FRONTPAGE

«Frank Lloyd Wrights Juwel der Wüste in Arizona»

Von Ingrid Schindler

1929 öffnete das Arizona Biltmore seine Tore. Der Hotelkomplex wurde nicht nur zum wegweisenden Luxusresort Arizonas, sondern zum Meilenstein der modernen Architektur. Es ist heute das einzige Hotel weltweit, das den bahnbrechenden Stil Frank Lloyd Wrights bis ins kleinste Detail widerspiegelt.

 

«Die Natur von Arizona schien ganz laut nach einer eigenen, den Raum liebenden Architektur zu verlangen». (F.L. Wright 1927)

 

Das Valley of the Sun war schon in den Goldenen Zwanziger Jahren ein bevorzugtes Winterdomizil sonnenhungriger und wärmeliebender Nordamerikaner: Auch im Winter ist es im Süden Arizonas warm und trocken, so dass sich der Grossraum Phoenix – Scottsdale  früh zu einer Hochburg der Luxus- und Golfressorts entwickelte.

Die Wüsten und Halbwüsten Arizonas übten auf Frank Lloyd Wright eine starke Faszination aus, wie es auch die weiten Prärielandschaften seiner Heimat Wisconsin taten. Der Architekt aus dem Mittleren Westen war bereits weltbekannt, u.a. wegen seiner harmonisch in die Landschaft integrierten Präriehäuser, erdbebensicherer Bauten in Tokio und eines funktional-familiären Bürokomplexes im Staat New York, als er sich 1927 des Chandler-Projekts in Arizona annahm.
Alexander Chandler hatte den Baumeister ohne Universitätsabschluss, der sich einen Namen als der Architekt der amerikanischen Moderne gemacht hatte, für ein Hotelprojekt in der Wüste im Süden von Phoenix gewonnen. Als Unterkunft und Arbeitsplatz errichtete Wright für sich, seine Familie und seine Zeichner ein Wüstencamp in der Nähe des Bauplatzes ein. Das inspirierende wie überraschende Barackenensemble namens «Ocatillo», schon längst abgerissen, ist in die Architekturgeschichte eingegangen, während das Chandler Projekt aufgrund des Börsenkrachs im Oktober 1929 nie realisiert wurde.

Eine andere Hotelanlage jedoch, die Albert Chase McArthur, ein Schüler Wrights, mit seinem Bruder erbaute, verkörpert in Reinkultur die Wright’sche Gestaltungsphilosophie. Es handelt sich um das 1929 eröffnete Arizona Biltmore, die Mutter der luxuriösen Ressorthotels im Sunshine- und Grand-Canyon-State, bei dem der Meister nur als beratender Architekt wirkte.

Der Komplex vereint in sich alle Charakteristika der neuen«organischen Architektur»: die horizontale Einbettung der Bauten in die Natur, die Verwendung regionaler Materialien und deren Sichtbarmachung, der offene Grundriss und die von den vier Aussenpfosten befreite Statik.

Dem Betonblockstein, dem «verachteten Ausgestossenen der Bauindustrie», verschaffte Wright im Biltmore, wie schon zuvor bei seinen kalifornischen Präriehäusern, eine völlig neue Wertigkeit, indem er ihn verfeinerte und mit Motiven aus der Natur veredelte. Die indianisch inspirierten Palmenmuster hauchen dem Beton eine  «unerwartete Seele» ein und«erwecken in ihm lebendige Schönheit»Das Kupferdach des Hotels ist eine Reminiszenz an den Kupferabbau, der dem jungen  Staat Wohlstand bescherte.

Die weiten Horizonte, die Berge, die Wüste mit ihren Kakteen und das Klima des Valley of the Sun begeisterten Frank Lloyd Wright derart, dass er 1937 Bauland in der Nähe von Scottsdale für sein eigenes «Winterlager» erwarb. Darauf errichtete er für sich selbst und seine Schüler  «Taliesin West» als Wohnhaus und Atelier – zur selben Zeit, als er in Pennsylvania mit«Fallingwater» sein berühmtestes Privathaus im Auftrag erstellte. Der Name seiner Wüstenresidenz lehnte sich an  «Taliesin I bis III» an, seinen Wohnsitz in Wisconsin, an, was auf Walisisch «leuchtende Bergkuppe» bedeutete und Wrights Abstammung verriet.

Bis zu seinem Tode 1959 verbrachte Wright viel Zeit in«Taliesin West» und liess hier begabte Jungarchitekten aus aller Welt für sich arbeiteten. Nach wie vor befindet sich die Wright-Architekturschule auf dem 250 ha grossen Wüstengelände und kann besichtigt werden. Noch eindrucksvoller ist es jedoch, selbst in einem Wright-Gebäude abzusteigen und dessen Vorstellungen einer humanen Architektur am eigenen Leib zu erfahren. Das ist im Arizona Biltmore, dem einzigen original erhaltenen Hotelressort des grossen Baumeisters, möglich.

Von Anfang an war das Arizona Biltmore ein bevorzugter Tummelplatz von Celebrities, Staatsmännern und Wirtschaftskapitänen. Das Haus hat sämtliche US-Präsidenten seit Hoover beherbergt. Auch Obama war schon da. Clark Gable und Carol Lombard oder die Reagans verbrachten hier ihren Honeymoon. Irving Berlin textete   «I’m dreaming of a white Christmas» am Catalina Pool, derselbe, an dem Marylin Monroe bevorzugt ihre Kurven zeigte, während Frank Sinatra, Sammy Davis Jr. und Liza Minelli Spontankonzerte in der Pianobar gaben.

Nebenbei wurde hier der Tequila Sunrise erfunden, und die Decke der Hotellobby ist nach dem Taj Mahal die grösste Blattgold-Decke der Welt – passend zu einem Tempel der Moderne.
Im Arizona Biltmore lebt das Wüstencamp weiter, dem der All-American-Architekt voraussagte: So bist du, ‚Ocatillo‘, unser kleines Wüstencamp, vergänglich – aber nichtsdestotrotz wirst du dich ‚fortpflanzen». Der Ocatillo-Funke sprang auf das Arizona Biltmore über, dessen kreativer Geist die Gäste auch 80 Jahre später noch berührt. Den majestätischen Blick auf den Squaw Peak im Camelback Mountain gibt es ja auch immer noch.

 

Der Architekturpapst, die Frauen und das Arizona Biltmore
Frank Lloyd Wright, geboren 1867 in Wisconsin, gestorben 1959 in Phoenix,  ist der bedeutendste amerikanische Architekt des 20. Jahrhunderts. Keiner hat die Architektur der Neuen Welt so stark geprägt wie er. Abgesehen von Projekten in Japan war Wright ausschliesslich in den Staaten tätig, vor allem im Mittleren Westen, in Kalifornien und in Arizona. Seine Objekte erfüllten die unterschiedlichsten Bedürfnisse, vom Privathaus, Bürogebäude, Museum, Forschungslabor bis zur Schule und Kirche. Zu Wrights berühmtesten Werken zählen das „Fallingwater“ House in Mill Run, Pennsylvania, und das Guggenheim Museum in  New York. 
Das aufregende Leben Wrights, dem die Natur der Massstab aller Dinge war, hat der amerikanische Schriftsteller T.C. Boyle in einen Roman gefasst. In der Fiktion stehen der Liebhaber und Frauenheld Wright und seine Frauen im Mittelpunkt, wobei sich die Handlung an Fakten orientiert. Ein lesenswerter Roman, zumal auf der Reise ins Amerika des Frank Lloyd Wright. 
T.C. Boyle, Die Frauen, Hanser 2009.

 

Das Arizona Biltmore wurde am 23.2.1929 eröffnet. 1930 kaufte Kaugummi-Magnat William Wrigley Jr. das Ressort. Heute gehört es zur Waldorf Astoria Collection. Zu seinen Gästen zählten u.a. Fred Astaire, Marlon Brando, Bill Crosby, Nicholas Cage, George Clooney, Tome Cruise, Michael Douglas, Whoopi Goldberg, Gregory Peck, Arnold Schwarzenegger, Frank Sinatra, Steven Spielberg, Sylvester Stallone, Sharon Stone, Elisabeth Taylor, um nur einige Hollywoodgrössen zu nennen, die im “Jewel of the Desert” abstiegen.
Die Anlage besitzt 740 Räume und Suiten, Boutiquen, Restaurants, Bars, einen grossen Ballroom, jegliche Business Facilities, 8 Pools , Spa, Fitness Center, zwei  18-Loch-Golfplätze, 7 Flutlicht-Tennisplätze, Basketballfeld  u.v.a.m.. Neuester Coup ist der 24-Stunden-Concierge-Service imOcatilla at Arizona Biltmore. Das Ressort ist 8 Meilen oder 15 Minuten vom Sky Harbour International Airport, dem Flughafen von Phoenix, der Hauptstadt Arizonas, entfernt. Arizona Biltmore, 2400 E. Missouri, Phoenix, AZ 85016, Tel. (602) 955-6600,
 www.arizonabiltmore.com.

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