FRONTPAGE

«Lyrik aus Island»

Von Ingrid Isermann

Das Land der Wikinger und Gletscher, der rauhen Natur und strengen Winter offenbart in seiner Lyrik auch eine eindrucksvolle poetische Seite. In dieser Anthologie wird erstmals die ganze Bandbreite der isländischen Lyrik in deutscher Sprache zugänglich. Neben den weltberühmten Versen der Edda findet man auch Gedichte vieler bekannter Autoren wie Halldór Laxness, Steinunn Sigurðardóttir, Gyrðir Elíasson, Andri Snær Magnason und Sjón. Und mit Steinar Bragi und Eiríkur Örn Norðdahl präsentiert die Sammlung auch die jüngsten Stimmen moderner isländischer Dichtung. Island ist Gast auf der Frankfurter Buchmesse 2011.

 

Die vielseitige Lyrik-Anthologie präsentiert in sechs Kapiteln über hundert Gedichte von fast siebzig isländischen Dichtern, die die lyrische Landschaft und dichterische Tradition der Atlantik-Insel entscheidend geprägt haben. Erstmals wird die ganze Bandbreite der isländischen Lyrik in deutscher Sprache zugänglich: neben den weltberühmten Versen der Edda wurden Gedichte vieler bekannter Dichter wie Halldór Laxness, Steinunn Sigurðardóttir, Gyrðir Elíasson, Andri Snær Magnason und Sjón in die Anthologie aufgenommen und präsentiert auch die jüngsten Stimmen moderner isländischer Dichtung.

 

Um 1200, als das Nibelungenlied geschrieben wurde, begann man auch auf Island, Lieder über heidnische Götter und germanische Helden aufzuzeichnen. Die grösste Sammlung altnordischer Lieder ist die Edda, die in der Pergaments-handschrift Codex Regius erhalten ist. Insgesamt sind 31 Götter- und Heldenlieder überliefert, die vermutlich um das Jahr 1270 entstanden sind.

 

Island ist mit rund 103.000 km2 (Landfläche: 100.250 km2, Wasserfläche: 2750 km2, mit Fischereizone 758.000 km2) – nach dem Vereinigten Königreich – der flächenmäßig zweitgrößte Inselstaat Europas mit etwa 320.00 Einwohnern. Die im Nordatlantik liegende Hauptinsel ist die größte Vulkaninsel der Erde und befindet sich knapp südlich des nördlichen Polarkreises. Erst 1944 endete die Personalunion Islands mit Dänemark. Island wurde eine Republik und nach dem Zweiten Weltkrieg verliessen die fremden Streitkräfte offiziell das Land. Die Amerikaner errichteten 1951 einen dauerhaften Militärstützpunkt auf Island.

 

 

Dagur Sigurdarson

 

Elemente

 

Du und ich

wir sind die Elemente

Ich sass zu deinen Füssen

Die Zigarette

steif zwischen den Fingern war ein

Leuchtturm,

und ich ein Seeungeheuer

 

Die Decke war ein Gletscher

Die Falten waren Schluchten und Spalten

Du warst das ewige Feuer

Unter dem Gletschereis

 

Wir waren die Elemente

Eine Weile sass ich still

Die Glut der Zigarette hüllte sich in Asche,

Schnee fiel ans Fenster des Leuchtturms.

 

Ein schneller Wetterumschwung:

Die See drängte an Land

 

Du und ich

Wir sind die Elemente

 

Dagur Sigurdarson

(1937-1994), geboren in Reykjavik,

war Übersetzer und Künstler. Er

veröffentlichte 14 Gedichtbände.

 

 

 

Kristin Svava Tomasdottir

 

scheiss drauf, gehen wir zu mir

diskutier mit mir die Weltpolitik, mein Schatz

drücke meine Hand fest zur Kernenergie

spann deine Oberarmmuskeln zu fernen Kriegshandlungen

 

beiss dir gedankenverloren in die Lippe,

Intelligenz ist so sexy

komm morgen mit mir auf die Demo

obwohl es mir eigentlich längst egal ist

was auf dem Schild steht,

solange du es trägst.

 

In diesen Tagen rufe ich aggressive Parolen

aus purer Freude

(es ist unwiderstehlich, wie sehr du dich

um fremde Pärchen und Kurzschnabelgänse

kümmerst).

 

Doch ich bin kein Idealist

Liebe ist grausam und ich egoistisch

wenn ich wie eine Klette an dir hänge

Liebe ist die Bindung zu einem einzigen

Menschen

unbarmherzig gegenüber dem

Schicksal anderer

lassen wir andere Pärchen jammern

und verenden

 

während ich hier mit dem Schild stehe

und mir vor Glück die Kehle heiser schreie

 

 

Kristin Svava Tomasdottir

1985 in Reykjavik geboren, studiert Geschichtswissenschaften und arbeitet als Bibliothekarin. Sie veröffentlichte Gedichte in Zeitschriften und Zeitungen. Ihr erster Gedichtband erschien 2007.

 

 

Isländische Lyrik

Herausgegeben von Silja Aðalsteinsdóttir, Jón Bjarni Atlason und Björn Kozempelit 4054. 223 Seiten

€ 8,95 (D) / € 9,20 (A) / CHF 14.90

ISBN 978-3-458-35754-4

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