FRONTPAGE

«Fotografien einer Stil-Ikone»

Von Ingrid Isermann

 

Neue Audrey-Bücher im Coffee-Table-Book- Format sind pünktlich zum 50-jährigen Jubiläum des Kultfilms «Breakfast at Tiffany’s» auf den Buchmarkt gekommen. Denn Audrey Hepburn (1929-1993) gilt auch heute noch als Stil-Ikone. Nicht nur in ihrem angestammten Metier, der Schauspielerei, sondern auch der Mode, der Fotografie und ihrem gesellschaftlichen Engagement als Sonderbotschafterin der UNICEF. Für den Band «Audrey 100» hat ihr Sohn Sean Hepburn Ferrer einhundert teilweise unver-öffentlichte Fotografien aus dem Familienalbum ausgewählt

 

«Moon River …Miss Holly Golightly» …
Sie weiss, wie man einen reichen Verehrer abstaubt, sie weiss, wie man eine gute Party feiert, und sie weiss, was hilft, sobald sie vom ‚roten Elend’ überfallen wird, dieser unbestimmten Angst vor der Welt: ein Abstecher zu Tiffany.
Beim Juwelier Tiffany auf der Fifth Avenue kann ihr nichts und niemand mehr etwas anhaben. Denn es ist nicht immer leicht, Holly Golightly zu sein. Wer es in New York schaffen will, das hat auch Holly Golightly verstanden, darf sein Herz nicht an Dinge und Menschen hängen. Nicht mal an einen Kater namens Kater. Oder erst sospät, als es fast zu spät ist und der Kater wie Holly heimatlos in den Hinterhöfen von New York herumirrt.
Eine kleine Kostprobe aus der unwiderstehlichen Erzählung vonTruman Capote, wie der Protagonist Fred, – verkörpert von George Peppard -, Holly Golightly kennenlernt:
Eines Nacht, es war schon weit nach zwölf, wurde ich davon wach, dass Mr. Yunioshi die Treppe hinunterrief. Da er im obersten Stock wohnte, schallte seine Stimme von oben bis unten durchs Haus, aufgebracht und streng. “Miss Golightly! Ich muss protestieren!“ Die antwortende Stimme, die vom Fuss der Treppen emporstieg, war auf alberne Art jung und macht sich über sich selbst lustig. „Ach, Herzchen, das tut mir leid. Ich hab den verflixten Schlüssel verloren“. „Sie können nicht immer wieder bei mir klingeln. Sie müssen sich bitte, bitte einen Schlüssel machen lassen.“ „Aber ich verliere sie alle.“ „Ich arbeite, ich muss schlafen“, schrie Mr. Yunioshi. „Aber immer klingeln Sie bei mir…“ „Ach, bitte nicht böse sein. Sie lieber kleiner Mann: ich tu’s auch bestimmt nicht wieder. Und wenn Sie mir versprechen, nicht böse zu sein“ – ihre Stimme kam näher, sie stieg die Treppe hinauf -, „dann lasse ich Sie vielleicht die Aufnahmen machen, von denen wir gesprochen haben.“  Inzwischen war ich vom Bett aufgestanden und hatte die Tür einen Spalt weit geöffnet. Ich konnte Mr. Yunioshis Schweigen hören: weil es nämlich von einer hörbaren Veränderung der Atmung begleitet wurde. „Wann?“, fragte er. Das Mädchen lachte. „Irgendwann“, vernuschelte sie die Antwort. „Jederzeit“, sagte er und machte seine Türe zu. Ich ging hinaus in den Flur und beugte mich über das Treppengeländer, gerade weit genug, um zu sehen, ohne gesehen zu werden. Sie war immer noch auf der Treppe, erreichte jetzt den Absatz. (…) Sie trug ein enges, schlichtes schwarzes Kleid, schwarze Sandaletten und eine breite Perlenkette, die ihren Hals wie einen Reif umschloss. (…) Sie hatte einen grossen Mund und eine Stupsnase. Eine Sonnenbrille verbarg ihre Augen. Es war ein Gesicht, das nicht mehr ganz in der Kindheit zu Hause war und schon einer Frau gehörte. Ich schätzte sie auf irgendetwas zwischen sechzehn und dreissig; wie sich herausstellte, stand sie zarte zwei Monate vor ihrem neunzehnten Geburtstag.
Die Paraderolle von Audrey Hepburn als New Yorker Playgirl Holly Golightly sollte nach dem Wunsch des Autors Truman Capote eigentlich Marilyn Monroe spielen. Erst als die Diva ablehnte, die Rolle erschien ihr angeblich zu anrüchig, erhielt Audrey Hepburn die Rolle ihres Lebens. Im eleganten kleinen Schwarzen, mit Diadem im hochgestecktem Haar, schwarzen langen Handschuhen und einer langen Zigarettenspitze, macht das Foto von Audrey Hepburn bis heute Furore.
Von Capotes Novelle bis zu den ersten Publikumsreaktionen schildert die Autorin Sarah Gristwood im schön gestalteten Fotoband ‚Frühstück bei Tiffany’ die Entwicklung des Filmes in kenntnisreichen Texten und anhand von 110 farbigen und schwarz-weissen Abbildungen sowie zahlreichen unbekannten Fotos, Skizzen und Dokumenten, die erstmals in einem Band versammelt sind. Regisseur Blake Edwards erinnert sich im Vorwort, warum die Dreharbeiten für ihn von Anfang an unter einem guten Stern standen. In Zusammenarbeit mit Paramount Pictures entstanden, bietet dieser Band einen einzigartigen Einblick in den Entstehungsprozess und die Hintergründe dieses Filmklassikers, der auch nach 50 Jahren nichts von seinem Zauber verloren hat. Die Filmpremiere in den USA fand am 5. Oktober 1961 statt, die Premiere in Deutschland am 12. Januar 1962.
Sie erinnern sich? Falls nicht, holen Sie sich auch eine DVD mit Audrey Hepburn-Filmen. Ob von ‚Ein Herz und eine Krone’(1953, mit Gregory Peck) oder ‚Sabrina’ (1954, mit William Holden) oder ‚Ariane – Liebe am Nachmittag (1957 mit Cary Grant) oder eben ‚Frühstück bei Tiffany’s’ (1961) mit George Peppard nach der Novelle von Truman Capote  – eine so elegante wie bezaubernde Erscheinung wie Audrey Hepburn werden Sie kaum sonst zu Gesicht bekommen. Ausser in den neuen Fotobänden über Audrey Hepburn.
Es ist nicht nur eine unvergängliche Zeitreise in die Vergangenheit. Es ist die pure Historie. Noch 2006 wurde Audrey Hepburn vom britischen Magazin ‚New Woman’  zurschönsten Frau aller Zeiten gewählt… Wenige Stars der Filmgeschichte konnten das Publikum mit ihrer Grazie, ihrer natürlichen Souveränität und ihrer Schönheit so beeindrucken wie Audrey Hepburn.
Für den Band „Audrey 100“ hat ihr Sohn Sean Hepburn Ferrereinhundert Fotografien ausgewählt. Dabei ging es ihm weniger um die technische Perfektion der Fotografie oder die Schönheit des Models, sondern vielmehr um die Frage ‚Was steht zwischen den Bildern?’. Die Geschichte, die in diesen teilweise  unveröffentlichten Bildern über Audrey Hepburn erzählt wird, ist eine einzigartige, denn sie ist von ihr selbst erzählt. Für Audrey Hepburn gab es keine Schnappschüsse. Ein Foto bedeutete für sie immer etwas, in das sie sich selbst hinein gab, mit der Hilfe guter Fotografen. So entstanden die einzigartigen Fotografien, die im aufwändig gestalteten Buch abgebildet sind und die die unvergleichliche Leichtigkeit vermitteln, die den Zauber von Audrey Hepburn Ausstrahlung ausmacht.
(I.I.)

 

 

Frühstück bei Tiffany von Sarah Gristwood: das Buch zum Film mit tollen Fotos. 192 S., geb., mit 110 farbigen und schwarz-weissen Abbildungen, Knesebeck Verlag München 2011. CHF 43.50. 29.95 Euro. ISBN 978-3-86873-350-1.

Sarah Gristwood ist Schriftstellerin und arbeitet fürs Fernsehen. Während ihrer Arbeit als Journalistin interviewte sie Martin Scorsese bis Giorgio Armani alle Grössen des Filmgeschäftes. Sie hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, darunter drei historische Biografien, die zu Bestsellern wurden.

 

 

Audrey 100, von Ellen Fontana. Vorwort Sean Hepburn Ferrer, 192 S., mit z.T. unveröffentlichten Fotografien, Hardcover, Format 25×30 cm, Edel-Verlag, Hamburg 2011.CHF 50.90. 36 Euro. ISBN 978-3-8419-0062-3

Sean Hepburn Ferrer, der älteste Sohn von Audrey Hepburn, ist Vorsitzender des Audrey Hepburn Children’s Fund und verwaltet das Erbe seiner weltberühmten Mutter. Zuletzt veröffentlichte er das Buch Audrey Hepburn: Melancholie und Grazie. Erinnerungen eines Sohnes. Hepburn Ferrer lebt mit seiner Familie in der Toskana und in der Nähe von Los Angeles.
Ellen Fontana ist Leiterin des Audrey Hepburn Children’s Fund. Sie war bereits Co-Autorin der Biografie Audrey Hepburn – Die Legende. Mit ihrer Tochter und ihrem Mann, dem italienischen Künstler Enzo Fontana, lebt sie in Los Angeles, Kalifornien.

 

Weitere Neuerscheinungen:
Verlieben Sie sich nie in ein wildes Geschöpf von Sam Wasson: was Sie noch nicht über „Frühstück bei Tiffany“ wissen (Steidl, 22 Euro, ab Mai 2011) ;
Truman Capote. Frühstück bei Tiffany. Neuauflage  Kein & Aber  2006ISBN 978-3-0369-5159-1. www.keinundaber.ch.

NACH OBEN

Photo/Film