FRONTPAGE

Editorial Nr. 59

Editorial Nr. 59

Februar 2016

 

Liebe Literatur- & Kunst-Fans und Freunde,
herzlich willkommen!

 

Die Flüchtlinge bestimmen die Agenda hüben und drüben, hier in der Schweiz bestimmen die Stimmbürger, in welcher Welt wir leben wollen. Die Durchsetzungs-Initiative der SVP kommt einem Durchsetzungsbefehl gleich, alle Straftäter, auch die kleinen Fische nebst den gefährlichen Haien, auszuschaffen. Es tönt unverhältnismässig und ist es auch.  Der Rechtsstaat und die Menschenrechte per se sind gefordert. Den Worten auf den Grund zu gehen, ist unser Anliegen, Aufklärung unsere Herzenssache. Deshalb: herzlich willkommen auf Literatur & Kunst!

Im März sind in Deutschland Landtagswahlen und die populistische AfD ist auf dem Vormarsch, die Parteichefin Frauke Petry empfiehlt Schüsse auf Flüchtlinge, wie weiland in der DDR. Trotzdem wird das viele nicht abschrecken, diese undemokratische Partei zu wählen, die wegen akuter Menschenrechtsverletzung  verklagt werden sollte. Die CDU steht unter Druck, nicht zuletzt wegen Horst Seehofer. Mit Rückenschüssen musste Kanzlerin Merkel rechnen, solange sie wie ein Fels in der Brandung zur Flüchtlingsfrage ohne Obergrenze steht.

Hier sind  drei Vorschläge für Frau Merkel, wie Deutschland die Krise meistern und aus der EU-Talsohle herauskommen könnte:

– Übernehmen Sie das Schweizer Rentensystem, das für mehr Gerechtigkeit sorgt, es beruht auf dem solidarischen Prinzip, dass über einen festgesetzten Betrag niemand mehr Rente bekommt, auch wenn man mehr eingezahlt hat. Die überschüssigen Zahlungen werden gerecht umverteilt. Ferner ist eine Betriebsrente Pflicht, wo Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleich viel Prozente einzahlen. In Deutschland gibt es keine Pflicht der Betriebsrente, sie ist freiwillig und steht nur den besser gestellten Angestellten zur Verfügung. Ausserdem gibt es in der Schweiz eine Vorsorgeeinrichtung, wo bis zu 6’000 Franken im Jahr Einzahlungen steuerfrei sind. Auch das gibt es nicht in Deutschland.

– Führen Sie die direkte Demokratie nach Schweizer Vorbild ein und Sie haben die Pegida, die Partei der Unzufriedenen, erfolgreich bekämpft. Warum ist das nicht längst geschehen?

– Um die Haushaltskosten in den Griff zu bekommen, könnten Sie ein Milizsystem wie in der Schweiz einführen, dass die Bundestagsabgeordneten viermal im Jahre zu einer Session zusammenkommen und ansonsten ihrer Berufstätigkeit nachgehen. Ganzjährige Bundestagsabgeordnete wären so überflüssig. Auch die kostspieligen „Diäten“ sind zu überprüfen.

Wenn Sie das hinkriegen, wäre die EU allenfalls auch eine Option für die Schweiz, die nach wie vor an den geschätzten bilateralen Verträgen mit der EU festhält.
Hier wäre noch ein Coup, der die Parteienlandschaft nachhaltig verändern würde. Wechseln Sie in die SPD, Frau Merkel, gemeinsam mit der SPD könnten Sie die demokratischen Kräfte stärken und die Gegensätze nachhaltig aufbrechen. Zeigen Sie den CDU/CSU-Machos, wo der Hammer hängt. Was wären die ohne Sie?

Ingrid Isermann

 

 

Wir gratulieren Jacqueline Crevoisier, Schweizerin in Amsterdam, zum Europäischer Übersetzerpreis Offenburg 2016, der 2005 von der Stadt Offenburg und der Hubert Burda Stiftung ins Leben gerufen wurde, um Literaturübersetzungen zu würdigen. Der Preis, alle zwei Jahre verliehen, dient dem Abbau kultureller Barrieren und unterstützt den literarischen Austausch im Zeichen der europäischen Einigung nach dem Motto: «Wenn wir aufhören, uns zu übersetzen, hören wir auf uns zu verstehen, und dann hören wir auf, miteinander zu leben». Karl Dedecius. Aus der Begründung der Findungskommission für den Preis: «… erstmalig in diesem Jahr vergibt die Stadt Offenburg für eine aussergewöhnliche Entdeckung in der Übersetzerszene den Entdeckerpreis. Er geht an Jacqueline Crevoisier, der mit der Übersetzung von «Plattwalzer» des niederländischen Autors und Zeichners Marten Toonder ihrerseits eine Entdeckung gelungen ist. Der Preis wird auch wegen Brillanz der Übersetzung und des Durchhaltevermögens, sich im Alleingang für den Autor einzusetzen verliehen». Die Preisverleihung findet Sonntag, 24. April in Offenbur statt. Samstag, 23. April deutsch-niederländischer Literaturabend, Moderation Prof. Friso Wielenga (Uni Münster). «Plattwalzer» ist als Rezension im Archiv von Literatur & Kunst abrufbar.

 

 

Was können Sie im Februar auf Literatur & Kunst entdecken?

Thomas de Padova erzählt, spannend wie ein Krimi!, die Entstehungsgeschichte von Einsteins Relativitätstheorie «Allein gegen die Schwerkraft». Hanser Verlag, 2015. Über den Begriff Zeit ist schon viel gerätselt worden. Rüdiger Safranski, bekannt aus dem Schweizer Literaturclub, untersucht in seinem neuen Buch «ZEIT», was sie mit uns macht und was wir aus ihr machen. Faszinierend! Hanser Verlag, 2015. Er war ein grosser Staatsmann, der auch in hohem Alter noch um Rat gefragt wurde: Helmut Schmidt und seine Vaterstadt Hamburg. Biographie von Uwe Bahlsen, Wachholtz, 2015.

 

Hannah Arendt, Theoretikerin und Philosophin, prägte den Begriff der «Banalität des Bösen» und wurde damit berühmt. Nicht bekannt war, dass sie auch Gedichte schrieb. Wir stellen sie Ihnen hier vor: «Ich selbst, auch ich tanze». Piper Verlag, 2015. Zweimal Hannah Arendt: «Sokrates. Apologie der Pluralität» von Hannah Arendt ist 2016 im Verlag Matthes & Seitz in der Reihe Fröhliche Wissenschaft erschienen.

 

Die Fondation Beyeler eröffnet das Jahr 2016 mit der ersten Retrospektive in der Schweiz im 21. Jahrhundert, die dem facettenreichen und fantasievollen Werk von Jean Dubuffet gewidmet ist.
Die Ausstellung «Jean Dubuffet – Metamorphosen der Landschaft» läuft vom 31. Januar bis zum 8. Mai 2016 und präsentiert über 100 Werke des französischen Malers und Bildhauers. Ein Bericht von Simon Baur.
Der gebürtige Genfer Camille Graeser (1892 – 1980) gilt als wichtiger Wegbereiter der konstruktiv-konkreten Kunst der Nachkriegszeit. Als Mitglied der «Zürcher Konkreten» zählt er zu den zentralen Sammlungspositionen des Aargauer Kunsthauses. Niklaus Oberholzer war für uns vor Ort.

 

Trapper, Grenzgänger, Cowboys und Revolvermänner kämpfen nicht nur gegen Schurken und Indianer, sondern auch gegen Wind und Wetter, Eis und Schnee in «The Revenant» oder «Hateful Eight». Ein Interview mit David Striesow über seinen Film «Nichts passiert». Und wie immer aktuelle Filmtipps von Rolf Breiner.
Der in Zürich lebende Fotograf Bruno Helbling lancierte ein höchst interessantes Projekt. Er erkundete mit seiner Kamera die Sportstätten der olympischen Austragungsorte Athen (2004), Berlin (1936), Sarajevo (1984), Turin (2006), Peking (2008) und Sotschi (2014). Für jeden Bildteil lud er einen Autor ein, über die entsprechende Olympiade und vor allem über deren Nachwirkung zu schreiben. Ferner: Christian Menn: «Die Brücken», Scheidegger & Spiess, 2015. Rezensionen von Fabrizio Brentini.  L&K-Buchtipp: Der theoretische Architekturklassiker  «Das kunstlose Wort» von Mies van der Rohe, DOM publishers, 2015.

 

 «Mephisto» nach dem Roman von Klaus Mann tanzt drei Stunden lang in der Inszenierung des tschechischen Regisseurs Dušan David Pařízek durch das Schauspielhaus, beklemmend, trotz der Länge nicht langweilig.

 

Kuba boomt! Warum, erfahren Sie in der kurzweiligen Reportage von A bis Z von Rolf Breiner.
Was sind die Bilateralen wert? In der sachlichen Analyse über den Import und Export der Schweizer Wirtschaft gibt es Klartext: «Bilateralismus – was sonst?», Eigenständigkeit trotz Abhängigkeit, NZZ Libero, 2015. Davos – ein Zauberwort: «Davos – zwischen Bergzauber und Zauberberg», Hg. Franco Item, NNZ Libro, 2015.

 
Einer der gescheitesten Köpfe der Literaturszene ist kurz nach seinem 60. Lebensjahr am 7. Februar 2016 unerwartet verstorben. Er konnte blitzschnell interagieren und als Moderator Gespräche führen, die weiterführten, zum Denken anregten, die Menschen mitunter auch aufregten, und die eine Ausnahmeerscheinung waren. Wir trauern um den Literaten Roger Willemsen, der in Erinnerung bleiben wird.

 

 

Dada ist da und da und überall, auch im Kunsthaus Zürich (siehe Banner Frontpage).

 

Wir wünschen Ihnen spannende und entspannende Stunden mit Literatur & Kunst!

 

Herzlich

 

Ihre Ingrid Isermann, Herausgeberin

 

 

 

Editorial