FRONTPAGE

«Krimi-Seismographen»

 

 
 

Krimis sind Seismographen für die Ungerechtigkeiten der Welt, und das beweisen auch die neuen Krimis von Dominique Manotti: «Schwarzes Gold» und Donna Leon: «Ewige Jugend».

Dominique Manotti war 50, als sie ihren ersten Roman schrieb, aber da hatte sie die französische Gesellschaft schon als Historikerin und Gewerkschafterin durchleuchtet, genug gesehen von Korruption, Geheimdiensten, politischen Seilschaften und kriminellen Wirtschaftsbossen. Vielfach preisgekrönt sind ihre Werke, lakonisch und illusionslos realistisch ist ihr Stil, fesselnd wie ein authentischer  Dokumentarbericht. Ihr neuer Krimi spielt in den 70er Jahren und nichtsdestoweniger aktuell. Ölkrise, Drogenhandel, mittendrin in der Hafenstadt Marseille Théo Daquin, der junge Kommissar aus Paris, der sich durch die Machenschaften der grossen Ölkonzerne wühlt. Im Roman entfaltet sich das Panorama einer finsteren Welt, die alle Schattenseiten der heutigen Globalisierung vorwegnimmt.

 

März 1973: Nach der Auflösung der „French Connection“ tobt in Marseille ein blutiger Bandenkrieg um die Nachfolge von Mafiaboss Antoine Guérini. In dieser aufgeheizten Atmosphäre wird der dynamische Geschäftsmann Maxime Piéri vor dem Casino von Nizza getötet. Der Held der Résistance, vormals rechte Hand der Guérini-Brüder und zum Frachtreeder konvertiert, scheint seiner Mafiavergangenheit nicht entkommen zu sein. So lautet die Version von Polizei und Justiz, wo man an einer echten Untersuchung nicht interessiert ist.

 

 

Schauplatz Marseille
1973. Die grossen Ölkonzerne halten den Daumen auf den Erdölmarkt. Auch der transatlantische Drogenhandel blüht nicht mehr wie zuvor, die French Connection ist zerschlagen. Während Unterwelt und Polizei sich neu aufstellen, kämpft die Hafenstadt Marseille mit dem wirtschaftlichen Niedergang. Der junge ehrgeizige Commissaire Daquin aus Paris stösst zu den Kriminalermittlern an der Côte d’Azur. Sein erster Fall: Vor einem Casino in Nizza wird ein Marseiller Unternehmer mit zehn Schüssen niedergestreckt. Der Staatsanwalt vermutet eine Abrechnung im Milieu. Daquin zweifelt. Doch die Seilschaften vor Ort zu durchschauen ist einem Auswärtigen kaum möglich. Was für ein Spiel läuft hier? 

In diesem Roman (das französische Original erschien 2015 bei Gallimard) schickt Dominique Manotti ihren Protagonisten Théo Daquin in seine Vergangenheit – in eine Affäre, die nicht nur sämtliche unterirdischen Netzwerke von Marseille und Nizza umfasst, sondern vor allem die obskure Welt des Erdölhandels. Meisterhaft gestaltet die Wirtschaftshistorikerin das gigantische ökonomische und geopolitische Fresko einer hochkomplexen Epoche, ausgezeichnet mit dem «Grand Prix du Roman 2016».
«Schwarzes Gold ist ein Roman noir, inspiriert von der Geschichte der French Connection. Wie immer bei Manotti bekommt man einen millimeterfein ausgeklügelten Plot, akribische Recherchen und herrlich kontrastreiche Figuren. Packend». Le Figaro



 

Aus dem Vortext der Herausgeberin

Schlaglicht: eine Hochzeit in New York. Späte Sechziger, doch statt der damit gern assoziierten Flowerpower fällt der Blick auf höfische und intime Rituale in einer Schaltzentrale der Macht, wo man Weichen stellt, von deren Existenz die gemeine Verbraucherschar nichts zu ahnen hat. Schlaglicht: ein noch junger Commissaire Daquin betritt den Bahnhofsvorplatz von Marseille, Stadt der Schurken und Banditen, Tor zur Welt, brodelnder Moloch zwischen Klassen­kampf und Krise, für manche ein Sprungbrett, für andere Endstation. Kugeln treffen ihr Ziel, Deals gehen über die Bühne, und hinter den Kulissen des sonnenbeschienenen Mittelmeerhafens spinnen die kleinen und grossen Geschäftemacher an ihren Netzen. Manottis Marseille fängt in Makro-Aufnahmen von extremer Schärfe und kühler Sinnlichkeit die intrigen­strotzende Wirtschaftspolitik der Siebziger ein. Präzise Action in einem harsch skizzierten Fresko der leidenschaftslosen Gewalt: Die Akteure sind Spieler, der Einsatz ist heute noch derselbe. Es ist unsere Welt. Falls wir eine Chance haben, durch Literatur die Geschichte zu begreifen, dann ist Manotti eine unserer kostbarsten Dozentinnen. Vive la révélation. Else Laudan


 Dominique Manotti,1942 geboren, kam erst mit fünfzig Jahren zum Schreiben und veröffentlichte seither acht Romane. Ihre Bezugspunkte sind der amerikanische Schriftsteller James Ellroy, die neuzeitliche Wirtschaftsgeschichte und die 68er-Bewegung. Diese ungewöhnliche Kombination begründet Manottis dichten, unpathetischen Stil. Die Historikerin lehrte an verschiedenen Pariser Universitäten Wirtschaftsgeschichte der Neuzeit, war als Gewerkschafterin in der CFDT aktiv und leitete als Generalsekretärin deren Pariser Sektion. Ihr Werk wurde mit zahlreichen Literaturpreisen geehrt, u.a. dem Duncan Lawrie Dagger, dem Deutschen Krimipreis International, dem Prix Mystère de la Critique und der Trophée 813.

 

 

Dominique Manotti

Schwarzes Gold

Deutsch von Ines Konopk

Ariadne Verlag, 2016

384 S., geb. mit Schutzumschlag

CHF 19.90. € 19.

ISBN 978-3-86754-213-5

 

 

«Donna Leon: 
Ewige Jugend»
Commissario Brunettis fünfundzwanzigster Fall
Das Jubiläumsbuch: Brunettis Bravourstück. Der Commissario ermittelt in den Tiefen der Erinnerung: Contessa Lando-Continui möchte ihren Frieden finden, doch der tragische Sturz ihrer Enkelin in den Canale di San Boldo lässt ihr keine Ruhe. Was, wenn es kein Unfall war? Brunetti nutzt seine Connections, seine Einfühlung und seine Erfahrung. Donna Leon ist nach wie vor ein sicherer Wert für ihre Krimi-Fans. Und natürlich steht das Buch bereits auf der Bestseller-Liste des «Spiegels».

 

 

Contessa Lando-Continui, eine Freundin von Brunettis Schwiegereltern, möchte ihren Frieden finden. Doch jene Nacht lässt sie nicht los, als ihre Enkelin in den Canale di San Boldo stürzte. In ewiger Jugend ist Manuela seitdem gefangen. Und wenn es mehr als ein Unfall war? Die Contessa fragt den Commissario um Rat. Ein besonders schwieriger Fall, da es kaum mehr Spuren gibt – außer in der Psyche des Opfers. Gut, dass Brunetti nicht nur Signorina Elettra treu zur Seite steht. Auch Kommissarin Griffonis private Vergangenheit erweist sich als sehr hilfreich für die Polizeiarbeit. Brunetti aber bringt all seine Erfahrung und Lebensweisheit ins Spiel, um zu klären, was geschehen ist.

 

 

Donna Leon
Ewige Jugend
Aus dem Amerikanischen von Werner Schmitz
Roman
Diogenes, 2016
Hardcover Leinen, 336 S.,
CHF 32. € 24 (D). € 24.70 (A)
ISBN 978-3-257-06969-3

NACH OBEN

Reportage


Buchtipp


Kolumnen/
Diverses