FRONTPAGE

«Die Elbphilharmonie Hamburg – Von der Vision zur Wirklichkeit»

Von Ingrid Isermann

 

Sie wächst und wächst… die Elbphilharmonie… mit Bullaugen wie die Queen Mary, die auch öfters in Hamburg zu Besuch ist. Step-by-Step geht’s voran, in die HafenCity, vorbei an rotwangigen Backsteinspeichern, vor Augen die stolzen Glas- und Stahlneubauten und – endlich in Sicht, die Elbphilharmonie! Yes – it’s true! Da ist sie! Grösser als gedacht! Mit Planen verhangen und Hinweisen auf Konzerte, die Diva Hamburgs, die Schöne, die sich noch entpuppen soll! Ein Augenschein vor Ort in Hamburg. Ahoi!

 

Die Elbphilharmonie ist das herausragendste Bauwerk

Hamburgs. Der Prestigebau soll das neue Wahrzeichen der Hansestadt werden. Von hier oben kann man den ganzen Hafen überblicken, die grossen Schiffe nehmen das Fernweh mit und fahren elbaufwärts direkt auf die Zuschauer zu, die das Schauspiel in 37 Metern Höhe betrachten können. Denn dort, zwischen Backsteinsockel und Glasaufbau befindet sich die öffentliche Plaza, ein Aussenrundgang führt um die Elbphilharmonie herum und bietet eine atemberaubende Aussicht über ganz Hamburg. Die Plaza ist auch die Verbindung zwischen dem Foyer der Konzertsäle, dem Hotel sowie den Eingängen der Wohnungen.

Schon vor der Eröffnung der Elbphilharmonie stimmen Konzerte wie an Bord der ‚QUEEN MARY 2’ auf den neuen Spielort ein.

 

Die glitzernde Fassade aus etwa 1.100 einzelnen Glas-

Elementen, jeweils zwischen vier und fünf Meter breit und über drei Meter hoch, ist das besondere Kennzeichen der Elbphilharmonie, die sich auf eine Gesamtfläche von 21.500 qm verteilen – drei Fußballplätze hätten darauf Platz.

 

Die HafenCity Hamburg ist eine formidable Sehenswürdigkeit! Querelen um Baukosten und die Fertigstellung der Philharmonie können die Freude nicht wirklich schmälern. Und deshalb einige Fragen an die Elbphilharmonie. Über Visionen, Kosten und Fakten gibt Karl Olaf Petters, Pressesprecher der Elbphilharmonie und Kulturbehörde Hamburg, im Interview mit Ingrid Isermann Auskunft.

 

– Herr Petters, wann wird die Elbphilharmonie in Hamburg eröffnet?

 

Gemäß dem bestehenden Vertrag müsste die Baufirma Hochtief das Haus Ende November 2011 fertig gestellt übergeben. Hochtief hat der Stadt signalisiert, dass sie diesen Verpflichtungen nicht nachkommen können. Dass es zu massiven Verzögerungen kommt, ist auf der Baustelle sichtbar. Die Hinweise zum Eröffnungstermin, die die Stadt von Hochtief bekommt, machen eine Eröffnung vor 2014 in jedem Fall unwahrscheinlich.

 

– Ist die Finanzierung bis dann gesichert?

 

Die Finanzierung ist auch heute schon gesichert. Die Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg hat im Dezember 2008 Projektmittel für den öffentlichen Teil des Baus in Höhe von 323 Mio. € freigegeben. Seitdem hat es keine Kostensteigerungen gegeben. Die von der Baufirma Hochtief angemeldeten darüber hinausgehenden Mehrkostenforderungen werden von der Stadt Hamburg nicht anerkannt.

 

– Soll die Elbphilharmonie das neue Wahrzeichen neben dem Michel werden?

 

Die Elbphilharmonie soll ein Konzerthaus werden, das für höchste künstlerische Qualität steht. Dabei kann ein Gesamtkunstwerk aus Musik, faszinierender Architektur und der einmaligen Lage am Wasser entstehen. Ob das Haus zu Hamburgs neuem Wahrzeichen wird, lässt sich nicht prognostizieren. Das hängt nicht zuletzt davon ab, welchen Erfolg die Elbphilharmonie als Konzerthaus haben wird. In jedem Fall wird das Bild von Hamburg in der Welt sicher sehr stark von der Elbphilharmonie geprägt werden.

 

– Gab es Bauprobleme und was ist in der letzten Bauphase noch zu tun?

 

Die wesentlichen Probleme, mit denen in den letzten Jahren zu kämpfen war, betrafen vertragliche Fragen. In den letzten Abschnitten des Baus sind die Arbeiten am Dach und die Ausstattung der Konzertsäle wichtige Themen.

 

– Hatte man damit gerechnet, dass die Kosten so ansteigen würden? Was ja auch einige Kritik verursachte…

 

Nein, mit einem Anstieg der Kosten hatten die Projektverantwortlichen bei Vertragsabschluss nicht gerechnet, weder in dem tatsächlichen noch in einem anderen Umfang.

 

– Weshalb sind die Kosten so aus dem Ruder gelaufen? Ist das für die Architekten und die Bauleitung nicht vorhersehbar gewesen? Oder sind technische Probleme aufgetaucht, mit denen man nicht gerechnet hatte oder nicht rechnen konnte?

 

Die Kostensteigerungen sind auf Fehler in der vertraglichen Konstruktion zurückzuführen. Bei Vertragsabschluss zur Jahreswende 2006/7 war man zu optimistisch, noch vorhandene Planungslücken schließen zu können. Bei Vertragsabschluss lag weder ein synchronisierter Zeitplan vor, noch war das Bausoll abschließend definiert. Diese optimistische Erwartung hat sich nicht erfüllt. Seitdem die Vertragsparteien im November 2008 einen Nachtrag zum Bauvertrag geschlossen haben, der diese Defizite zum allergrößten Teil abdeckt, hat es keine Mehrkosten gegeben. Die seitdem von der Baufirma Hochtief geltend gemachten Mehrkostenforderungen werden von der Stadt nicht anerkannt.

 

– Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Elbphilharmonie?

 

Die Elbphilharmonie wird nur dann ein Erfolg werden, wenn es gelingt, breitere Publikums- und Bevölkerungsschichten für den Konzertbesuch zu gewinnen. Dabei zeigen die bereits in die dritte Saison gehenden Elbphilharmonie Konzerte die Richtung auf.

 

Mit ihrer faszinierenden Architektur und der Lage am Wasser, das die Elbphilharmonie an drei Seiten umgibt, wird die Elbphilharmonie vermutlich ein Anziehungspunkt für die Bürger der Stadt und ihre Gäste aus aller Welt werden. Der Elbphilharmonie ist zu wünschen, dass sie ein quirliges Haus wird, in dem sich die unterschiedlichsten Besuchergruppen treffen – Konzertbesucher, Bürger der Stadt und Touristen – und in dem urbanes Leben entsteht.

 

 

Das Projekt Elbphilharmonie ist auf die private Initiative des Projektentwicklers Alexander Gérard und der Kunsthistorikerin Jana Marko zurückzuführen, die Idee und Nutzungskonzeption entwickelten und es als Alternative zum damals geplanten „Media City Port“ vorstellten. Gérard und Marko gewannen im Jahre 2003 Herzog & de Meuron für eine Zusammenarbeit. Der erste Entwurf der Architekten wurde im Juni 2003 der Öffentlichkeit vorgestellt. Im November 2004 trat die Stadt Hamburg in den Vertrag mit dem Schweizer Architekturbüro Herzog & de Meuron ein; unter Leitung der städtischen Projekt-Realisierungsgesellschaft ReGe Hamburg wurde das Projekt weiter entwickelt.
Die Elbphilharmonie Hamburg ist ein seit April 2007 im Bau befindliches Konzerthaus auf dem Kaispeicher A in der HafenCity am westlichen Ende des Kaiserkais. Der Entwurf von Herzog & de Meuron sieht vor, auf dem bestehenden Baukörper des backsteinernen Kaispeichers A einen gläsernen Aufbau mit geschwungener Dachform zu errichten. Das Gebäude wird nach seiner Fertigstellung 26 Geschosse haben. Die Elbphilharmonie hat eine Gesamthöhe von rund 110 Metern und löst das Radisson Blu Hotel Hamburg als höchstes bewohntes Gebäude Hamburgs ab. Der Zugang zum Haus erfolgt über eine rund 82 Meter lange, konkav gebogene Rolltreppe, die das Erdgeschoss mit der Plaza, einer frei zugänglichen Fläche in Höhe des früheren Kaispeicher-Dachs verbindet. Zusätzlich stehen insgesamt 29 Aufzugsanlagen für die Erschließung des Hauses zur Verfügung. Generalintendant ist seit 2007 Christoph Lieben-Seutter. Das Richtfest fand nach gut dreijähriger Bauzeit im Mai 2010 statt. Am Tag nach dem Richtfest erlebte die Elbphilharmonie den ersten Massenanstrum, als 4000 Besucher beim „Tag der Plaza“ die Baustelle besichtigten. Die Fertigstellung des Gebäudes ist für Ende 2013 geplant, der große Konzertsaal im Gebäude soll bereits im Juni 2013 fertiggestellt sein. Bis dahin finden „Elbphilharmonie Konzerte“ in der Laeiszhalle und an zahlreichen weiteren Spielstätten in Hamburg statt. Vorgesehen sind ein Großer Konzertsaal mit rund 2150 Sitzplätzen, ein Kleiner Saal mit 550 Plätzen sowie ein dritter Saal, das so genannte Kaistudio, mit 170 Sitzplätzen. Der Große Saal folgt dem Prinzip der Weinberg-Architektur, bei dem sich die Ränge um eine zentral angeordnete Bühne gruppieren. Der Große Saal ist auf klassische Musik ausgerichtet, kann aber auch für Jazz und populäre Weltmusik genutzt werden. Der Kleine Saal wird vorwiegend zur Aufführung von Kammermusik dienen und darüber hinaus weiteren Nutzungen offen stehen. Das Akustikkonzept der Säle stammt von Yasuhisa Toyota, der bereits die Konzepte von mehr als 50 anderen Konzerthäusern und Konzerthallen erstellt hat. Residenzorchester der Elbphilharmonie wird das NDR Sinfonieorchester. Neben dem öffentlichen Bereich der Konzertsäle werden als flankierende kommerzielle Nutzungen ein Vier-Sterne-Hotel mit 250 Zimmern, zum Hotel gehörende Konferenz- und Wellnessbereiche, Gastronomie und 45 Wohneinheiten in der Elbphilharmonie untergebracht. Im ehemaligen Kaispeicher entsteht neben dem Kaistudio und Räumlichkeiten für einen musikpädagogischen Bereich auch ein Parkhaus mit rund 510 Stellplätzen.
Im Zusammenhang mit dem Bau der Elbphilharmonie werden weitere städtebauliche Maßnahmen im Umfeld des Gebäudes erfolgen. Zur Verbesserung und ästhetischen Aufwertung der fußläufigen Anbindung der Elbphilharmonie und der westlichen HafenCity wird eine neue Promenade von der U-Bahn-Station Baumwall zur Elbphilharmonie angelegt. Die Haltestelle erhält hierzu einen neuen Ausgang westlich der Schalterhalle, der auf eine platzartige Anlage unterhalb des U-Bahnviadukts führt. Von dieser aus führt ein neu gestalteter Fußweg zur Elbphilharmonie. Der Entwurf hierfür stammt ebenfalls vom Büro Herzog & de Meuron. Die Kosten für das Vorhaben werden nach bisherigen Schätzungen rund 10,7 Millionen Euro betragen, die Realisierung ist für 2011 vorgesehen.
Im weiteren Umfeld der Elbphilharmonie wird auch die Neugestaltung der Uferpromenade zwischen Baumwall und Landungsbrücken nach Entwürfen des Büros um Zaha Hadid neu gestaltet. Die bestehende, rund 600 Meter lange Promenade soll zwischen 2011 und 2013 neu gestaltet werden, die Investitionskosten belaufen sich auf rund 30 Millionen Euro und werden vom Land Hamburg und dem Bund getragen.
Die Elbphilharmonie wird zum Zeitpunkt ihrer Fertigstellung über den ÖPNV und den Individualverkehr erreichbar sein. Die nächstgelegene Schnellbahnhaltestelle ist die Station Baumwall der Linie U3, die rund 400 Meter nordwestlich der Elbphilharmonie liegt. Die in Bau befindliche U4 unterquert das Gebäude fast. Sie erhält zwar keine eigene Haltestelle, die Station Überseequartier befindet sich jedoch in fußläufiger Entfernung.

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