FRONTPAGE

«19. Zurich Film Festival 2023: Star-Gast Diane Kruger erhält Goldenes Auge»

 

 

Das Zurich Film Festival ehrt die vielseitige Schauspielerin mit dem Goldenen Auge. Diane Kruger wird den Preis am 2. Oktober persönlich entgegennehmen und ihren neuen Film VISIONS von Yann Gozlan als internationale Premiere vorstellen.

Diane Kruger gehört zu den angesagtesten Schauspielerinnen unserer Zeit und hat mit Regie-Legenden wie Quentin Tarantino, Wolfgang Peterson, Robert Zemeckis, Fatih Akin, Neil Jordan, Agnieszka Holland, Benoît Jacquot oder Bille August Akin zusammengearbeitet. Kruger wird am 19. Zurich Film Festival als Stargast erwartet und für ihre schauspielerische Leistung und ihre mutige Rollenwahl mit einem Goldenen Auge ausgezeichnet.
«Ich möchte mich beim Zurich Film Festival für diesen wundervollen Preis bedanken. Ich bin stolz und fühle mich geehrt eine Auszeichnung zu erhalten, die vor mir schon beeindruckende Persönlichkeiten entgegengenommen haben. Ich freue mich darauf, nach Zürich zurückzukehren und mit euch im Oktober diese Anerkennung zu feiern!», sagt Diane Kruger.
Zu früheren Preisträgern und Preisträgerinnen zählen unter anderem Eddie Redmayne, Iris Berben, Kristen Stewart, Jake Gyllenhaal, John Malkovich, Helen Hunt und Olivia Colman.

 

Eine der vielseitigsten Charakterdarstellerinnen des Kinos
«Diane Kruger ist eine der vielseitigsten Charakter-darstellerinnen des Kinos, die stets ganz in ihren Rollen aufgeht und ihren Figuren Tiefe verleihen mag», erklärt Christian Jungen, Artistic Director des ZFF. «Sie hat ein starkes Charisma und vermag das Publikum mit ihrer unwiderstehlichen, oft etwas enigmatischen Aura in den Bann zu ziehen. Wie einst ihr Vorbild Romy Schneider vermochte sie sich in Frankreich, dem Mutterland des Autorenkinos durchzusetzen wo sie mittlerweile als ‘eigener’ Star gilt. Aber auch in Hollywood sorgte sie in Blockbustern wie «Troy» oder «Inglorious Basterds» für Furore. Daher freuen wir uns sehr, sie wieder in Zürich begrüssen zu dürfen und sie für ihre Verdienste ums Kino mit dem Goldenen Auge auszuzeichnen». Kruger wird in Zürich ihren neuen Film «Visions» vorstellen, der am Festival seine internationale Premiere feiern wird. In dem Thriller des französischen Regisseurs Yann Gozlan verkörpert sie eine verheiratete Pilotin, deren Leben aus den Fugen gerät, als sie eine alte Geliebte wiedertrifft.

 

Diane Kruger, 1976 in Deutschland (Algermissen, Niedersachsen) geboren, hat sich sowohl in Hollywood als auch in europäischen Filmproduktionen einen Namen gemacht. Sie begann ihre Karriere als Model, bevor sie sich der Schauspielerei zuwandte. Ihren Durchbruch als Schauspielerin hatte Kruger als Helena an der Seite von Brad Pitt in Wolfgang Petersons «Troy» (2004). Von der Kritik gefeiert wurde sie auch für ihre Rolle als deutsche Schauspielerin und Spionin Bridget von Hammersmark in Quentin Tarantinos «Inglorious Basterds»  (2009), für diese Performance erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen. Weitere wichtige Filme, in denen sie mitwirkte, sind «Les Adieux à la Reine» (2012) von Benoît Jacquot oder «Aus dem Nichts» (2017) von Fatih Akin in der Rolle der Katja Sekerci, der ihr den Preis als beste Darstellerin in Cannes einbrachte.
2022 präsentierte das Zurich Film Festival bereits einen Film mit Diane Kruger in der Hauptrolle als Gala-Premiere. Kruger präsentierte dem Publikum den Film-Noir-Thriller «Marlowe» von Oscar-Preisträger Neil Jordan («The Crying Game) zusammen mit ihrem Schauspielkollegen Liam Neeson. Diane Kruger spielt darin eine Femme Fatale, die im Hollywood der 1930er-Jahre einen Privatdetektiv (Liam Neeson) anheuert, um ihren Ex-Mann zu beschatten.

 

 

ZFF Award Night 2023: Das sind die Gewinner der Wettbewerbsfilme

Gestern Samstagbend, 7. Oktober 2023, ging im Zürcher Opernhaus die alljährliche Award Night über die Bühne. Der in drei Kategorien gegliederte internationale Wettbewerb bildet das Herzstück des Zurich Film Festivals. Im Wettbewerb wurden Filme neuer, vielversprechender Filmemacherinnen und Filmemacher präsentiert, die mit ihrer ersten, zweiten oder dritten Regiearbeit um das Goldene Auge konkurrieren. Bei allen Wettbewerbsfilmen handelt es sich um Welt-, Europa- oder Schweizer Premieren. Aus all diesen Filmen wählt die Jury ihre Lieblinge, die an der Award Night mit einem Goldenen Auge ausgezeichnet werden, das mit 25’000 Franken dotiert ist.
 

Fokus Wettbewerb: HOLLYWOODGATE

Als die Amerikaner ihren Rückzug aus Afghanistan antreten, übernehmen die Taliban eine ihrer CIA-Basen. Die Infrastruktur aus Containern trägt den Namen «Hollywood Gate» und ist gefüllt mit Kriegswaffen, mit denen die Taliban eine neue Kampfeinheit ausrüsten. Während eines Jahres verfolgt der Filmemacher Ibrahim Nash’at die Entwicklung von «Hollywood Gate» und gibt einen noch nie gesehenen Einblick in die rasante Machtübernahme der Taliban. Er zeigt ihre Schaltzentrale von innen und wie die Taliban von einer extremistischen Miliz zu einem mächtigen Militärregime werden. Die deutsch-amerikanische Koproduktion schafft es, die Macht- und Propagandaspiele der Taliban-Anführer durch die Macht der Bilder geschickt aufzudecken.

 

Spielfilm Wettbewerb: HESITATION WOUND

Rechtsanwältin Canan verbringt ihre Zeit tagsüber im Gerichtsgebäude und abends am Spitalbett ihrer Mutter. Das Anhörungsverfahren eines Mordverdächtigen, den sie verteidigt, stellt Canan vor unerwartete Schwierigkeiten. Während einer Pause erfährt sie, dass ihr Klient das Verbrechen tatsächlich begangen hat, jedoch mit tugendhafter Absicht. Canan gerät in eine verzwickte Situation und fühlt sich hin- und hergerissen zwischen Recht und Gerechtigkeit. Sie muss eine Entscheidung treffen, die sowohl auf sie selbst als auch auf ihr Umfeld schwerwiegende Folgen hat. In seinem zweiten Spielfilm befasst sich der türkische Regisseur Selman Nacar mit tiefsinnigen Fragen zu Moral und Gerechtigkeit. Ein spannungsvoll inszeniertes Gerichtsdrama!

 

Dokumentarfilm Wettbewerb: IN THE REARVIEW

«So schöne Gebäude … gar nicht zerbombt», sagt ein junges Mädchen, das auf der Durchfahrt einen unberührten Teil seines Heimatlands bewundert. Sie ist eine von über 400 Passagieren, welche im VW-Minibus von Maciek Hamela Platz nehmen. Der Dokumentarfilmer hilft den ukrainischen Kindern, Frauen und älteren Menschen, vor der russischen Armee über die Grenze nach Polen zu flüchten. Still beobachtend hält die Kamera das Geschehen auf der Reise fest. Während der Krieg selbst nicht bildlich dargestellt wird, sind es die gezeichneten Gesichter der betroffenen Menschen, ihre Erzählungen und ihr tragisches Schicksal, die das Elend zum Ausdruck bringen. Dennoch springen während dieser aufwühlenden Odyssee des Überlebens immer wieder Funken der Hoffnung über.

 

Lieblingsfilm des Publikums: QUEENDOM

Gennadyi ist aus dem fernöstlichen Magadan nach Moskau gezogen. Dort tritt Gena öffentlich als Dragqueen Gena Marvyn auf, um für künstlerische Freiheit und gegen die Unterdrückung der LGBTQ+ Community zu demonstrieren. Dabei wird Gena immer wieder angegriffen und schliesslich verhaftet. Der Dokumentarfilm zeigt den Aktivismus der charismatischen Hauptfigur, folgt ihr aber auch in ihre entlegene Heimat in der Provinz und zeigt das schwierige Verhältnis, das Gennadyi zu ihren Grosseltern hat. Die Regisseurin Agniia Galdanova gibt uns mit diesem Dokumentarfilm Einblick ins raue Klima von Putins Russland, wo die Toleranz gegenüber Künstlerinnen und Künstlern und freiheitsliebenden Menschen, die nicht dem Idealbild der Regierung entsprechen, fehlt.

 

 
Das 19. Zurich Film Festival verzeichnete 130’000 Besucherinnen und Besucher. Insgesamt wurden 150 Filme gezeigt, 52 davon liefen als Welt- oder Europapremiere, so viele wie noch nie. Stars wie Jessica Chastain, Ethan Hawke, Mads Mikkelsen oder Diane Kruger zogen die Filmfans in ihren Bann, und das neue Kino Frame mit seinen sechs Sälen erwies sich als Publikumsmagnet.
 
«Es war eine sehr schöne Ausgabe mit Stargästen wie Jessica Chastain, Ethan Hawke, Diane Kruger oder Mads Mikkelsen, die von Zürich begeistert waren und dies auch auf ihren Social-Media-Kanälen zum Ausdruck brachten», erklärt Christian Jungen, Artistic Director des ZFF. Bei 102 der 150 Filme waren die Regisseurinnen oder Regisseure anwesend und haben eine Einführung gegeben. «Dies wird von unserem Publikum sehr geschätzt. Das ZFF geht mit viel Drive und Optimismus ins kommende Jahr, in dem wir unser 20-Jahr-Jubiläum feiern».
Mit dem 19. ZFF wurde das neue Kino Frame mit sechs Sälen und 800 Plätzen an der Europaallee eröffnet. Es erwies sich vom ersten Tag an als Publikumsmagnet. «Die Frame-Kinos begeistern das Publikum mit modernster Technik, grossen Leinwänden und gutem Sitzkomfort», erklärt Jennifer Somm, Managing Director der Spoundation Motion Picture AG. «Highlights waren die Weltpremiere von Michael Steiners Langstrassen-Thriller EARLY BIRDS, das Konzert von Peter Doherty und die ZFF Masters von Margarethe von Trotta. Ab kommendem Donnerstag wird das Frame als Kino betrieben, welches das gleiche Profil wie das ZFF hat und sich dadurch auszeichnet, dass es Einführungen durch unsere Programme zu den Filmen geben wird».

 

Jessica Chastain, Ethan Hawke, Diane Kruger, Todd Haynes und Peter Doherty am ZFF

Am 19. Zurich Film Festival (28.9.-8.10.) verzaubern glamouröse Gäste das Publikum: Jessica Chastain und Diane Kruger werden für ihre Karrieren ausgezeichnet und Meisterregisseur Todd Haynes wird vom ZFF mit dem A Tribute to … Award geehrt. Aber auch dem Schweizer Film rollt das ZFF den grünen Teppich aus. Das diesjährige Programm umfasst 148 Filme mit der Rekordzahl von 52 Welt- und Europapremieren – 14 mehr als im Vorjahr.

 

Hochkarätige Stars wie Jessica Chastain, Diane Kruger, Todd Haynes, Ethan Hawke, Wim Wenders, Peter Saarsgard, Vicky Krieps, Josh O’Connor, Michael Steiner, Paula Beer, Katja Riemann, Trine Dyrholm oder Peter Doherty werden im ZFF erwartet, um ihre neuesten Werke zu präsentieren.
«Wir sind sehr glücklich, dass wir unserem Publikum eine Rekordzahl von Welt- und Europapremieren zeigen können. Die hohe Zahl zeigt, dass das Ansehen des ZFF in der weltweiten Filmwirtschaft zunimmt. Das Zurich Film Festival ist ein ideales Festival, um Filme für die Award Season mit Prestige aufzuladen», erklärt Christian Jungen, Artistic Director des ZFF. «Besonders freuen wir uns darauf, dass mit Jessica Chastain, Ethan Hawke und Todd Haynes grosse Vertreter des amerikanischen Kinos ihre Werke persönlich dem Publikum vorstellen werden».

 

A Tribute to … Todd Haynes
Das 19. Zurich Film Festival zeichnet den amerikanischen Meisterregisseur Todd Haynes für sein filmisches Schaffen mit dem renommierten A Tribute to… Award aus. Der Ehrenpreis wird ihm im Rahmen der Gala Premiere seines neuen Films MAY DECEMBER am 3. Oktober 2023 im Kongresshaus Zürich überreicht. «Es ist wirklich eine grosse Freude, diesen Meister des amerikanischen Kinos feiern zu dürfen. Todd Haynes zeichnet sich durch eine elegante Mise-en-scène aus und dadurch, dass er immer das Beste aus seinen Schauspielerinnen und Schauspielern herausholt», sagt Christian Jungen. «Ausserdem verbindet uns mit Todd eine langjährige Zusammenarbeit. Das wunderbare Drama MAY DECEMBER mit Julianne Moore und Natalie Portman ist bereits der dritte Film, den er in den letzten zehn Jahren bei uns vorstellt».

Regisseur Todd Haynes erster Spielfilm POISON (1991) gewann den Grossen Preis der Jury in Sundance. Nach SAFE (1995), in dem Julianne Moore zu sehen war, beschwor er in VELVET GOLDMINE (1998) David Bowie herauf, um dann in FAR FROM HEAVEN (2022) eine Hommage an Douglas Sirk zu drehen. In I’M NOT THERE (2006) liess Haynes sechs Schauspieler Bob Dylan spielen. Er führte Regie bei der TV-Miniserie MILDRED PIERCE (2011) und kehrte dann mit CAROL (2015), WONDERSTRUCK ( 2017) und DARK WATERS (2019) zu Spielfilmen zurück. Es folgte der Dokumentarfilm THE VELVET UNDERGROUND (2021). Sein neuester Spielfilm MAY DECEMBER wird am ZFF in der Sektion Gala Premieren gezeigt.
Mit dem A Tribute to… ehrt das ZFF Autorenfilmerinnen und -filmer für ihren Beitrag zur Filmgeschichte. Zu den bisherigen Preisträgerinnen und Preisträgern gehören Paolo Sorrentino, Wim Wenders, Olivier Assayas, Claire Denis, Michael Haneke, Oliver Stone, Maïwenn und Luca Guadagnino.

 

Wettbewerb: Fokus, Spielfilm und Dokumentarfilm
Am 19. Zurich Film Festival konkurrieren innovative Filme in drei Kategorien um den Hauptpreis, das mit 25’000 Franken dotierte Goldene Auge. Der Wettbewerb ist auf die Entdeckung neuer Talente ausgerichtet und zeigt ausschliesslich erste-, zweite- und dritte Regiearbeiten.
Im «Fokus Wettbewerb» werden Spiel- und Dokumentarfilme aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gezeigt, darunter sechs Weltpremieren. «Der Wettbewerb erfreut sich bei unserem Publikum wachsender Beliebtheit und findet auch in den Medien immer mehr Beachtung. In diesem Jahr können wir vier Schweizer Filme als Weltpremieren zeigen, darunter THE DRIVEN ONE von Piet Baumgartner, eine Langzeitstudie über Studierende der Kaderschmiede HSG St. Gallen, und das buchstäblich fantastische Roadmovie RETOUR EN ALEXANDRIE des Zürchers Tamer Ruggli mit Nadine Labaki und Fanny Ardant in den Hauptrollen, das uns in die zweite Heimat des Regisseurs, nach Ägypten, entführt.»

Im «Spielfilm Wettbewerb» konkurrieren 14 hochkarätige Erst-, Zweit- und Drittregisseure um das Goldene Auge. «Der Spielfilmwettbewerb zeigt ein Panorama des Weltkinos mit überraschenden Filmen aus Indien, Saudi-Arabien, Moldawien oder Nepal», erklärt Christian Jungen. «In mehreren Beiträgen geht es um das Verhältnis der Geschlechter und das schwierige Ringen um Akzeptanz für Diversität.»

In VARVARA stellt der moldawische Filmemacher Anatol Durbală die Aufrichtigkeit eines einfachen Arbeiters der dekadenten Arroganz der herrschenden Klasse gegenüber. In atmosphärischen Bildern erzählt Ali Kalthami in seinem Film Noir MANDOOB vom pulsierenden und selten gezeigten hochmodernen Nachtleben der saudi-arabischen Hauptstadt Riad. FAIR PLAY von Chloe Domont ist ein psychologischer Thriller über eine moderne, scheinbar gleichberechtigte Beziehung, die plötzlich Risse bekommt – eine Europapremiere.

Neugierige Blicke auf unser Leben: Im «Dokumentarfilm Wettbewerb» präsentiert das Zurich Film Festival brandneue Werke der aufregendsten Dokumentarfilmschaffenden der Gegenwart. «Die Filme im Wettbewerb werfen ein Schlaglicht auf soziale Brennthemen wie etwa die Demokratie, die unter Druck kommt oder Menschen, die auf der Flucht sind. Unsere Filme sind nicht über Menschen, sondern mit Menschen und erzählen deren Geschichten auf Augenhöhe», erklärt Christian Jungen.
A STORM FORETOLD ist das intime Porträt von Roger Stone, dem schillernden Berater von Donald Trump. Regisseur Christopher Guldbrandsen hatte zwischen 2018 und 2021 Zugang zu dem populistischen Scharfmacher. Der Film QUEENDOM von Regisseurin Agniia Galdanova gibt Einblick in das raue Klima in Putins Russland, wo es an Toleranz gegenüber Künstlern und freiheitsliebenden Menschen mangelt, die nicht dem Idealbild der Regierung entsprechen.
Schweizer Filme
Auch der Schweizer Film spielt eine zentrale Rolle im Programm. «Das ZFF findet in Zürich statt, wo zwei Drittel der Schweizer Verleiher und Produktionsfirmen ansässig sind. Da ist es für uns selbstverständlich, dem einheimischen Kino eine grosse Bühne zu bieten und dazu beizutragen, dass die Filme ins Gespräch kommen», erklärt Christian Jungen. «Besonders schön ist, dass wir mit dem Langstrassen-Thriller EARLY BIRDS von Michael Steiner und dem Heilsarmee-Dokumentarfilm HIMMEL ÜBER ZÜRICH von Thomas Thümena zwei starke Zürich-Filme präsentieren können, die sicher für Gesprächsstoff sorgen werden.»
EARLY BIRDS und HIMMEL ÜBER ZÜRICH werden als Weltpremieren gezeigt. Ebenfalls als Weltpremiere wird die historische Spionage-Serie DAVOS 1917, eine Koproduktion von SRF und der ARD Degeto, von Jan-Eric Mack, Anca Miruna Lăzărescu und Christian Theede gezeigt. Vor der atemberaubenden Bergkulisse Graubündens rollt der Agententhriller ein politisch brisantes Kapitel der Schweizer Geschichte während des Ersten Weltkriegs auf. Das ZFF zeigt die ersten beiden Episoden der bisher grössten SRF-Serienproduktion. Insgesamt sind 18 Schweizer Produktionen in verschiedenen Sektionen zu sehen.

 

Das 19. Zurich Film Festival findet vom 28. September bis 8. Oktober 2023 statt. Der Vorverkauf beginnt am Montag, 18. September, ab 12 Uhr auf der Website des ZFF und an den beiden Vorverkaufsstellen im Festivalzentrum auf dem Sechseläutenplatz und auf dem Paradeplatz.

Das Zurich Film Festival (ZFF) ist das zweitgrösste Filmfestival im deutschsprachigen Raum und präsentiert jeden Herbst während 11 Tagen die schönsten Entdeckungen sowie die meist erwarteten Filme des Jahres. Es fördert den Austausch zwischen aufstrebenden Regisseurinnen und Regisseuren, arrivierten Filmschaffenden, der Filmindustrie und dem Publikum. Das ZFF verzeichnete in der letztjährigen Ausgabe 137‘000 Besucherinnen und Besucher und zog tausende akkreditierte Film- und Medienschaffende aus aller Welt an.

 

 

«Robert De Niro: Gigant des amerikanischen Films»

 

Von Marion Löhndorf

 

In «Taxi Driver» führte er ein legendäres Selbstgespräch vor dem Spiegel, in «The Godfather Part II» ging der New Yorker über Leichen: Robert De Niro prägte jahrzehntelang das Hollywoodkino. Heute legt er sich mit Trump an. Und überrascht mit seiner siebten Vaterschaft. Der charismatische Schauspieler wurde im August 80 Jahre alt.

 

Robert De Niro ist ein Mann mit vielen Gesichtern, und das bezieht sich nicht nur auf seine seit einem halben Jahrhundert mit Superlativen gefeierte Schauspielkunst, die weit über hundert Filme umfasst und mit zwei Oscars ausgezeichnet wurde. Er ist auch Geschäftsmann, der in Immobilien, Hotels und Restaurants investiert, Filmproduzent und Mitbegründer eines Filmfestivals, engagierter Demokrat und leidenschaftlicher New Yorker.
Allein die Dauer seiner Schauspielerkarriere bei gleichbleibendem Ruhm ist aussergewöhnlich – ebenso wie die Tatsache, dass sein Ansehen auch die vielen ehrgeizlosen Filme überlebte, die er seit der Jahrtausendwende zunehmend dreht. Von der Mitte der siebziger Jahre aber bis zur Mitte der Neunziger, von «Mean Streets» (1973) bis «Heat» (1995), faszinierte er als einer der prägenden Stars des amerikanischen Kinos.

De Niro war lange berühmt für seine obsessive Vorbereitung auf Filmrollen. Um den Saxofonisten in «New York, New York» (1977) zu spielen, wollte er das Instrument beherrschen. Bevor er als Boxer in «Raging Bull» (1980) in den Ring stieg, trainierte er mit Profis. Um den Niedergang von Jake La Motta im selben Film dann ebenso perfekt abzubilden, frass er sich in wenigen Wochen gewaltsam mehr als zwanzig Kilo an. «Ich habe das Gefühl, dass ich mir eine Rolle verdienen muss», erklärte De Niro.
Paul Schrader, der Drehbuchautor von «Taxi Driver», fasste einmal zusammen: «Er lebt in den Körpern anderer Leute.» Der Regisseur Elia Kazan, der schon mit James Dean und Marlon Brando gearbeitet hatte und später mit De Niro «The Last Tycoon» (1976) drehte, bestätigte das: «Ich habe nie einen Menschen erlebt, der so hart arbeitete.» De Niros Mutter erklärte das Erfolgsgeheimnis ihres Sohns einmal so: «Willenskraft. Schiere Willenskraft.»

 

Die Angst des Boxers
In seinen Glanzzeiten galt er als Method-Actor per se, der komplett hinter seinen Figuren verschwand. Sein bevorzugtes Stilmittel war die Verwandlung, seine Kunst die der Verhüllung. Oft wurde angemerkt, dass dies im Gegensatz zu seiner Existenz als Starschauspieler stehe, den jeder Zuschauer zu kennen glaubt. Vor allem in den ersten Jahrzehnten seiner Karriere tat De Niro viel dafür, sich unsichtbar zu machen. Schon zu Beginn seiner Karriere hatte der Produzent Sam Spiegel erkannt, dass das auch auf De Niros beste Rollen zutrifft: «Er braucht das Geheimnis.»
Der ständig explodierende Jake La Motta in «Raging Bull» zeigt das Eigentliche gerade nicht: seine Angst und Unsicherheit, seine Minderwertigkeitskomplexe. Offen zutage tritt nur seine Brutalität anderen gegenüber.
In den Eingangssequenzen von «New York, New York» tritt De Niro elegant und witzig auf, aber wieder lauert im Hintergrund etwas Dunkles, autoritär Bezwingendes. Zu Beginn von Francis Ford Coppolas «The Godfather Part II» (1974) ist er als künftiger Mafia-Boss zurückhaltend, abwartend und wirkt wie jemand, der gebannt ein nur für ihn sichtbares Ziel verfolgt. Die spätere lange, stumme Szene seines ersten Mordes zeigt, wie er im wahrsten Wortsinn bereit ist, ungerührt über Leichen zu gehen.
In den frühen Jahren seiner Karriere kam De Niro immer wieder auf unzugängliche Charaktere, neurotische, einsame Männer zurück, die den Wunsch, dazuzugehören, irgendwann aufgegeben haben. «I feel a lot of distance. I feel far away», sagt sein Vietnam-Heimkehrer in Michael Ciminos preisgekröntem Epos «The Deer Hunter» (1978). Er ist widersprüchlich, kompliziert und schweigsam. In keiner anderen Rolle spielte De Niro Ambivalenz subtiler. Wenn er als Travis Bickle in «Taxi Driver» vor dem Spiegel den verbalen Angriff in verschiedenen Intonationen von «Are you talking to me?» probt und resümiert, er sei der Einzige im Raum, weiss er, dass er «God’s lonely man» ist, wie er zu Beginn des Films sagt.

 

Ein Grinsen als Markenzeichen
Wie seine frühen Figuren inszeniert sich auch der Filmstar De Niro bei öffentlichen Auftritten als wortkarger Mann, der gern die Kontrolle behält. Nachdem er 1998 von der Pariser Polizei stundenlang als Zeuge zu einem kriminellen Callgirl-Ring vernommen worden war, dessen Dienste er angeblich in Anspruch genommen haben sollte, sorgte das für weltweite Schlagzeilen. Er schwor «beim Leben seiner Kinder», nie für Sex bezahlt zu haben. Wenige Tage später erschien er zu einer Berlinale-Pressekonferenz ganz allein auf dem Podium, das sich normalerweise viele Mitwirkende einer Filmproduktion teilen. Mehrere hundert Journalisten sassen ihm gegenüber, und er hatte den Saal im Griff: Besonders unbequeme Fragen zu stellen, traute sich keiner.
Auf die bei der Gelegenheit vorgebrachte Erkundigung, was ihn zur Schauspielerei geführt habe, antwortete er filmreif, alles und nichts sagend: «I want to express myself.» Dabei zeigte er sein schräges De-Niro-Grinsen – Travis Bickle, Rupert Pupkin aus «The King of Comedy» und der junge Vito Corleone schienen von der Leinwand herabzusteigen. Sein Lächeln, für das die Amerikaner die Worte «steel trap grin» und «razor blade smile» gefunden haben, ist sein Markenzeichen, eine der raren Konstanten, die sich durch seine Filme ziehen. Sergio Leone friert im letzten Bild von «Once Upon a Time in America» (1984) Robert De Niros lächelndes Gesicht in Nahaufnahme ein. Die Abspanntitel laufen darüber, als wollte er ihm ein Denkmal setzen.

 

Von Ende der neunziger Jahre an begann De Niro sich auf Komödien zu verlegen, die sein altes Image als Darsteller krimineller, verstörter und gewalttätiger Figuren in die Selbstparodie kippten. Immer schon waren seine extrem gezeichneten Charaktere, in die er sich mit charakteristischer Besessenheit hineinzubohren schien, anfällig für die Karikatur – allein sein Satz «Are you talking to me?» aus «Taxi Driver» wurde endlos parodiert. Unterdessen übernimmt er die komische Überzeichnung alter Verbrecherrollen selber.
Einige davon besassen Esprit («Wag the Dog», 1997; «Analyze This», 1999), andere sind nur noch ein Ausverkauf einstiger Grösse («Dirty Grandpa», 2016; «The War with Grandpa», 2020). Trotz allem ist er künstlerisch keineswegs abzuschreiben. Immer noch besitzt er das Potenzial und den Schwung, mit einem Coup in alter Form zurückzukehren, wie «The Irishman» (2019) und «Killers of the Flower Moon» (2023) zeigen, jeweils unter der Regie von Martin Scorsese.
Vielleicht gehört auch die legendäre Verschlossenheit des Privatmanns De Niro gegenüber der Öffentlichkeit zur von ihm zu einsamen Höhen getriebenen Kunst der Verhüllung. Trotzdem überraschte der Mann, der heute achtzig Jahre alt wird, die Presse mit einem privaten Neuanfang: Im April wurde er zum siebten Mal Vater. Anfang Juli gingen Schlagzeilen vom Tod seines neunzehnjährigen Enkels Leandro um die Welt, er war der Sohn seiner ältesten Tochter, Drena (51). Bewusst publik machte der sonst so Verschlossene seine Abneigung gegen Donald Trump, den der überzeugte Demokrat während seiner Präsidentschaft bei jeder Gelegenheit attackierte, bis hin zu seinem viel publizierten Ausruf «Fuck Trump» (2018).

 

Hymnen auf New York
Weniger Aufsehen erregte De Niros erfolgreiche Tätigkeit als Geschäftsmann, dessen Immobilien-Portfolio die «Sunday Times» einmal eine Doppelseite widmete. Er ist Mitbesitzer der Nobelrestaurant- und Hotelkette Nobu, betreibt das exquisite Greenwich Hotel in New York und den bodenständigen «Tribeca Grill», gleich um die Ecke im selben Stadtviertel, dessen Namen das Restaurant trägt. 1989 gründete er mit Jane Rosenthal eine Filmproduktionsfirma und später, ebenfalls mit Rosenthal, das alljährliche Tribeca-Filmfestival, das den 80. Geburtstag seines Urhebers mit einem dreitägigen Event in New York feiern wird.
Denn Robert De Niro, das ist New York und nicht Hollywood. Wie kaum ein anderer amerikanischer Star schuf er sich eine eigene Kulisse, einfach, indem er immer wieder dorthin zurückkehrte. Sein Lebensmittelpunkt liegt bis heute in seiner Geburtsstadt, die er regelmässig in seinen Filmen bespielte, die zu den glanzvollsten des US-Kinos zählen, darunter «Mean Streets» (1973), «Taxi Driver» (1976) und «New York, New York» (1977), «Raging Bull» (1980) und «King of Comedy» (1982), «Goodfellas» (1990) und «The Irishman» (2019).
Diese Klassiker, Grossstadthymnen und Psychogramme seelisch entgleister Männer zugleich, entstanden in Zusammenarbeit mit Martin Scorsese, seinem Freund seit mehr als fünfzig Jahren, den ihm Brian De Palma vorgestellt hatte. Die Zusammenarbeit von «Bobby» und «Marty» ist legendär und in ihrer Dauer und Intensität einzigartig. Bis heute drehten sie gemeinsam zehn Filme und einen Kurzfilm. Scorsese, De Niro und New York: Diese Traumkonstellation des Kinos ist auch eine Geschichte von Loyalität und bis ins hohe Alter immer wieder erneuerter Kreativität.

 

Der gescheiterte Vater
Robert De Niro wuchs im New Yorker Viertel Greenwich in einer italienisch-irischen Familie auf und trampte als junger Mann auf den Spuren seiner Vorfahren durch Europa. Die Reise schloss er mit dem Besuch seines Vaters ab, der damals verarmt in Frankreich lebte. Robert De Niro senior war ein Maler, der in den vierziger und fünfziger Jahren einen gewissen Bekanntheitsgrad besass, dessen Werke von Peggy Guggenheim ausgestellt wurden und der in der damaligen Fachpresse in einem Atemzug mit Jackson Pollock und Mark Rothko genannt wurde. Trotz allem hob die Karriere von De Niro senior nie richtig ab. Ein Dokumentarfilm, «Remembering The Artist Robert De Niro Sr.» (Regie: Perri Peltz, 2014), spürt ihm nach und deutet auch eine schmerzhafte Vater-Sohn-Beziehung an.
De Niros Eltern liessen sich scheiden, als der Sohn zwei Jahre alt war; der Vater haderte mit seiner Homosexualität. Später blieb er eine flüchtige Erscheinung in Robert De Niros Leben, der bei seiner Mutter aufwuchs, die ebenfalls Malerin war. An allen Wänden des ersten von ihm eröffneten New Yorker Restaurants, «Tribeca Grill», hängen Bilder von De Niro senior.

 

In «The Bronx Tale» (1993), dem ersten von zwei eigenen Regiearbeiten von De Niro, geht es um eine Vater-Sohn-Beziehung; der Film ist De Niro senior gewidmet. Der zweite Regieversuch ist das überlange CIA-Drama «The Good Shepherd» (2006), das viel zu viel über die amerikanische Gesellschaft sagen will. Von diesen zwei Ausflügen ins Regiefach abgesehen, konzentrierte De Niro sich auf sein Kerngeschäft, die Arbeit vor der Kamera, die ihn zu einem der Giganten des amerikanischen Films machte, über den der Regisseur Elia Kazan einmal sagte: «Er vereint viele Persönlichkeiten in sich. Sich in andere Menschen zu verwandeln, ist für ihn Befreiung und Erfüllung. Das ist sein Vergnügen, seine Freude.»

 

(Erstveröffentlichung NZZ, 17.8.2023)

 

 

«Ausstellung in der Bildhalle: Zwischen dem Wirklichen und Unwirklichen» 

 

«Art is something which lies in the slender margin between the real and the unreal.»

Chikamatsu Monzaemon, Japanese playwright

 

I.I. Anna Cabrera und Angel Albarrán sind brillante Fotochemiker in der Dunkelkammer: als Erfinder neuer Printtechniken und mit Hilfe experimenteller Prozesse erweitern sie ihre «fotografische Syntax» permanent: Die Fotografie dient ihnen als Instrument, die Konzepte von Identität, Erinnerung und Zeit zu erforschen und die Feinheiten des Bewusstseins besser zu verstehen.

 

Die gezeigten Werke umfassen die letzten 10 Jahre ihres kreativen Schaffens: von Silbergelatine- und Platin-Palladi-Abzügen bis hin zu ihren berühmten leuchtenden Farblandschaften auf japanischem Gampi-Papier über Blattgold. Zu sehen sind auch ihre jüngsten Arbeiten: komplexe Karbon-Prints sowie prismatische Abstraktionen von polarisiertem Licht.

 

Die Ausstellung zeugt von der investigativen Kraft des Künstlerduos, technisch wie inhaltlich. Denn schlussendlich ist es auch die Wahl der Printtechnik, die die Geschichte eines Bildes zu Ende erzählt: Ob Pigment, Silber, Carbon, Cya- notypie oder Platinum – die Künstler wählen für jedes Werk aus einer breiten Palette von Verfahren und Materialien, die dem Print eine für die Technik typische Textur und Farbqualität verleihen.

In ihren eigenen Worten: «At first we photographed with the simple intention of recording what we saw. But soon our interest shifted from capturing the superficial appearance of reality to investigating its ‘underlying structure’. Thus, photography has in this way become the perfect philosophical tool with which to understand the world and our images are the by-product of that investigation, the notebooks of our research.»

Albarrán Cabreras Werke faszinieren Kunst- und Fotografiesammler/innen weltweit: sie sind hoch ästhetisch, voller philosophischer und kunsthistorischer Referenzen und darüber hinaus von taktiler und sinnlicher Qualität. Nach fast 8-jähriger Repräsentanz des Künstlerduos präsentiert die Bildhalle nun eine zweite umfassend Einzelausstellung in Zürich.

 

Bildhalle, Stauffacherquai 56, 8004 Zürich

www.bildhalle.ch

 

 

 

Filmtipps
 

 
The Boy and the Heron
I.I. Bezaubernder Animations-Spielfilm von Hayao Miyazaki. Während des japanisch-chinesischen Krieges kommt Hisako Maki 1943 während eines Luftangriffs auf Tokio um. Ihr Mann Shoichi Maki leitet eine Munitionsfabrik, ihr gemeinsamer Sohn Sohn Mahito ist zwölf Jahre alt. Nach dem Tod seiner Frau heiratet er Natsuko, Hisakos jüngere Schwester. Die Familie flieht mit ihrem Personal aufs Land. Mahito fühlt sich fremd und sein Verhältnis zur Stiefmutter ist angespannt. Auf dem Anwesen erregt ein merkwürdigen Graureiher seine Aufmerksamkeit. In der Schule gilt der verträumte Mahito als Outsider. Er verletzt sich mit einem Stein am Kopf, um nicht mehr in die Schule gehen zu müssen. Zuhause entdeckt er das Buch Kimitachi wa Dō Ikiru ka mit einem Zettel seiner leiblichen Mutter, worin er erfährt, dass sie ihm das Buch schenken wollte. Später bemerkt Mahito, dass der Graureiher kein Vogel ist, sondern ein Mann im Kostüm. Dieser führt Mahito zu einem Turm im Wald. Der verkleidete Graureiher offenbart Mahito, dass seine Mutter im Turm noch lebt. In der Hoffnung, seine Mutter zu retten, betritt er den Turm und findet sich in einer magischen Welt wieder. Es beginnt eine fabelhafte märchenhafte und gefährliche Reise zwischen den Welten. Die Musik von Joe Hisaishi unterstreicht die Glanzleistung der inszenierten Traumwelt voller komplexer Kreaturen und Figuren.

 

Napoleon
I.I. Kostümfest und Schlachten-Epos. Das Faszinosum Napoleon Bonaparte bringt Altmeister Ridley Scott mit wirkungsvollen Bildern der bombastischen Schlachten Napoleons und eindrucksvollen glitzernden Festen am Hofe mit der Kaiserkrönung auf die Kinoleinwand. Der Film beginnt mit der Hinrichtung Marie Antoinettes und dem jungen, für die Revolution brennenden Napoleon (Joaquim Phoenix), der sich zum strategischen Führer der Truppen hocharbeitet und Erfolge feiert. Wer Schlachtenbilder mag, kommt hier auf die Rechnung, auch wenn Ridley historisch mitunter frei interpretiert. Viel Raum nimmt die verbriefte Liebesgeschichte zu Joséphine (Vanessa Kirby) ein, der späteren Kaiserin, der Napoleon zeit seines Lebens auch nach der Trennung verbunden blieb. Drei Jahrzehnte umfasst die Geschichte, Napoleon wirkt statisch und kein bisschen älter, seine Stimme klingt brüchig, als er aus der Verbannung auf Elba für hundert Tage als Herrscher nach Paris zurückkehrt, bevor er in die endgültige Verbannung nach St. Helena geschickt wird. Vielleicht eine Anregung, die Nase einmal wieder in die Geschichtsbücher zu stecken. Europa und auch die Schweiz verdankt Napoleon die Moderne.
 

Die Mittagsfrau.
I.I. Leben in einer dramatischen Zeit. Nach dem Bestseller (2009) der Schriftstellerin Julia Frank wurde «Die Mittagsfrau» unter der Regie von Barbara Albert verfilmt. Eine idyllische Kindheit in der Lausitz am Vorabend des ersten Weltkriegs, das Berlin der Goldenen Zwanziger Jahre… Helene (Mala Emde) glaubt, dass ihr die Welt offen steht, mit ihrer Schwester Martha (Liliane Amuat) reist sie in den 20er Jahren nach Berlin. Während sich Martha dem Partyleben hingibt, hat Helene einen Traum. Sie will studieren und Ärztin werden. Es kommt die erste Liebe zu Karl (Thomas Prenn), dann ein Schicksalsschlag und Helene lebt in einem Land, in dem sie verbergen muss, dass ihre Mutter nicht nur als Geisteskranke eingesperrt, sondern auch Jüdin ist. Für Helene geht es ums Überleben. Die Geschichte erstreckt sich über einen Zeitraum von 25 Jahren und erzählt von einer Frau, die sich in Kriegszeiten selbst verleugnen muss, als sie von einem SS-Offizier Wilhelm (Max von der Groeben) umworben wird, der sie später erniedrigt und existenzieller Angst aussetzt. 1945 Flucht aus Stettin in den Westen. Ein kleiner Bahnhof irgendwo in Vorpommern. Helene hat ihren siebenjährigen Sohn durch die schweren Kriegsjahre gebracht. Nun, wo alles überstanden, alles möglich scheint, lässt sie ihn allein am Bahnsteig zurück und kehrt nicht zurück.

 

The Marvels
I.I. Wurmlöcher, Teleportationen und Paralleluniversen. Der neueste Marvels-Science-Fiction-Actionfilm der Regisseurin Nia DaCosta präsentiert eine Crashshow der Quantenphysik. Es ist der 33. Spielfilm des Marvel Cinematic Universe (MCU) und eine Fortsetzung zu Captain Marvel 2019 sowie der Fernsehserie Ms. Marvel 2022. Die Hauptrolle als Captain Marvel Carol Danvers spielt Brie Larson, US-amerikanisch-kanadische Schauspielerin, Sängerin, Filmregisseurin und Drehbuchautorin. Carol Danvers hat durch ihre Rache an der Obersten Intelligenz der Kree versehentlich das Universum destabilisiert. Durch ihre täglichen Pflichten als Heldin gelangt sie durch ein Wurmloch zu Ms. Marvel (Iman Vellani) und später zu ihrer Nichte Monica Rambeau (Teyonah Parris). Gemeinsam muss das Marvels-Trio nun das Universum retten, das mittels Teleportation in verschiedene Universen geworfen wird, aus denen es sich dank lichtbasierter Kräfte wieder befreien kann.

 

Die Anatomie eines Falls (Anatomie d’une chute)
I.I. Goldene Palme in Cannes für Justine Triets Gerichtsfilm-Krimi. Ein Mann fällt aus dem Dachfenster eines Chalets in den französischen Alpen, der elfjährige blinde Sohn Daniel findet nach einem Spaziergang mit seinem Hund Snoop den Toten vor dem Haus liegen und ruft nach seiner Mutter. Das ist der Ausgangspunkt des Films, der in Cannes die Goldene Palme erhielt. Ist sie die Täterin oder nicht? Vor Gericht hat sie die Tat bestritten, während in filmischen Retrospektiven die Hintergründe beleuchtet werden. Die französische Filmregisseurin Justine Triet fächert das Drama als Liturgie der geschlechts- und gesellschaftspolitischen Machtgefälle auf. Hat die berühmte deutsche Schriftstellerin Sandra Voyter (Sandra Hüller) ihren französischen Ehemann Samuel (Samuel Theis) aus dem Fenster gestossen? War es ein Unfall? Die ärztlichen Recherchen ergeben, dass Samuel Tabletten gegen Depressionen nahm, war es gar ein Selbstmord? Ein wieder in der Vernehmung aufgetauchte Audiomitschnitt von Samuel dokumentiert einen handfesten Ehekrach, wo er seine Frau beschuldigt, ihm eine Romanidee gestohlen zu haben. Ein Interview von Sandra mit einer Journalistin torpediert er mit laut dröhnender Musik des Rappers 50 Cent. Daniel (Milo Machado Graner) muss vor Gericht aussagen. Eine Justizangestellte begleitet den Alltag der beiden. Kurz vor der Vernehmung will Daniel die Trennung von Sandra, sie zieht in ein Hotel. Die Aussagen von Daniel vor Gericht sind widersprüchlich. Trotz des Freispruchs von Sandra bleiben letztlich Zweifel, die den Film in der Ungewissheit über Tat und Wahrheit halten und die hervorragende schauspielerische Leistung von Sandra Hüller zwischen burschikosem Elan und Verzweiflung bezeugen.

 

Killers of the Flower Moon

I.I. Martin Scorsese animiert den Western mit Leonardo DiCaprio und Robert De Niro. Ein monumentaler Film von dreieinhalb Stunden, der an monumentale Western erinnert, nur dass sich die Story hier umgekehrt abspielt, indem nicht  Siedler von Indianern überfallen werden, sondern die Siedler die indigenen Ureinwohner Amerikas überfallen. Der Stamm der Osages, der zwischen 1918 bis 1931 in seinem Reservat in Oklahoma zu Reichtum mittels Ölbohrungen gekommen war, wurde in einer spektakulären wahren Mordserie dezimiert infolge einer infamen Heiratsepedemie, wo indigene Frauen von weissen Männern geheiratet und anschliessend umgebracht wurden. So gelangte das Erbe in die Hände der weissen Oberschicht. Ernest Burkhart (Leonardo DiCaprio) ist arbeitslos und wendet sich an seinen Onkel William Hale (Robert De Niro), der im Osage-County als Rinderbaron eine Farm besitzt und ihn willkommen heisst, zunächst als Chauffeur der reichen Osage-Erbin Molly Kyle (grossartig: Lily Gladstone), die er auf Anraten seines Onkels umgarnt. Robert De Niro im Zwielicht zieht alle Register seines Könnens, er ist der Anführer der Erbschleicherbande, der angeblich das Beste für die Osages will, insgeheim aber nur an ihrem Reichtum interessiert ist, es in seinen Besitz zu bringen. Als immer mehr angeheiratete Frauen ums Leben kommen, alarmiert Molly das neu gegründete FBI in Washington, den Dingen auf den Grund zu gehen. Für sie selbst ist es ebenfalls höchste Zeit, denn sie wird von ihrem Ehemann Ernest schleichend vergiftet und entkommt dem Anschlag in letzter Minute. Das FBI stellt die mörderischen Betrüger vor Gericht, denen lange Gefängnisstrafen drohen. Kino at its best!

 

The Zone of Interest
I.I. Der Film des englischen Regisseurs Jonathan Glaser wurde in Cannes mit dem Grossen Preis der Jury ausgezeichnet. Ein ZFF-Filmdebüt, das unter die Haut geht. Hedwig (Sandra Hüller) und Rudolf Höss, der NS-Kommndant (Christian Friedel) leben mit ihren Kindern in ihrem Haus mit Garten an einem malerischen See, an dem Familien in Ruhe baden und picknicken. Die Präzision, mit der die Normalität einer Nazifamilie vor den Toren von Auschwitz erzählt wird, in Sicht- und Hörweite des Grauens, mit Gewehrsalven und Schreien wirkungsvoll mit filmischen Grautönen und bedrohlichen Klangwellen in Szene gesetzt, jagen einem einen kalten Schauer über den Rücken. Rudolf Höss, der mit seiner Familie auf dem idyllischen Fluss rudert und die im Haushalt waltende robuste Ehefrau mit der vom Führer gewünschten Kinderschar, die sich im Osten ansiedeln sollen, sind an stoischer Borniertheit und Ignoranz gegenüber dem Leiden der in Auschwitz ermordeten Menschen nicht zu übertreffen. Warum das Ungeheuerliche des Holocaust geschehen konnte, macht der Film nach Hannah Arendts Analyse sichtbar: «Die Banalität des Bösen», dass ganz normale Familienväter ihre Aufgaben «pflichtgemäss» ausführten, Menschenmassen zu ermorden, weil sie nach der Rassentheorie als minderwertig und unerwünscht galten. Ein Film mit gossartigen Schauspielern, der aktuell zu denken gibt. Demnächst im Kino.
 

 

Ingeborg Bachmann – Reise in die Wüste
I.I. Biopic über die Star-Literaten Ingeborg Bachmann und Max Frisch. Wenn Literaturverfilmungen schon schwierig sind, weil man selbst andere Bilder über einen Roman im Kopf hat, sind es Verfilmungen über Lebensgeschichten umsomehr, speziell wenn sie Ingeborg Bachmann und Max Frisch heissen. Regisseurin Margarethe von Trotta zeigt eine Retrospektive der österreichischen Dichterin Ingeborg Bachmann (Vicky Krieps), als sie mit Adam Opel (Tobias Resch) eine Reise in die Wüste unternimmt und ihr Leben mit Max Frisch (Ronald Zehrfeld) reflektiert. Zur Zeit der Entstehung des Films lag der brisante Briefwechsel Bachmann-Frisch noch nicht vor und so fokussierte von Trotta auf den Schweizer Schriftsteller Max Frisch als behäbig eifersüchtigen Partner der blässlich wirkenden Ingeborg Bachmann. Vier Jahre lang führten die beiden Literaturikonen eine Beziehung, die 1958 in Paris begann, wo Frischs Theaterstück «Biedermann und die Brandstifter» aufgeführt wurde. Frisch hatte Bachmanns Hörspiel «Der gute Gott von Manhattan» im norddeutschen Rundfunk NDR gehört und schrieb der Autorin, die Stimme der Frau sollte mehr gehört werden. Die besten Szenen des Films spielen in der Wüste von Ägypten, wo Bachmann nach der Trennung von Frisch versucht, zu sich selbst zu finden und in Rom, wo sie mit Frisch lebte, der hier nie heimisch wurde und sich als Dandy verkleidet vorkam. Mit dem deutschen Komponisten Hans Werner Henze (Basil Eidenbenz) verband Ingeborg Bachmann eine platonische Liebe, für ihn schrieb sie das Libretto zum «Prinz von Homburg». Max Frisch fühlte sich durch Bachmanns Unabhängigkeit und ihre männlichen Verehrer verunsichert, was Bachmann augenscheinlich unterschätzte, als sie ihn mit einer jungen Studentin (Luna Wedler) in ihrem Freundeskreis bekannt machte. Der Anfang vom Ende ihrer Beziehung, schreiben konnte er neben ihr nicht mehr, sie hingegen ebenfalls nicht. Die Trennungsgeschichte ist im Briefwechsel «Wir haben es nicht gut gemacht»(Suhrkamp-Verlag, 2022) akribisch aufgearbeitet und auch Max Frisch erscheint hier in einem anderen Licht. (Kinostart 25. Oktober im Lunch-Kino Le Paris mit der Regisseurin Margarethe von Trotta).
 

 

Anselm. Das Rauschen der Zeit. 
I.I. An den Tischen der Zeit. Und da radelt er uns entgegen, Anselm Kiefer, mitten ins Publikum hinein, 3-D macht’s möglich… Und Einblicke in Ateliers, wie mit der Bibliothek aus grossformatigen Büchern, die die Haut der Erde zeigen, verschiedene Länder von oben gesehen, als Dokumentation für später, «weiss man denn, was alles noch kommt». Eine grandiose Schau über das Werk Anselm Kiefers (*1945 in Donaueschingen) präsentiert Regisseur Wim Wenders (unvergessen: «Der Himmel über Berlin» mit Bruno Ganz). Und vom Himmel, aus dem im Zweiten Weltkrieg Bomben regneten, ist auch hier die Rede. Die riesigen Tableaux setzt Kiefer in Feuer und löscht es wieder, zurück bleibt verbranntes Material. «Man kann doch nicht Landschaften malen, wo Panzer durchgefahren sind», sagt Kiefer dazu. Und zitiert aus Gedichten von Paul Celan, wie aus «Todesfuge. Der Tod ist ein Meister aus Deutschland» wie auch Ingeborg Bachmann («Jeder, der fällt, hat Flügel»). Kiefer sagt, er sei überhaupt «nicht angekommen». Er ist unterwegs und er blickt zurück auf die Zeit, «an den Tischen der Zeit», wie Celan es nannte. Die deutsche Kriegs- und Nachkriegsgeschichte hat Anselm Kiefer nie losgelassen, den begabten Stipendiaten und fulminanten Zeichner und Maler, der immer wieder den Finger in die Wunde legt, die der nationalsozialistische Zivilisationsbruch geschlagen hat. Wie aktuell sein Werk ist, zeigen gegenwärtige neofaschistischen Tendenzen auch in europäischen Ländern. Der Film und der Blick wandern durch Birkenwälder und Laubwälder, untersucht Traumwelten und Kiefer begegnet sich selbst in seiner Kindheit. Das ZurichFilmFestival hat mit den Wim Wenders-Filmen («Anselm»; «Perfect Days») Highlights präsentiert. Kiefer war Meisterschüler bei Joseph Beuys, seine Werke wurden auf internationalen Kunstausstellungen, wie der documenta 6,7 und 8, Biennale von Venedig, Deutscher Pavillon 1980 und dem MoMA in New York ausgestellt. (Ab 14. Oktober im Kino).

 

Early Birds
I.I. Action-Thriller mit Zürcher Lokalkolorit im «Chreis Cheib». Der Film beginnt rasant, Action pur für die Kamera, die atemlos den Schiessereien folgt, die sich in der Lambada-Bar in der Langstrasse zwei Dealer und ein Partykönig liefern, die sich gegenseitig umlegen. Mitbekommen hat das auch das Escortgirl Annika (Nilam Farooq), die sich nach einer verkoksten Nacht die Tasche mit dem Koks und dem Drogengeld schnappt und sich damit davonmachen will. Da die Polizei und ein Drogendealer ihr auf den Fersen sind, steigt sie über die Dächer Aussersihls und schmeisst die Tasche in einen Hinterhof. Die Langstrasse von oben und unten wartet am Hauseingang schon die Polizei. Annika schafft es, in den Dachstock zu gelangen und sich neue Kleidung zu beschaffen, dabei wird sie von Caro (Silvano Synovia) erwischt, die einen Anteil an der Beute will und fortan ihre Komplizin wird. Der einfühlsame Polizist Roland (Anatole Taubman) spürt sofort, dass die beiden ihm etwas verheimlichen und bleibt ihnen auf der Spur. Die Dialektspuren tönen gemütlich («geil») und täuschen über den Ernst der Lage hinweg. Die beiden Girls wollen sich aus dem Staub machen und ins Ausland absetzen, einen Abflug machen ins Waadtland, wo Annika den Schlüssel eines Ferienhauses von ihrem «Sugardaddy» hat. Nur noch kurz bei Caros Bruder vorbei, der Caros kleinen Sohn hütet und ihr sein Auto überlässt, da im Hof schon Verfolger auf sie warten. Im luxuriösen Chalet  wähnen sie sich sicher und Regisseur Michael Steiner gönnt ihnen eine Atempause in der Bergwelt. Doch die Action muss weitergehen und so geht die Ballerei auch hier von neuem los. Der Polizist als Freund und Helfer entpuppt sich als so korrupt wie die Drogengangster.

 

A Haunting in Venice
I.I. Kenneth Branagh verfilmt einen Krimi von Agatha Christie in Venedig als Privatdetektiv Hercule Poirot. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg setzt sich der belgische Meisterdetektiv Hercule Poirot (Kenneth Branagh) in der Lagunenstadt Venedig zur Ruhe. Nichts lockt ihn im Jahr 1947 von seiner Dachterrasse mit grandiosem Canal-Grande-Panorama weg, bis eine befreundete Krimi-Autorin sein Interesse auf eine Frau lenkt, die angeblich mit Geistern sprechen kann. Widerstrebend stimmt er zu, an einer Séance in einem verwunschenen Palazzo teilzunehmen. Dass es hier spukt, glaubt der Meisterdetektiv mit dem gezwirbelten Schnurrbart nicht. Oscar-Preisträgerin Michelle Yeoh spielt die spirituell begabte Miss Reynolds, der Poirot im Palazzo einer ehemaligen Opern-Diva begegnet. Venedig zeigt sich gespenstisch, wie der Wind an den Mauern des Palazzi rüttelt und der Regen an die meterhohen Fenster prasselt. Mysteriöse Dinge geschehen im Palazzo während der anberaumten Séance. Erstmals versucht sich Branagh hier an einem Mystery-Krimi. Geister hausen in den Räumen des Palazzos, ist die Besitzerin Rowena Drake (Kelly Reilly) überzeugt, denn sie höre das Seufzen ihrer verstorbenen Tochter Alicia, mit der Miss Reynolds Kontakt aufnehmen soll. Warum sieht auch er ein Kindergesicht im Spiegel? Und warum stürzt nach der Sitzung eine Person plötzlich in den Tod? Der Spuk manifestiert sich in den alten venezianischen Gemäuern, man spürt förmlich die Kälte in den turmhohen Zimmern und den Modergeruch zwischen verblassten Wand-Fresken neben der majestätischen Grandezza des Palazzo mit flirrenden Kronleuchtern und antiken Standuhren. Regisseur Branagh fügt den ikonischen Venedig-Bildern eindrückliche Impressionen hinzu, für Venedig-Liebhaber ein Filmgenuss.

 

Golda
I.I. Packender Spielfilm des israelischen Regisseurs Guy Nattiv über die Premierministerin Golda Meir im Jom-Kippur-Krieg. Ist es wirklich Helen Mirren, die da Golda Meir spielt? So täuschend echt gleicht die Oscarpreisträgerin in ihrer Rolle der wagemutigen ersten Premierministerin Israels. Am 6. Oktober 1973 begannen Ägypten, Syrien und Jordanien einen Überraschungsangriff auf die Sinai-Halbinsel und die Golanhöhen, um die 1967 im 6-Tage-Krieg verlorenen Gebiete wieder zu erobern. 19 Stunden dauerte der erbitterte Kampf, in dem Israel am Feiertag Jom Kippur völlig überrascht wurde und kurz vor der Katastrophe stand. Die Premierministerin musste in einem Wettlauf gegen die Zeit dramatische und schicksalhafte Entscheidungen treffen. Hier hat der Film seine starken Momente, denn Meir wurde vom Kabinett alleingelassen, der Chef des Militärgeheimdienstes Eli Zeira (Dvir Benedek) und Verteidigungsminister Moshe Dayan (Rami Heubereger) glaubten nicht an einen Angriff, wie man heute aus Geheimdokumenten weiss. Ariel Sharon (Ohad Knoller) leitete mit der Premierministerin die letztlich erfolgreichen strategischen militärischen Kampfeinsätze. Golda Meir (Helen Mirren) geriet am Ende des Jom-Kippur-Krieges in heftige innenpolitische Kritik, sie nahm die Verantwortung auf sich und trat daraufhin zurück. Den Sieg hatte Israel vor allem dem US-Aussenminister Henry Kissinger (Liev Schreiber) zu verdanken, den Golda Meir persönlich um Unterstützung von Waffen bat. Die USA fürchteten, kein Öl mehr von den Arabern zu bekommen, doch als die UdSSR die arabischen Staaten unterstützte, fielen die Bedenken. Der Generalstabschef David Elazar (Lior Ashkenazi) wurde nach dem verlustreichen Krieg zum Rücktritt gezwungen. Doktor Rosenfeld (Jonathan Tafler), der die kettenrauchende Golda Meir betreute sowie ihre Assistentin Camille Cottin (Lou Kaddar) waren der schwer an Krebs erkrankten Premierministerin eine starke Stütze, das ist berührend dargestellt. Cottin, in Paris geboren, ging 1935 nach Palästina und arbeitete bei der Jewish Agency, als arabische Terroristen 1948 das Agenturgebäude in die Luft sprengten, wurde sie schwer verwundet und bewarb sich nach ihrer Genesung bei Meir. Das Drehbuch schrieb Nicholas Martin (Filmbiografie «Florence Foster Jenkins»). 1982 verkörperte Ingrid Bergman die Premierministerin in einer zweiteiligen US-amerikanischen TV-Biografie «A woman called Golda». Golda Meir, 1989 in Kiew geboren, übersiedelte wegen Progromen im früheren Russland 1906 mit ihrer Familie in die USA nach Milwaukee und zog 1921 mit ihrem Mann nach Palästina. Golda Meir war von 1956 bis 1965 Aussenministerin und 1969 bis 1974 Premierministerin Israels. Sie starb 1978 in Jerusalem.

 

 
The Equalizer 3

I.I. Mafiajagd in Sizilien und Neapel. Denzel Washington legt sich unter der Regie von Antoine Fuqua im finalen Kapitel der Action-Trilogie mit den Machenschaften der Mafia an. Seit er sein Leben als Auftragskiller der Regierung aufgegeben hat, fiel es dem Ex-Regierungsbeamten der CIA Robert McCall (Denzel Washington) nicht leicht, sich mit seiner Vergangenheit zu arrangieren. Gerechtigkeit zu verschaffen, konnte ihm einen gewissen Trost geben. Inzwischen lebt McCall anstatt in Boston im Süden Italiens, ihm gefällt die herzliche und offene Lebensart und die Italianità. Nach einer Schiesserei auf einem sizilianischen Weingut, bei der er selbst nicht unbeschadet davonkommt, findet sich McCall im malerischen Altomonte (Positano) südlich von Neapel wieder, wo er vom örtlichen Arzt Enzo (Remo Girone) behandelt wird und langsam wieder genesen kann. Als er sieht, dass Restaurantbesitzer von Gangsterbossen erpresst werden und es zu Todesfällen kommt, nimmt er es mit der Mafia auf,  um seine neuen Freunde zu beschützen, auch mithilfe der von ihm anonym informierten CIA Regierungsbeamtin Collins (Dakota Fanning), die in diesem rasanten Actiondrama eine wesentliche Rolle spielt. Das Drehbuch schrieb Richard Wenk, basierend auf der Fernsehserie von Michael Sloan und Richard Lindheim.

 

IL COLIBRI
I.I. Italienisches Familiendrama mit Nanni Moretti. Seine sonore Stimme ist es, für die Nanni Moretti bekannt ist und einem in Erinnerung bleibt. Jetzt gibt es ein Widersehen mit dem beliebten italienischen Schauspieler in «Il Colibri». Hier spielt er den Psychiater Daniele Carradori (Nanni Moretti), der in ein Schicksal unvermutet eingreift, als er Marco Carrera von einer Bedrohung durch eine Patientin berichtet. Marco Carrera (Pierfrancesco Favino), genannt «der Kolibri», trifft als Jugendlicher während eines Ausflugs am Meer zum ersten Mal auf Luisa Lattes (Berenice Bejo), die ihm in seinem Leben immer wieder begegnet und nicht aus seinem Gedächtnis verschwindet. Marco heiratet, lebt mit seiner Frau und einer Tochter später in Rom. Fatale Zufälle und Verluste prägen sein bewegtes Leben und er muss lernen, mit Unwägbarkeiten und Veränderungen umzugehen. Das neue Drama der italienischen Regisseurin Francesca Archibugi basiert auf dem gleichnamigen prämierten Roman von Sandro Veronesi und erzählt von der Kraft von Erinnerungen und einer grossen, unverbrüchlichen Liebe. Der eindrückliche Film spielt retrospektiv in verschiedenen Zeitebenen von den 1970er-Jahren bis in die Gegenwart und besticht durch ein grossartiges Schauspiel-Ensemble mit Pierfrancesco Favino und Nanni Moretti, Kasia Smutniak, Berenice Bejo und Laura Morante.

 

Fallen Leaves
I.I. Finnische Poesie. Die aufstrebende finnische Schauspielerin Alma Pöysti spielt die Hauptrolle in Aki Kaurismäkis neuem Film «Fallen Leaves», einer zarten, etwas dunklen Romanze zwischen zwei einsamen Herzen aus dem Arbeitermilieu Finnlands, die sich im nächtlichen Helsinki zufällig begegnen. Der Film stand am Film Festival Cannes im offiziellen Wettbewerb um die Goldene Palme und gewann den „Grand Prix du Jury“. Ansa (Alma Pöysti) wird als Kassiererin im tristen Supermarkt fristlos entlassen, weil sie abgelaufene Produkte mitgenommen hat, anstatt sie wie vorgeschrieben zu entsorgen. Ohne Geld ist sie gezwungen, den nächstbesten Job als Aushilfe in einer dubiosen Bar anzunehmen. Der Schweisser Holappa (Jussi Vatanen) kämpft mit Alkoholproblemen und riskiert deswegen seinen Job. Als sich die beiden an einer Karaoke-Veranstaltung zum ersten Mal sehen, finden sie sich sympathisch, sind aber zu schüchtern, um sich anzusprechen. Erst nach einer zweiten und einer dritten Begegnung kommen sie miteinander ins Gespräch und verabreden sich auf ein Kino-Date. Ansa lädt Holappa zum Essen ein. Dafür schmückt sie ihre kleine Wohnung und kauft einen zweiten Teller für das Essen. Ansa hat sich in Holappa verliebt, aber mit einem Alkoholiker will sie nicht zusammen sein. Das ist ihre Bedingung und so ist die kurze Annäherung wieder zu Ende. Ein zugelaufener Hund tröstet Ansa über den Verlust hinweg. Holappa verfällt in eine Depression, bis er sich aufrafft zu überlegen, was er mit seinem Leben anfangen soll. Und dazu soll unbedingt Ansa gehören. Ein Betriebsunfall verändert seine Pläne und Holappa landet im Krankenhaus. Mit Alma Pöysti und Jussi Vatanen zeigt Kaurismäki zwei Protagonisten, die ohne grosse Worte mittels ihrer Mimik Gefühle ausdrücken, die unmittelbar berühren. Die Musik mit den Evergreens unterstreicht eine stimmungsvolle Atmosphäre, die in typisch epischer Kaurismäki-Darstellung bezaubert.

 

Oppenheimer
I.I. Biopic-Politthriller über die Geschichte der Atombombe. Immer wieder interessant zu beobachten, wie unterschiedlich Filmkritiker Filme bewerten. Neuestes Beispiel: «Oppenheimer» in der Regie von Star-Regisseur Christopher Nolan («Tenet», «Dunkirk»). Während die NZZ den Film in hohen Tönen als «Kernwaffe des Kinos» lobt, findet der Zeit-Kritiker, der Film halte nicht, was er verspreche («Hat bumm gemacht»). Und was verspricht der Film? Zunächst einmal eine spannende Geschichte, die zur richtigen Zeit in die Kinos kommt, die durch Putins Angriffskrieg auf die Ukraine eine aktuelle Resonanz erfährt. Der Film elektrisiert, denn es geht nicht nur um die Entstehung der Atombombe, sondern auch um Politik. Man sieht, wie sich Wissenschaft, Politik und die nationale Sicherheit der USA verschränken und ein Wettrennen liefern. Einstein wollte mit der Atombombe von Anfang an nichts zu tun haben, Oppenheimer als «Amerikas Prometheus», auf deren Biografie der Film beruht, hatte später schwere Gewissensbisse und rettete sich daraus, indem er das Gleichgewicht des Schreckens propagierte, dass kein Land nach dem Abwurf der Atombomben eine Wiederholung wagen würde und entwickelte sich fortan zum Kritiker nuklearer Kriegsführung. Das war den McCarthy-Jägern seines erbitterten Gegenspielers Lewis Strauss (Robert Downey jr.) von der Atomenergiebehörde verdächtig, die Oppenheimer der Spionage für Russland bezichtigten. Dank John F. Kennedy wurde Oppenheimer (1904-1967) 1963 rehabilitiert. Gegenwärtig gibt es mehr Staaten als nach dem Zweiten Weltkrieg, die eine Atombombe besitzen. Das Thema ist also hochaktuell und Christopher Nolan hat es in psychologischer Retrospektive in kongenialen Bildern umgesetzt. Der junge Oppenheimer (Cillian Murphy) aus jüdischem wohlhabenden Elternhaus in New York, beginnt seine Karriere in Göttingen als Doktorand, trifft die Atomphysiker Albert Einstein (Tom Conti) und Niels Bohr (Kenneth Brannagh) und brilliert in den Niederlanden mit einem Vortrag über Quantenphysik. Er liest Marx, aber auch Sanskrit aus dem Hinduismus und flirtet mit der überzeugten Kommunistin Jean Tatlock (Florence Pugh), trifft an der ETH Zürich an einem Vortrag Werner Heisenberg (Matthias Schweighöfer), der sich in den Dienst der Nazis stellt. Der Wettlauf mit Hitlers Quantenforschung beflügelt Oppenheimer, in den USA 1942 das sogenannte Manhattan Project auf die Beine zu stellen, in Los Alamos in New Mexico in der Wüste ein Forschungszentrum zu installieren und führende Wissenschaftler um sich zu scharen. Seine Ehefrau Kitty (Emily Blunt) blieb als Hausfrau mit zwei Kindern auf der Strecke, zumal Oppenheimer seine Jugendliebe Jean nicht aufgibt, die ein tragisches Ende nimmt. Nach Kosten von 2 Milliarden Dollar erfolgt am 16. Juli 1945 der Trinity-Test in der Wüste, der die Welt ins atomare Zeitalter stürzt. Obwohl Deutschland besiegt ist, beschliesst Amerika, Japan anzugreifen und auf Hiroshima und Nagasaki Atombomben abzuwerfen. Die Folgen des Infernos, mindestens 200 000 Menschen sterben, sind eine ungewisse Zukunft mit Atombomben als Damoklesschwert.

 

 
to be continued

NACH OBEN

Photo/Film