FRONTPAGE

«Truman Capote: Wo die Welt anfängt»

Von Ingrid Isermann

 

 

Es war eine kleine Sensation, als die Herausgeberin Anuschka Roshani im Nachlass von Truman Capote in der New York Public Library in grob geordneten Pappkartons unveröffentlichte Texte fand, die bisher unbeachtet in einer Box «High School Writings» lagen. Die frühesten Geschichten des jungen Capote, die bereits seine Handschrift tragen und den Blick auf den formvollendeten Schriftsteller in neuer, höchst überraschender Weise öffnen. Jede dieser frühesten Geschichten von Truman Capote vermag zu überraschen, zeigen sie doch alle bereits die Handschrift des grossen Stilisten.

 

Seit Truman Capote zehn Jahre alt war, wusste er, dass er Schriftsteller werden wollte, und während seiner Zeit an der High School schulte er sich täglich an seiner Schreibmaschine im Handwerk des Schreibens: «Ich habe mein ganzes Leben lang gewusst, dass ich ein Häufchen Wörter nehmen und in die Luft werfen könnte, und sie würden genau richtig herabfallen». Schon als Kind wurde er als etwas Einzigartiges und Eigenartiges wahrgenommen, hat er all die Widersprüche seiner Persönlichkeit ausgelebt, sein Talent zur Verführung ebenso wie seine Hang zur Masslosigkeit: «Niemand traute seinen Augen, als dieses Wunderkind hereinwirbelte. Er sah ungefähr wie achtzehn aus. Er strahlte und war glücklich. Und vollkommen selbstsicher. Alle wussten, dass jemand Bedeutender die Bühne betreten hatte – besonders Truman selbst».

 

In seinen damals entstandenen Short Storys schuf er sich sein eigenes, fantasievolles Universum, das, anders als man es bei einem Teenager vermuten würde, von Figuren bevölkert ist, die nur wenig mit den Erfahrungen eines Schülers zu tun haben. All diese lebendigen und eigenwilligen Charaktere, die eindringlichen Bilder, die schnörkellos glänzende Sprache und die erzählerische Kraft lassen schon im jungen Truman Capote die ganz besondere Stimme des älteren Capote erkennen, des unvergleichlichen Stilisten mit der erzählerischen Kraft seiner Prosa: Melancholie, Beobachtungsgabe, ein absolutes Gehör für Dialoge und ein glühendes Interesse für Menschen. Neben seinen Kurzgeschichten und Romanen, die ihn berühmt und unvergesslich machten, verfasste Capote für Magazine wie «Esquire» oder den «New Yorker» unzählige Reportagen und Porträts.

 

 

Truman Capote wurde 1924 in New Orleans geboren und wuchs in den Südstaaten der USA in Alabama auf, – seine Spielgefährtin aus Kinderzeiten war die Schriftstellerin Harper Lee -, bis seine Mutter ihn als Achtjährigen zu sich nach New York holte. Mit neunzehn Jahren veröffentlichte er seine erste Kurzgeschichte «Miriam»; für die Erzählung «Die Tür fällt zu» wurde ihm 1948 der «O. Henry Award» verliehen, im selben Jahr erschien sein Roman «Andere Stimmen, andere Räume», der als sensationelles Debüt eines Wunderkindes gefeiert wurde. 1949 folgte die Kurzgeschichtensammlung «Baum der Nacht», 1951 der Südstaaten-Roman «Die Grasharfe». Das 1958 veröffentlichte «Frühstück bei Tiffany» erlangte auch wegen der Verfilmung mit Audrey Hepburn Berühmtheit. 1965 erschien der mehrfach verfilmte Tatsachenroman «Kaltblütig». 1973 «Die Hunde bellen», sein journalistisches Vermächtnis als ein intimes wie berührendes Porträt des zwanzigsten Jahrhunderts, über u.a. Marlon Brando oder Marilyn Monroe. 1980 als letztes Werk «Musik für Chamäleons». 1987 erschien postum und unvollendet «Erhörte Gebete». Das Manuskript von «Sommerdiebe» («Summer Crossing») wurde erst im Jahr 2004 entdeckt.

(«Summer Crossing» wird gegenwärtig von Scarlett Johanson als Regisseurin verfilmt). In einem Auktionskatalog von Sotheby’s wurde ein Pappkarton von Capotes ehemaligem Housesitter aufgeführt. Darin befanden sich auch vier handgeschriebene Schulhefte mit dem 1943 begonnenen, tatsächlichen Debüt: ein Juwel der Weltliteratur. Truman Capote starb 1984 in Los Angeles. Der Verlag Kein & Aber hat alle Werke in Neuauflagen und die Biographie von Gerald Clarke über Truman Capote herausgebracht. www.keinundaber.ch

Die Herausgeberin Anuschka Roshani studierte Verhaltensbiologie und Germanistik in Berlin und besuchte anschliessend die Henri-Nannen-Schule in Hamburg. Danach war sie sieben Jahre lang Redakteurin und Reporterin im Kultur- und Gesellschaftsressort des »Spiegel«. Seit 2002 lebt sie in Zürich, wo sie als Redakteurin für »Das Magazin« des »Tages-Anzeigers« arbeitet.

 

 

Truman Capote

Wo die Welt anfängt
Hg. Anuschka Roshani

Original: The Early Stories of Truman Capote

Aus dem Amerikanischen von Ulrich Blumenbach

Hardcover
, Format: 11,6 x 18,5 cm , 160 Seiten

CHF 29.80

ISBN 978-3-0369-5731-9

 

 

LESEPROBE

 

MISS BELLE RANKIN

Ich war acht, als ich Miss Belle Rankin das erste Mal sah. Es war ein heißer Augusttag. Die Sonne sank schon am scharlachrot gestreiften Himmel, und die Hitze stieg trocken und pulsierend vom Erdboden auf. Ich saß auf den Stufen der Vorderveranda, sah eine Negerin auf mich zukommen und fragte mich, wie sie bloß ein so großes Wäschebündel auf dem Kopf balancieren konnte. Sie blieb stehen und beantwortete meinen Gruß mit einem Lachen, diesem dunklen, gedehnten Negerlachen. Da kam Miss Belle langsam auf der anderen Straßenseite vorbei. Als die Waschfrau sie sah, schien sie zu erschrecken, unterbrach sich mitten im Satz und eilte wieder auf ihr Ziel zu. Stirnrunzelnd starrte ich die unbekannte Passantin an, die ein so seltsames Verhalten auslösen konnte. Sie war klein und ganz in Schwarz, staubig und mit wirrem Haar – sie sah unglaublich alt und verhutzelt aus. Dünne graue Strähnen hingen ihr in die schweißfeuchte Stirn. Sie ging mit gesenktem Kopf und starrte auf den ungepflasterten Gehweg, als suchte sie etwas, das sie verloren hatte. Ein alter englischer Pinscher folgte ziellos im Kielwasser seines Frauchens. Später sah ich sie noch oft, aber dieses erste, fast traumartige Bild wird mir immer am deutlichsten vor Augen stehen – Miss Belle, die lautlos die Straße hinabgeht, rote Staubwölkchen steigen um ihre Füße auf, und sie verschwindet in der Abenddämmerung. Einige Jahre darauf saß ich in Mr. Joab’s Drugstore an der Ecke und nippte an einem von Mr. Joab’s speziellen Milkshakes. Ich saß am einen Ende des Tresens, und am anderen saßen zwei stadtbekannte Drugstore-Cowboys und ein Fremder. Der Fremde hatte ein weit respektableres Äußeres als die meisten Leute, die Mr. Joab’s frequentierten. Meine Aufmerksamkeit erregte aber das, was er mit leiser und heiserer Stimme sagte. »Jungs, kennt einer von euch jemanden in der Gegend, der schöne Japanische Zierquitten zu verkaufen hat? Ich suche die für eine Frau aus dem Osten, die sich drüben in Natchez eine Wohnung ausstattet.« Die beiden Jungen sahen sich an, und dann sagte der eine, der fett war, Glupschaugen hatte und sich gern über mich lustig machte: »Also, ich sag Ihnen mal was, Mister, die Einzige, die ich hier in der Gegend kenne, die echt schnieke hat, ist eine schrullige alte Schachtel, Miss Belle Rankin – die wohnt einen knappen Kilometer von hier in einem echt schrägen Haus. Das ist alt und runtergekommen, noch von vorm Bürgerkrieg. Wirklich schrullig, wohlgemerkt, aber wenn Sie Zierquitten suchen, hat sie die besten, die ich je vor die Guckerchen gekriegt hab.« »Genau«, meldete sich der andere zu Wort, der blonde und verpickelte Handlanger des Fettsacks, »die vertickt sie Ihnen unter Garantie. Soweit ich weiß, ist die da draußen am Verhungern – hat nichts mehr als einen alten Nigger, der auch da wohnt und auf dem Grasfleck rumhackt, den sie Garten nennen. Ich hab neulich erst gehört, sie soll in den Jitney Jungle Market reinmarschiert sein, sich das ganze angegammelte Gemüse rausgeklaubt und Olie Peterson überredet haben, dass er ihr das für lau lässt. Die schrulligste Schleiereule, die Sie je gesehen haben – bei schlechter Beleuchtung sieht die glatt nach hundert aus. Die Nigger haben richtig Schiss vor der –« Der Fremde unterbrach den Informationssturzbach des Jungen und fragte: »Und du meinst, sie verkauft die?« »Todsicher«, sagte der Fettsack und verzog das Gesicht zu einem wissenden Grinsen. Der Mann bedankte sich und wollte schon gehen, drehte sich dann aber noch einmal um und fragte: »Habt ihr Lust, mitzufahren und mir das Haus zu zeigen? Ich bring euch auch wieder zurück.« Das ließen sich die beiden Tagediebe nicht zweimal sagen. Die Sorte ließ sich immer gern in Autos sehen und erst recht mit Fremden; das machte den Eindruck, sie hätten Verbindungen, und brachte unweigerlich Zigaretten mit sich.

 

 

 

«Harper Lee und Truman Capote»

 

Die Freundschaft zwischen der Pulitzerpreisträgerin Nelle Harper Lee (1926-2016) und dem Skandalautor Truman Capote (1924–1984) ist die legendäre Geschichte zweier Nachbarskinder, die jahrelang in Nelles Baumhaus gemeinsam von der großen Schriftstellerkarriere träumten.

 

Als beide plötzlich Weltruhm erlangten, entfremdeten sie sich zunehmend und brachen schliesslich gänzlich miteinander. Alexandra Lavizzari begibt sich auf die spannende Suche nach den bis heute wegweisenden Spuren in der Weltliteratur, die diese fragile Freundschaft hinterlassen hat.

Von Harper Lee erschien im DVA-Verlag, München 2015 der Vorläufer des Südstaaten-Klassikers Wer die Nachtigall stört, «Gehe hin, stelle einen Wächter».

 

Alexandra Lavizzari
Harper Lee und Truman Capote
Eine Freundschaft
Biografie
Fadenheftung, Halbleinen
144 S., 12 x 19 cm
16,80 € (D)
ISBN 978-3-86915-124-3

 

 «Martin R. Dean: Verbeugung vor Spiegeln»

 

In einer Zeit, da Europa von Flüchtlingswellen überrollt wird, die die Angst vor dem Fremden visualisieren wie die bedrohlichen Bilder der überfüllten Flüchtlingsboote, ist das Thema des Fremden und des Eigenen auch in der Tagespolitik brandaktuell. Martin R. Dean entwickelt aus eigener Herkunft mit einem Vater aus Trinidad indischer Herkunft und einer schweizerischen Mutter poetologische Reflexionen seiner kulturkritischen Essays.


Seinen Essayband «Verbeugung vor Spiegeln» beginnt Dean mit dem lakonischen Satz: «Das Fremde ist am Verschwinden». Wie das? Das Fremde ist überall um uns herum, seit geraumer Zeit auch als terroristische Anschläge der islamistischen Gruppen der Salafisten und des IS gegenwärtig.

Dean erwidert nun, dass Ausgrenzung und Einebnung aller Fremdheit das Dilemma geradezu provozieren, das die Begegnung mit dem andersartigen Fremden ausgelöst hatte. Denn das Fremde, das ‚Kapital der Moderne‘, drohe in den Prozessen der Globalisierung und der gleichzeitigen Abwehr des Fremdartigen zu verschwinden. Auch dem Reisenden ist heute die Fremde nicht mehr richtig fremd. Reisen bedeutet oft nicht mehr als Auszeit von der Arbeit. Selbst die Fremdheit zwischen den Geschlechtern werde an den Partnerbörsen eingeebnet.

 

Was entsteht, wenn unser Bewusstsein unter dem Begriff ‚Heimat‘ nur noch Bekanntes wiederkäut? Dabei scheint das Wagnis der Differenz wider die Verfügbarkeit verloren zu gehen. Die Austreibung des Fremden, schreibt Dean, bewirke nicht mehr Vertrautheit und Gerechtigkeit, sie beraube uns im Gegenteil unserer Fähigkeit zur Toleranz und somit einer Dimension der Erfahrung, wenn uns das Staunen vor dem Anderen verzaubert. Dass wir das Fremde im Eigenen als Spiegel des anderen brauchen,  ist die Synthese zur Antithese des Fremden schlechthin.

 

Darüber berichtet Dean in seinen fein ziselierten Essays, die Kleinode der Aufmerksamkeit gegenüber dem Anderen darstellen. Sei es die Entdeckung der Gärten, wie des Jardin du Luxembourg in Paris, wo seine ersten Prosatexte entstanden, oder die ‚Metropolen und das Rätsel der Sehnsucht‘, oder Erfahrungen anderer Autoren wie Elias Canettis zauberhafte «Stimmen aus Marrakesch» oder Rilkes Allianz zwischen Wort und Körper, zwischen kränkelnden Autoren und der Literatur als heilendes Gesundheitsverfahren. Auch Thomas Mann hatte die multikulturelle Geografie in seinen Körper aufgenommen. Manns Mutter stammte aus dem fernen Paraty in Brasilien, sein Vater aus dem bürgerlichen nördlichen Lübeck. Es war vielleicht sie, die Halbbrasilianerin Julia da Silva-Bruhns, die den Keim der Weltläufigkeit in seine Existenz legte und die Thomas Mann zu einem der ersten modernen Weltbürger deutscher Zunge machte. Dean verbeugt sich vor den Spiegeln, die ein Bild zurückwerfen, in dem man sich selbst begegnen und erkennen kann: Identität ist nichts anderes als ein Echoraum, in dem Eigenes mit Fremdem korrespondiert und das Eine ins Andere hinüberspielt.

 

 

Martin R. Dean wurde 1955 in Menziken/AG als Sohn eines aus Trinidad stammenden Arztes indischer Herkunft und einer Schweizerin geboren. Nach dem Maturaabschluss studierte er an der Universität Basel Germanistik, Philosophie und Ethnologie. Nach dem Studienabschluss 1986 arbeitete Dean als Schriftsteller, Journalist und Essayist in Basel. Von 1990 bis 1998 unterrichtete er an der Schule für Gestaltung Basel, ab 1999 am Gymnasium Muttenz (BL). Seit 2009 hat Dean einen Lehrauftrag am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel. Martin R. Dean wurde 1994 mit dem Gesamtwerkpreis der Schweizerischen Schillerstiftung ausgezeichnet. Sein Buch «Verbeugung vor Spiegeln» stand auf der Shortlist des Schweizer Buchpreises 2015. Er lebt zusammen mit seiner Frau und seiner Tochter in Basel. Zuletzt erschienen «Ein Koffer voller Wünsche» (2011), «Falsches Quartett» (2014).

 

 

Martin Dean

Verbeugung vor Spiegeln

Über das Eigene und das Fremde

Kein & Aber Zürich 2015

104 Seiten, geb.,

CHF 22,50, € 15,90

ISBN 978-3-99027-069-1

Auch als e-Book erhältlich

 

 

 

 «Navid Kermani: Ungläubiges Staunen über das Christentum»

 

Wir haben das Staunen verlernt. Die Kirchen sind leer, die Gottesdienste nur zu den Festtagen besucht. Was passiert, wenn sich ein Muslim und einer der bekanntesten deutschen Schriftsteller meditativ in die christliche Bilderwelt versenkt?

 

Navid Kermani erlebt staunend eine Religion voller Opfer und Klage, Liebe und Wunder, unvernünftig, irrational und abgründig, zutiefst menschlich und göttlich: ein Christentum, von dem Christen selbst in dieser Ernsthaftigkeit, Kühnheit, Entschlossenheit und auch Begeisterung nur noch selten sprechen.
 Es ist ein Wagnis des offenen Herzens: mit einer kindlichen Neugier steht Navid Kermani vor den grossen und vor unbekannten Werken der christlichen Kunst.

 

Dieses Buch ist ein Geschenk, denn seine berückend geschriebenen Meditationen geben dem Christentum den Schrecken und die Schönheit zurück. Kermani hadert mit dem Kreuz, verliebt sich in den Blick der Maria, erlebt die orthodoxe Messe und ermisst die Grösse des heiligen Franziskus. Er postuliert, in den Bildern alter Meister von Botticelli, Caravaggio oder Rembrandt auch die Fragen unserer heutigen Existenz mit klarem Blick für die wesentlichen Details zu erkennen und die untergründigen Bezüge auch zu entfernt scheinenden Welten, zur deutschen Literatur, zum mystischen Islam und selbst zur modernen Heilgymnastik zu entdecken. Seine poetische Schule des Sehens macht süchtig, nach diesem speziellen erkennenden Blick auf das Christentum und sehnsüchtig, selbst so sehen zu können.

 

Angeregt wurde das Buch übrigens durch eine Anfrage der Neuen Zürcher Zeitung, einen Beitrag für die Serie «Bildansichten» zu schreiben, bevor Kermani 2008 ein Jahr in die Villa Massimo nach Rom zog.  So entstand «Ungläubiges Staunen» nach den Frankfurter Poetikvorlesungen «Über den Zufall» und dem Reportageband «Ausnahmezustand» das dritte Werk, das aus der Materialsammlung «Dein Name» hervorging.

 

SENDUNG

 

Als Jugendlicher träumte ich öfters, Jesus erschiene heute, hier in Köln, am Bahnhof oder bei H & M, und sah jedesmal einen Freak, der auf der Strasse lebte oder ein übriggebliebener Hippie mit langen, ungepflegten Haaren sein konnte, Hemd und Hose aus bunten Lumpen und an den nackten Füssen selbst im Winter jene Latschen, die schliesslich seinen Namen tragen. Ein Sonderling, durchgeknallt, warnte er in einer Fussgängerzone vorm Weltende oder war ein politischer Aufrührer, aus Sicht seiner Mitmenschen ein Fanatiker, obwohl friedlich und also harmlos, lächerlich mehr als gefährlich. Ich nehme an, dass solche Träume mehr über meine Zeit erzählen als über Jesus, sind sie doch Wunsch – oder Zerrbild jener uniformen Nonkonformität, die mich im Westen Deutschlands politisch sozialisierte. So gut wie für einen Penner hätte man Jesus, von dem ich träumte, für ein Gründungsmitglied der Grünen halten können. (Ausschnitt).
Navid Kermani

 

Navid Kermani, * 27. November 1967 in Siegen, ist ein deutsch-iranischer Schriftsteller, Publizist und habilitierter Orientalist. Navid Kermani lebt als freier Schriftsteller als Sohn einer aus dem Iran eingewanderten Familie mit seiner Frau und zwei Töchtern in Köln. Für seine Romane und Essays erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, u.a. den Kleist-Preis, den Hannah-Arendt-Preis und den Joseph-Breitbach-Preis. Im Verlag C.H.Beck erschienen zuletzt «Ausnahmezustand» (Paperback 2015) sowie «Zwischen Koran und Kafka» (2. Auflage 2015). 2015 wurde er ihm der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen.

 

 

Navid Kermani
Ungläubiges Staunen
Über das Christentum
C.H. Beck Verlag, München
6. Auflage 2015. 303 S., geb.
mit 49 farbigen Abbildungen.
Auch als E-Book lieferbar.

CHF 35.90. € 24,95.
CHF 22. (eBook).

 

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