhaus: Der Star inkl. Bubble»

Die Zuschauer sitzen im dunklen Bühnenraum, während langsam eine Gestalt mit einer Laterne über die Bühne huscht und den Song von Robbie Williams «I want to feel true love…» zu singen beginnt. Natürlich geht es um Liebe und Geliebtwerden, und die Leute sind auch gekommen, um den zweimaligen Buchpreisträger von «Blutbuch» zu sehen und beim Plaudern zuzuhören. Was ist das Ich, eine amorphe Masse mit genetischer Vielfalt? Was ist ein Mensch? Wer gedacht hatte, dass Kim de l’Horizon den Inhalt des «Blutbuch» im «Blutstück» in der Inszenierung von Leonie Böhm auf die Bühne bringt, sah sich getäuscht. Oder wieder auch nicht, denn in Fragmenten kam ja auch die Grandmeer vor und die Community, die sich um ihren Star rankte und für alle war etwas dabei, von Kunst, Philosophie, Weltschmerz, Einsamkeit und ganz viel Body Talk auf der Bühne mit der wabernden Wohnlandschaft. Und Diversity natürlich, die sich auch in den bunten Klamotten offenbarte, denen man sich entledigte bis auf die Unterhosen, zuletzt vereint zusammen im Regen stehend. Und auch ein Berner Dialekt-Intermezzo homemade by Kim de l’Horizon erweiterte den Horizont über den Planeten und die Ursuppe und das Universum, das für jede und jeden wieder anders aussieht, auch wenn alles mit allem verbunden ist und man sich gerne wohlfühlen möchte, im Körper inside out. Dem geneigten Publikum gefiel’s und whatsoever: anything goes. Inszenierung Leonie Böhm. Mit Kim de l’Horizon, Vincent Basse, Gro Swantje Kohlhof, Sasha Melroch, Lukas Vögler.

Premiere 22. Februar 2024. Weitere Vorstellungen 24., 26., 29. Februar. Infos www.schauspielhaus.ch

22. Februar 2024, Ingrid Isermann

 

Gewerkschaftsboss Maillard: «Der Halbstarke und das EU-Dossier»

Es geht wieder los: Der Bundesrat will Nägel mit Köpfen machen und nach dem Abbruch der Beziehungen am 26. Mai 2021 erneut Verhandlungen mit der EU aufnehmen. Aufgeschreckt hat die klare Ansage den obersten Gewerkschafter und SP-Ständerat Pierre-Yves Maillard, der in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag» vom 7.1.2024 lospolterte, es bestehe «keine Chance, dass die Gewerkschaften dem vom Bundesrat präsentierten Paket zustimmen würden». Ein Rückenschuss, noch bevor die Verhandlungen überhaupt begonnen haben. Es ist zum Verzweifeln, kaum macht der Bundesrat einen Schritt auf die EU zu, kriegt er es mit massiven Drohungen zu tun, die gewöhnlich vonseiten der SVP eintrafen. Die Gewerkschaften wollen hier augenscheinlich die SVP überholen und lassen die Muskeln spielen. Die Streitpunkte sind indes nicht neu, Mindestlöhne zum Lohnschutz, die auch in der Schweiz bisher nicht zufriedenstellend geregelt sind; der EU-Gerichtshof, über den manche Schweizer:innen wegen eigener nachteiliger Rechtssprechung schon froh waren, und die automatische Rechtsübernahme gaben nach 20 Jahren der Bilateralen Beziehungen nie Anlass zur Klage. Warum sollte das jetzt anders sein? Die nötige Stromversorgung durch die EU dürfte kein Thema sein, die Liberalisierung des Schienenverkehrs sollte transparent erfolgen. Doch die Vehemenz der ablehnenden Gewerkschafts-Rhetorik noch vor Beginn der Konsultationen lässt erahnen, wie sich hier Sturheit und bornierte Arroganz nicht zum Wohle der Schweiz manifestieren. Man darf gespannt sein, wie sich die Kollegen des zuständigen Aussenministers und Bundesrates Ignazio Cassis und die Kantone zu diesen Angriffen positionieren. Fortsetzung folgt.
Ingrid Isermann, 10. Januar 2024

 

Putin: Das hässliche Gesicht Russlands
Just am Tag zu Beginn der Sicherheitskonferenz in München am 16. Februar 2024 erschütterte die Nachricht vom Tod Alexei Nawalnys. Der 47-jährige Oppositionspolitiker war zuletzt nach Sibirien in die unwirtliche Strafkolonie Charp aus Sowjetzeiten am eisigen Polarkreis verlegt worden, wo er am Freitagnachmittag nach einem Spaziergang plötzlich verstarb. Einen Tag vorher sah man Nawalny noch in einem Video wortgewandt und kampflustig während einer Gerichtsverhandlung in Kowrow. Man erinnert sich an den feigen Mordanschlag des Kremlherrschers und die prekäre Vergiftung Nawalnys 2020, die er im Charité-Hospital Berlin mit knapper Not überstand. Nach seiner Genesung kehrte Nawalny 2021 nach Russland zurück und wurde sofort nach seiner Ankunft in Moskau verhaftet. Mittlerweile erwarteten ihn Jahrzehnte der Gefangenschaft. Der Westen zeigt sich empört über den Tod Nawalnys, der Putins Präsidentschaft im März im Wege stand. Am 24. Februar 2024 jährt sich Putins brutaler Angriffskrieg auf die seit 1991 souveräne Ukraine zum zweiten Mal. Russland hat sich in ein bedrohliches Kriegsmonster verwandelt und zwingt die Nachbarstaaten zur Aufrüstung. In einem mit dem Oscar ausgezeichneten Dokumentarfilm forderte Nawalny seine Anhänger dazu auf, im Falle seines Todes zusammenzustehen. Das in einem Russland, wo jeglicher Widerstand am Kremlherrscher bereits ausgeschaltet ist und mit Gefängnis bestraft wird.
17. Februar 2024 Ingrid Isermann

 

Imagine Peace 
Nach dem andauernden russischen Angriffskrieg auf die Ukraine seit 24. Februar 2022 hat das Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023 an der israelischen Zivilbevölkerung die Menschen entsetzt und erschüttert. Noch sind nicht alle verschleppten Geiseln befreit, noch ist der Gaza-Krieg nicht vorbei und der Ruf nach einer Zwei-Staaten-Lösung für Israel und die Palästinenser wird immer dringlicher. An amerikanischen Eliteuniversitäten wird heftig über Israel, Palästina, Gaza und Hamas gestritten. Juden beklagen sich über Antisemitismus, Muslime über Islamophobie. Die in Berlin lebende Schriftstellerin Deborah Feldman, bekannt seit ihrem Buch «Orthodox» und der gleichnamigen Netflix-Serie, äussert sich in ihrem neuen Buch «Judenfetisch», das wir Ihnen vorstellen, über den oft auch verkappten Antisemitismus.
Wir hoffen, dass gegenseitiges Verständnis und andere Perspektiven den Blick aus der jeweiligen Bubble befreien können, denn ohne Toleranz und Frieden gibt es keine Freiheit und Sicherheit.  1. Dezember 2023 Ingrid Isermann

 

Bundesratswahlen

Am 13. Dezember 2023 sind Bundesratswahlen in der Schweiz. Für Bundesrat Alain Berset (SP) wird ein Nachfolger vom Schweizer Parlament gewählt, die bisherigen Bundesräte müssen bestätigt werden, und man darf gespannt sein, ob das von stoischen SVP-Protagonisten jeglichen Fortschrittsglaubens beraubte Bundesratsgremium sich verjüngt und in Zukunft für die dringenden Fragen bezüglich Neutralität und Europa mehr Zivilcourage und Verantwortung gegenüber dem Volk zeigen wird. 01.12.2023
Der Basler Beat Jans (59) wird im dritten Wahlgang zur Berset-Nachfolge als neuer Bundesrat gewählt. Jon Pult erhält 43 Stimmen, Daniel Jositsch 68.
Guy Parmelin (SVP), Ignazio Cassis (FDP), Viola Amherd (Mitte), Karin Keller-Sutter (FDP), Albert Rösti (SVP) und Elisabeth Baume-Schneider (SP) wurden wiedergewählt. Victor Rossi (GLP) wird zum neuen Bundeskanzler gewählt. Neue Bundespräsidentin für 2024 wird die Verteidigungsministerin Viola Amherd. 13.12.2023

Nun ist doch noch eine Überraschung gelungen nach den Bundesratswahlen «nach Drehbuch»: Elisabeth Baume-Schneider wechselt ins EDI und verlässt das Justizministerium, welches der neue Bundesrat Beat Jans übernimmt. Eine unerwartete Rochade! Die GLP hat Zuwachs bekommen mit dem Bundeskanzler Rossi und der Ständerätin Tiana Angelina Moser. Der Angriff der Grünen auf den FDP-Sitz wurde abgewehrt, was vorauszusehen war. Denn eher hätte Die Mitte einen Sitz verdient, die knapp prozentual hinter der FDP liegt als der Wahlverlierer Grüne Partei. Noch-Präsident Balthasar Glättli machte seinem Unmut Luft, indem er die SP für die Nichtwahl verantwortlich machte. Ein wenig billig, das Ganze… Vielleicht wird Gerhard Andrey neuer Parteipräsident, der einen guten Eindruck bei allen Parteien hinterliess. Wir gratulieren allen Bundesräten und neugewählten Politikern und wünschen alles Gute für die Zukunft der Schweiz.
15. Dezember 2023

(Editorial to be continued)
 

«Mark Twain: In der Schweiz – Schönheit inbegriffen»

Warum in die Ferne schweifen… Mark Twain bummelte 1878/79 durch Europa, insbesondere durch die Schweiz: Luzern, Rigi, Interlaken, Kandersteg, Monte Rosa, Zermatt, Matterhorn, Mont Blanc und nach Genf. Humorvoll und mit viel Ironie beschreibt Twain das Land mit den merkwürdigen Einwohnern sowie deren Sitten und Gebräuche. Lesenswert! Hat sich etwas geändert? Finden Sie es heraus… Der amerikanische Schriftsteller wurde 1835 in Florida, Missouri geboren. Er arbeitete als Drucker, Lotse auf einem Mississippi-Dampfer, Goldgräber und Reisejournalist. «Tom Sawyers Abenteuer» machten ihn 1876 berühmt; 1884 folgte «Huckleberry Finns Abenteuer».
Mark Twain. In der Schweiz. Aus dem Amerikanischen von Ana Maria Brock. Diogenes Taschenbuch, ISBN 978-3-257-24500-4. CHF 19.

 
NZZ-Podium «Wer sind wir: Zwischen Ich und Aussenwelt».
Der Mensch ist ein Bewohner vieler Welten und ein kontradiktorisches Wesen im digitalen Zeitalter – zu diesem Themenkomplex lud Martin Meyer am 7. Dezember 2023 in den Chipperfield Kunsthaus-Vortragssaal ein, dem ein interessiertes Publikum folgte. Über Rollenspiele gab die Schauspielerin Ursina Lardi Auskunft, dass es der lebendige Mensch auf der Bühne sei, der als Erscheinung schon ein Ereignis sei, wobei Irritationen und Widerspruch dazugehörten, als Schauspieler in verschiedenen Welten zu leben. Sascha Quanz als Astrophysiker forscht an der ETH nach Leben im Universum, wo man bisher noch nicht fündig wurde. Der Mensch ist in der Evolution der Planeten nur ein Wimpernschlag. Bisher hat die Wissenschaft auch noch keine Definition für das biologische Leben gefunden. Vielleicht kann die Poesie hier der Wissenschaft bei der Definition weiterhelfen:
Leben ist / Der Ruf des Lebens / Nach sich selbst.
Und vom Selbst war an diesem Abend viel die Rede, als Autor des eigenen Willens. Wann wurde aus Thomas Hürlimann ein Autor? Vom Nicht-Ich sprach der Schriftsteller, der seiner Katze beim Beobachten zuschaute und selbst zum Beobachter wurde, über die Aussenwelt der Innenwelt reflektierend. Ob ewiges Leben wünschbar wäre, fragte der Moderatorin die Runde. Zwischen «Ich, Figur und Aussenwelt» sei man übergänglich, meinte Ursina Lardi.
Die Psychologin Wiebke Bleidorn sagte zur Frage des Glücks, dass ein hohes Alter am glücklichsten sei wegen der Endlichkeit der Zeitperspektive des Lebens. Wir alle spielen im Leben verschiedene Rollen und neue Entdeckungen können jederzeit gemacht werden. Ob auf unserem Planeten oder demnächst mit Elon Musk auf dem Mars.
Ingrid Isermann, 8. Dezember 2023
 

 

Pınar Karabulut und Rafael Sanchez übernehmen 2025/2026 die Co-Intendanz des Schauspielhaus Zürich.
Der Verwaltungsrat der Schauspielhaus Zürich AG hat an seiner Sitzung vom 1. Dezember 2023 Pınar Karabulut und Rafael Sanchez als Co-Intendant:innen des Schauspielhaus Zürich gewählt. Sie übernehmen ab der Spielzeit 2025/2026 die Leitung des Hauses für die Dauer von fünf Jahren. An einer Medienorientierung im Schiffbau wurden die neuen Intendanten vorgestellt, die einen «frischen Blick von aussen» versprechen.
 
Mit der Wahl von Pınar Karabulut und Rafael Sanchez übernimmt eine neue Generation von Theatermacher:innen die Leitung eines der renommiertesten Theater im deutschsprachigen Raum. Die beiden Regisseur:innen überzeugten Findungskommission und Verwaltungsrat durch ihre fundierten künstlerischen Arbeiten, die ein breites Publikum ansprechen und bereits mehrfach mit Preisen ausgezeichnet wurden. Beide inszenieren sowohl klassische Stücke als auch neue Texte. Pınar Karabulut ist zudem als Opernregisseurin tätig. «Durch ihre verschiedenen Erfahrungshintergründe und Regieästhetiken bringen Rafael Sanchez und Pınar Karabulut ein weites Spektrum an künstlerischer Vielfältigkeit und Anschlussfähigkeiten an unterschiedliche gesellschaftliche Diskurse mit. Das Zürcher Publikum kann sich auf ein Theater mit grossen Erzählungen und grosser Literatur sowie mit performativer, spartenübergreifender Kunst freuen», so Beate Eckhardt, Co-Präsidentin des Verwaltungsrats.

Während Rafael Sanchez als gebürtiger Basler und ehemaliger Co-Intendant des Theater Neumarkt das Schauspielhaus Zürich, die Stadt und die Schweiz bestens kennt, bringt Pınar Karabulut einen unverstellten, neugierigen Blick auf Zürich mit. Ihr Entscheid, gemeinsam die Leitung des Schauspielhaus Zürich zu übernehmen, ist ein überzeugter und lustvoller Schritt, sich auf die Stadt, ihre Themen und Stoffe und ihre vielfältige Bevölkerung einzulassen, wie Rafael Sanchez betont: «Wir freuen uns auf Zürich, das gleichzeitig so lokal und international ist, auf ein grossartiges Haus mit vielen Expert:innen, sei es in der Technik, der Kunst oder der Administration, auf eine grosse faszinierende Kunstszene – und auf ein vielfältiges Publikum, das erobert werden will.» Diversity soll automatisch in die Theaterstücke einfliessen, ein Tanzensemble wird es nicht mehr geben, man setzt eher auf ein Sprechtheater «In Zürich für Zürich».

Ingrid Isermann, 8. Dezember 2023

 

 
Im Osten nichts Neues
Wie man hört von Putins Russland, ist Frieden, wenn der Krieg aufhört, und zwar, wenn die Ukraine entmilitarisiert und entnazifiert ist. Wie, wenn das für Russland die Doktrin wäre, zuhause und an der Front, wo Menschenleben als Kanonenfutter dienen? Immer die gleichen Sprüche wie gehabt und die gleichen Lügen! Hört das nie auf?
Wie sich die Bilder gleichen, wie im Erinnerungsbuch «Aenne und ihre Brüder» von Reinhold Beckmann (*1956), dem früheren ARD-Sportmoderatoren, Talkmaster und Musiker. Das Buch steht auf der Spiegel-Bestsellerliste. Es geht um die Familiengeschichte der vier Brüder seiner Mutter, Franz, Alfons, Hans und Willi, die im Zweiten Weltkrieg ihr Leben liessen, in Stalingrad und mit siebzehn Jahren an der hessischen Heimatfront im April kurz vor Kriegsende. Eine damals fast alltägliche Geschichte der vielen Kriegsopfer. Doch wie Beckmann es gelingt, das tägliche Grauen im Kriegsdienst  in Bilder zu packen, wie es wirklich aussah an der Front anhand der Feldpostbriefe der Brüder und wie das kleine katholische Dorf Wellingholzhausen in der Nähe des Teutoburger Waldes in den 1920er-Jahren mit dem Nazi-Terror umging, ist anrührend und packend. Wie die Mutter ihm von ihren Brüdern später erzählte und wie sie wie mit am Tisch sassen, was Beckmann nach dem Tod seiner Mutter mit 98 Jahren animierte, ihre Geschichte aufzuarbeiten. Lesenswert! Das Buch sollte Schullektüre werden. (Propyläen-Verlag, Ullstein Buchverlage GmbH, 5. Auflage 2023. ISBN 978-3-549-10056-1).

 

In der Bundesrepublik unter der Ampel-Regierung tut die CDU/CSU alles und wirklich alles, um wieder an die Macht zu gelangen. Zuerst wird im Sommer kurz vor den Ferien das Verfassungsgericht bemüht, das Heizungsgesetz von Habeck zu torpedieren und zu verzögern, es sei zu kurzfristig umgesetzt, will heissen, eigentlich unnötig. Dann wird die grosse Keule herausgeholt, das von Corona nicht beanspruchte Geld, das von der Ampel, nach der Praxis vorheriger CDU-Regierungen, für Investionen, Klimaschutz und Soziales verwendet werden sollte, wird vom Verfassungsgericht nach einer Klage der CDU als verfassungswidrig eingestuft und steht nicht mehr zur Verfügung. Das im November kurz vor dem Haushalt 2024. So kurzfristig einen neuen Haushaltsplan vorzulegen mit 60 Milliarden Euro weniger, brachte die Ampel folgerichtig ins Schleudern. CDU-Chef Merz, Typ schneidiger Herrenreiter mit strammem Adjutanten Carsten Linnemann als Generalsekretär, witterten Morgenluft. Unter der Kanzler-Vertrauensfrage im Parlament und vorgezogenen Neuwahlen lässt die von der AfD bedrängte Partei nichts unversucht. Die ARD-Journalisten wie Tina Hassel spielen brav mit, zeigen täglich die schwindenden Zustimmungsraten zur Ampel und zum Kanzler, der sich entschuldigen soll für die «Trickserei». Scholz lächelt milde und sagt Richtung Merz «eine Mackergeste», die ihm offensichtlich keinen Eindruck macht. Business as usual! Nun steht der Haushalt wider Erwarten doch, die Schuldenbremse bleibt, das Bürgergeld und Kindergeldsicherung auch, und die CO2-Preise steigen… Juristenfutter!
Ingrid Isermann, 14. Dezember 2023.

 

 

(Editorial to be continued)
 

Was können Sie auf Literatur&Kunst entdecken?
 
Literatur: Salman Rushdie, märchenhafter Erzähler und Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels 2023, erzählt eine Geschichte, die sich über 247 Jahre erstreckt: «City of Victory», Penguin-Verlag.
Florian Illies lässt den Star der Romantik Caspar David Friedrich in seinen Gemälden wieder lebendig werden und gleichzeitig 250 Jahre deutscher Geschichte: «Zauber der Stille», S. Fischer-Verlag.
Deborah Feldman («Unorthodox») liefert in ihrem neuen Buch klarsichtige Analysen zum Antisemitismus und der deutschen Staatsraison zu Israel: «Judenfetisch», Luchterhand Verlag. 

 

Lyrik: Jon Fosse, der norwegische Dichter und Dramatiker, erhielt 2023 den Literaturnobelpreis. Wir stellen ihn in einem Porträt und Selbstaussagen zu seinem Werk vor. «Traum im Herbst», rororo, drei Theaterstücke.

 

Kunst: William Turner ist in einer grossartigen Ausstellung «Turner Three Horizons» im Lenbachhaus in München zu sehen. Ingrid Schindler war für Literatur&Kunst vor Ort.
Marina Abramović: Die Performances der Pionierin sind gegenwärtig in der Royal Academy of Arts London in einer Retrospektive mit jungen Kunstschaffenden zu entdecken. Ein Bericht von Marion Löhndorf.

 

Photo/Film: Ernst Scheidegger – Dem Fotografen und Verleger ist im Kunsthaus Zürich eine Hommage und Ausstellung mit teilweise bisher unveröffentlichten Bildern gewidmet, dazu ein reichhaltiger Bildband, erhältlich im Kunsthaus-Shop.

Walter Pfeiffer mit Designobjekten von Matteo Thun zeigt seine Photos «In the Summer of 2009», Scheidegger & Spiess. Aktuelle Filmtipps.

 

Architektur: «von konstruktiver klarheit. max bill und seine zeit 1940-1952». Der zweite Band der mehrbändigen Biografie der Kunsthistorikern Angela Thomas über Bills Oeuvre mit ausführlichem Material als profundes Nachschlagewerk. Hauser&Wirth Publishers, 2023.
«Gebaute Beziehungen. Zwei Architekten im Kontext ihrer Zeit. Max Frisch und Franz Bruno Frisch»; Scheidegger & Spiess.

Hannah Höch, die Architektin der Collage: «Montierte Welten», Scheidegger & Spiess.

 

Widescreen: Marguerite Hersberger im Museum Haus Konstruktiv.
Anlässlich des 80. Geburtstags von Marguerite Hersberger, eine der wichtigsten Vertreterinnen konstruktiv-konkreter Gegenwartskunst, widmet das Museum Haus Konstruktiv der Schweizer Künstlerin eine umfassende retrospektive Einzelausstellung. «Dem Raum mehr Raum geben»: Licht und Farbe, geometrische Formgebung und Raum sind die für ihr OEuvre substanziellen Aspekte, die in einem Dialog anhand der exemplarischen Werkauswahl auch in der Ausstellung stehen. Begleitkatalog im Museum erhältlich.  26.10.2023 bis 14.01.2024.

 

Buchtipps: «Callas. Gesichter eines Mediums»: Maria Callas, die legendäre griechische Sopranistin in einem wunderbaren Fotoband mit zwei Essays von Attila Csampai und Ingeborg Bachmann. Schirmer/Mosel.

Isolde Ohlbaum/Michael Krüger: «Männer, die Rosen schneiden und andere Literaturgeschichten zu Fotografien», Schirmer/Mosel.
«Ingeborg Bachmann, meine Schwester»: anrührende Erinnerungen von Heinz Bachmann, Piper Verlag.

 

Buchtipp: «Lichtspiel» von Daniel Kehlmann, Rowohlt Verlag, eine Rezension von Ingrid Schindler.

 

Interview: Guy Nattiv, Produzent des Spielfilms «Golda» im Gespräch mit Julieta Schildknecht.

 

 

Wir wünschen Ihnen anregende Unterhaltung und Inspiration mit Literatur&Kunst  mit allen guten Wünschen für das kommende Jahr.

Die nächste Ausgabe Literatur&Kunst  03/04.2024 können Sie ab 1. März 2024 entdecken.  

 

Herzlich
Ihre Ingrid Isermann, Herausgeberin

Editorial