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«Fotograf Willy Spiller: Streetlife als Commedia dell’arte»

Von Ingrid Isermann

 

Zwischen 1977 und 1985 lebte der Schweizer Fotograf Willy Spiller in New York und LA. Fasziniert durch das Tempo und die Energie der 70er und 80er Jahre liess er sich mit seiner Kamera durch die Strassen treiben und bannte die vergangene Welt in all ihren Facetten aufs Bild, eine eigentliche Commedia dell’arte. Die Ausstellung in der Fotogalerie Bildhalle zeigt seinen profunden Sinn für die Schönheit des Alltags.

Ob Pendler in New Yorks Untergrund, Tanzende im legendären Studio 54, Shopper in Harlem, Lunch on Broadway, HipHop-Kultur in den Strassen New Yorks oder Pool-Leben der High Society in LA: Spiller verbindet die Neugierde für den Menschen stets mit einem tiefen Sinn für die Schönheit des Alltags.

 

Der menschlichen Komödie auf der Spur

«Ich habe mich oft gefragt, was Willy Spillers Fotografie so unverblümt und lebensfrisch, so packend erscheinen lässt, noch aus langjährigem Abstand. Ich glaube, er ist ein Gemisch aus schamloser Neugier und schurkischer Komplizität, aber auch brüderlicher Kompassion», so der Schriftsteller Paul Nizon. Und: «Spiller ist der Inbegriff des Kopfjägers, will sagen, er ist der menschlichen Komödie oder besser Tragikomödie auf der Spur, immer von der Frage geleitet, wie sie es bloss schaffen, sich durchzumogeln und durchzubeissen durch den Jahrmarkt des Lebens (das Jammertal), die Kleinen und Grossen, die Blender und Dulder, die Opfer, die Stars mit den falschen Zähnen, die Leute. Ja, wie schaffen sie es nur, und wie bringt er es fertig, ihnen das Lächeln zu entlocken, das Funkeln von Mut und Übermut, von Schönheit, wenn nicht den Glanz?».

 

Es ist die unbedingte Humanität, Respekt zu zollen und den Menschen in seiner Würde
zu belassen, was in den kleinsten Nuancen ausstrahlt. Die Fotos verfügen über eine seltene Präsenz und sprechen direkt zu den Betrachtenden, unverblümt und unverstellt.

 

 

Schaffen, Geld, Poesie und Fotografie

Willy Spiller selbst sagt über sein Schaffen, Geld, Poesie und Fotografie: «Wenn ich heute gefragt werde, wie man in der Fotografie am schnellstens zu Geld kommt, ist meine Antwort: Verkaufe die Kamera! Mit hat diesen Rat niemand gegeben, so bin ich halt dabei geblieben. Und bereue es bis heute nicht, bin sogar immer wieder überrascht, dass ich Geld bekomme für etwas, das ich so gerne mache, dass ich sogar dafür bezahlen würde. Als Fotograf versuche ich, das grosse Theater des Lebens zu erforschen… als teilnehmender Beobachter das Geschehen so darzustellen, dass es für andere unmittelbar erlebbar wird. Und vielleicht entdecke ich dabei sogar ein Geheimnis».

 

«Spiller ist ein Fotograf der Menschen und ihrer Geschichten, seine Bildern entziffern die comédie humaine, immer findet er Imposantes im Unscheinbaren, sieht die Tragik im Lächerlichen, aber auch den Humor im Deprimierenden und die Eleganz im Geschmacklosen. Unverfroren, aber immer respektvoll, unsentimental, aber gefühlvoll, führen seine Fotografien durch unsere Gegenwart», so Tobia Bezzola, Direktor Museum Folkwang Essen.

 

 

Willy Spiller (*1947, Zürich) reiht sich ein in die Geschichte der grossen Schweizer Fotografie. Im Jahr 1968 schliesst der das Studium an der Hochschule für Gestaltung und Kunst ZHdK, mit einem Diplom ab. Während vieler Jahre reist Spiller durch die Welt, unterwegs mit Freunden aus Literatur und Kunst.

 

Sein Schaffen umfasst Kunstfotografie, Bildjournalismus, Unternehmensfotografie und experimentelle Filme. Die Verbindung der Genres ist die hochstehende Qualität seiner Arbeit und seiner Haltung. Seine Neugier gilt der Veränderung, seien es gesellschaftliche Umbrüche oder der Ästhetik. Mit seiner subjektiven Suche nach Wahrheit, bei der es oft um Macht und Ohnmacht geht, verhilft Spiller dem visuellen Experiment und der Dokumentarfotografie zu einem besonderen Stellenwert im aktuellen Kunstdiskurs. Willy Spiller lebt in Zürich.

 

 

BILDHALLE, Galerie für zeitgenössische und klassische Fotografie.
Stauffacherquai 56, 8004 Zürich. Bildhalle.ch, info@bildhalle.ch
Ausstellung bis 24. Februar 2018. Öffnungszeiten Mi-Fr 12h bis 18.30h, Sa. 11h bis 16h.

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