FRONTPAGE

«Logbuch: KI, Virtual Reality oder Alles eine Frage der Relativität?»

Von Ingrid Isermann

 

Eine Publikation in eigener Sache: Das Logbuch enthält Gedichte, Visuelle Poesie sowie den Prosatext Weltenflimmern, ein Stück Zeitgeschichte in Fragmenten, Episoden und Reminiszenzen. Vorzugsausgabe mit Original-Lithographie der Steindruckerei Thomi Wolfensberger.

Wohin navigiert unsere Gesellschaft und was würde Albert Einstein heute zu seiner Relativitätstheorie sagen, auf dessen Prinzip sich unsere Handys abstützen, wo die Quantenphysik mit künstlicher Intelligenz vor der nächsten Evolution steht? Menschen reden mit der KI Chatbot. Biologen tüfteln an Xenobots. Was ist Fiktion, was Zukunft? Wird der Mensch zum Update-Objekt? Sam Altman, Gründer der KI Open AI verkündete kürzlich, dass Künstliche Intelligenz so gefährlich sei wie Atomwaffen.

 

VISUELLE POESIE: CHAOS & KOSMOS / WHO CARES 
 
Die Visuelle Poesie versetzt die Sprache in ein ästhetisches Spannungsfeld an der Schnittstelle zwischen Literatur und bildender Kunst in den Ausdrucksformen Typografie, Collage und Kunstdruck. Konstruktive Gedichte ergänzen die Bandbreite und schaffen eine gemeinsame Basis der Worte als Textbild.

 

Blau

 

Vom Weltraum aus betrachtet
ist unsere Erde eine Côte d’Azur.
Der blaue Planet: die göttliche Frage.
Blau verheisst Tiefe und Unendlichkeit.
Blau, das heisst: 440 bis 485 Nanometer
Lichtwellenlänge. Blau wie die Blaubeere.
Blau wie das Meer. Eine Farbe wie ein
Traum. Beschützt vor gefährlichen
Strahlen von einer gasförmigen
Hülle mit Sauerstoff, Stickstoff
Kohlenstoffdioxid,
die uns Luft
zum Atmen
gibt.

 

 

Was ist ein Mensch?

 

Ein Versuch?
Eine Versuchung?
Ein Versprechen?
Ein Experiment?
Ein Paradoxon?
Eine Behauptung im Morgengrauen?
Eine Expedition ins Ungewisse?
Co-operation mit der Umwelt?
Wohin soll die Reise gehen?

 

 

 

Ost-westlicher Diwan

 

In einer TV-Religionssendung sprach

eine Muslimin über ihre Spiritualität:

«Allah ist das Allmächtige, alles, was ist,

um uns herum, wie der Tisch, Sie und ich,

sind auch Allah». Mystik? Magie?

Quantenphysik? Oder der Glaube an

eine höhere Macht, an Gott, an den

Himmel, an Engel? Wir sind Sternenstaub

und suchen das Paradies. Die Weisen sagen,

erkenne dich selbst.

 

 

alle wissen alle wissen
alle wissen immer alles
immer alles wissen alle
wissen alle immer alles
immer alles müssen alle
müssen alle immer alles
immer alles wissen alles
wissen alle immer alles

 

 

Buchvernissage Logbuch mit Original-Lithographien Atelier Thomi Wolfensberger
Freitag, den 15. September 2023, 18-21 Uhr mit Apéro
Eglistrasse 8, 8004 Zürich (Bus 31, 33, 72 bis Hardplatz, Tram 8 bis Hardplatz)
www.wolfensberger-ag.ch

 

 

Lesung ZÜRICH LIEST, Atelier für Kunst und Philosophie
Sonntag, den 29.Oktober 2013, Matinée 11 Uhr. Eintritt CHF 20 mit Apéro
Albisriederstrasse 162, 8003 Zürich (Tram 3, Hubertus)
www.kunstundphilosophie.ch

 

Ingrid Isermann, geboren 1943 in Hamburg, lebt und arbeitet als Kulturjournalistin und Lyrikerin seit 1964 in Zürich; inzwischen Schweizer Bürgerin, zwei Kinder (1975/1978). Diverse Ausstellungen mit Visueller Poesie; Ankäufe von Universitäts-Bibliotheken im In- und Ausland. Werke in Sammlungen Museum für Gestaltung; Museum Haus Konstruktiv, Zürich. Seit 2011 Herausgeberin des Webkulturmagazins Literatur & Kunst. Publikationen, u.a. «Die Anatomie der Worte», Visuelle Konkrete Poesie, Prosa, Poems. Vorwort Eugen Gomringer, Britta Schröder. Wolfsberg Verlag, Zürich, 2014. «Engadin – dem Himmel so nah. Auf den Spuren von Giacometti, Segantini und Nietzsche». Texte, Gedichte, Fotos. Somedia-Buchverlag, Glarus 2017, 2. Auflage 2021.

https://www.hauskonstruktiv.ch/kunstler/ingrid-isermann
www.emuseum.ch www.ingrid-isermann.blogspot.com

 

 

Ingrid Isermann
Logbuch Chaos & Kosmos
Gedichte, Visuelle Poesie, Prosa.
Anhang von Prof. Dr. Gottfried Schatz
Wolfsberg Verlag, Zürich 2023
Taschenbuch, Softcover mit Doppelumschlag, Fadenheftung,
7 Abbildungen Visuelle Poesie 4-farbig,
52 S., CHF/€ 22.
Vorzugsausgabe mit Lithographie CHF 350.
ISBN 978-3-85997-663-4

 

 

 

«Neue Gedichte von Arne Rautenberg: sekundenfrühling»

 
Im Nachwort zum Gedichtband schreibt Durs Grünbein, dass die Gedichte von Arne Rautenberg ihm wie Wundertüten erschienen, aus denen Überraschendes rieselt, die neugierig machen, die Gedichte zu entdecken.

 

Visuelle Bildgedichte haben etwas Erfrischendes, wie wenn man die Welt gerade neu für sich entdeckt, sie flattern umher wie Vögel im Winde, haben nichts Statisches an sich und verlocken dazu, ihnen auf Schmettlingsflügeln zu folgen. Eine Leichtigkeit ist da im Spiel, die sich sonst im Alltag so schwer finden lässt. Aber in den Gedichten geht es auch um anderes, um Verluste und das Sterben der Mutter, die Natur und das Mysterium des Lebens, des Lebendigen an und für sich. Das Ostseeklima und das Meer sind prägende und durchscheinende Elemente, die die Herkunft in den verschiedenen Konstellationen vibrierend sichtbar machen.

 

sekundenfrühling

 

den wellenschlag im ohr
verfolgst die inlandspur auf deinem weg
verlassen schlägt die see?
vermiss sie

und regen peitscht durch luft
dein mantel wird noch lange trocknen müssen
die ewige nässe?
ja diss sie

der fahle sonnenschein
zieht lau in loden ein im schattenreich
liegt eine insel schnee?
verpiss sie

ein winterschneeball treibt
dir schirmrispig schon blüten aus du riechst
hast du eine idee?
vergiss sie

 

bad writing (nach peter saul)

 

ohrensessel götterspeise
hackebeil und fadenkreuz
colaflasche blutkonserve
micky mouse und hakenkreuz
lederhosen distelblüte
hängebauch und gipfelkreuz
bierexzesse schwarze katze
würfelglück und rotes kreuz
birkenwälder hutausbrüche
blonder zopf und grabeskreuz

 

 

zoom in

 

zwischen bibliotheken eloquentes geschnatter
zwischen bücherregalen buntes konfettigeflatter
zwischen den büchern eine stürzende bronze
zwischen den seiten ein rest contenance
zwishen den zeilen teilweise zweiheit
zwischen den wörtern keimende
geilheit zwischen buchstaben
die totale zerstörung
in weisser stille eine
beschwörung

 

 

Arne Rautenberg lebt und arbeitet in seiner Geburtsstadt Kiel, studierte hier Kunstgeschichte, Neuere Deutsche Literaturwissenschaft und Volkskunde. Von 2006 bis 2020 war er Lehrbeauftragter an der Muthesius Kunsthochschule Kiel. 2017 wurde Rautenberg in die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung gewählt, 2018 in die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendliteratur. Er veröffentlichte Gedichte in zahlreichen Anthologien und Zeitschriften. Rautenberg arbeitet im bildkünstlerischen Bereich an Collagen und grossflächigen Schriftinstallationen in Räumen, die in Ausstellungen im In- und Ausland gezeigt wurden.

 

 

Arne Rautenberg
Gedichte
Mit einem Nachwort von Durs Grünbein
Wunderhorn Verlag, 2023
Geb., 95 S., CHF/€ 22.
ISBN 9783884236994

 

 

 

«O Stern und Blume, Geist und Kleid – Blumengedichte von Leonardo da Vinci bis Ernst Jandl»

 

«O Stern und Blume, Geist und Kleid, / Lieb, Leid und Zeit und Ewigkeit!» Der Dichter Clemens Brentano fasst in zwei Zeilen zusammen, wofür die Blume als Metapher und universell gültiges Sinnbild seit Jahrhunderten steht: für Werden und Vergehen, für den Rausch der Schönheit und die Macht der Gefühle, letztlich für alle Stationen des menschlichen Lebens von der Geburt bis zum Tod. So haben es die Dichter aller Zeiten in Versen, Sinnsprüchen und Prosatexten immer wieder beschworen.

 

Die umfangreiche Publikation beinhaltet 75 Blumenbilder aus fünf Jahrhunderten und Gedichte von Blumen, Bäumen, Gras und Gärten. Die Pfingstrose beispielsweise, Paenia mit ihrem botanischen Namen, erscheint in dieser fulminanten Sammlung auf zwei Seiten als Aquarell von Albrecht Dürer und in einem Gedicht von Walter Höllerer.

Im alten China ist sie ein Symbol für Reichtum und Ehre, gilt aber auch wegen ihrer zinnoberroten Farbe als Droge für die Unsterblichkeit der Seele. Wirft man einen Blick auf die Rosen, so sehen wir von Manets Aquarell über Tina Modottis und Edward Steichens Photographien bis zu Robert Mapplethorpe immer wieder Rosen unangetastet in ihrer Gestalt, in verschiedenen Stimmungen und Farben aus immer wieder neuen Blickwinkeln.
Georgia O’Keeffes gemalte schwarzstämmige und schwarz umrandete Bäume etwa sind immer noch als solche zu erkennen. Als dramaturgisch aufflammende Farben in Blumengestalt erscheinen Emil Noldes Schwertlinien und Mohn. Melancholisch steht Hanne Darbovens Alpenveilchen in seinem nur halb gemalten Topf. Cy Twomblys Blumen stehen dem photographierten Blumenreigen nicht allzu fern.

 

Zur photographierten schwarzen Rose von Nick Knight steht das Gedicht:
 
INGEBORG BACHMANN
 
Schatten Rosen Schatten
Aus: Anrufung des Grossen Bären
1956
 
Unter einem fremden Himmel
Schatten Rosen
Schatten
auf einer fremden Erde
zwischen Rosen und Schatten
in einem fremden Wasser
mein Schatten
 
Zur photographierten Tulpe von Robert Mapplethorpe steht das Gedicht:
 
PAUL CELAN
Blume aus: Sprachgitter
1961
 
Der Stein.
Der Stein in der Luft, dem ich folgte.
Dein Aug, so blind wie der Stein

Wir waren
Hände,
wir schöpften die Finsternis leer, wir fanden
das Wort, das den Sommer heraufkam:
Blume.

Blume – ein Blindenwort.
Dein Aug und mein Aug:
sie sorgen
für Wasser.

Wachstum.
Herzwand um Herzwand
blättert hinzu.

Ein Wort noch, wie dies, und die Hämmer
schwingen im Freien.

 

 

Hrsg. Marianne Schneider und Lothar Schirmer
O Stern und Blume, Geist und Kleid…
75 Blumenbilder und Gedichte
Geb., 184 S., 75 Tafeln in Farbe und Duotone
CHF 34.30. € 29.80. € (Ö) 30.70.
ISBN 978-3-8296-0993-7

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