FRONTPAGE

«Shizuko Yoshikawa: zauberhaft subtile konkrete Transformationen»

Von Ingrid Isermann

 

 

Die erste Monografie über die in Japan geborene, konstruktiv-konkrete Künstlerin Shizuko Yoshikawa zeigt ihr Werk als Verbindung rationaler Konzepte der europäischen Moderne mit der Poesie und Subtilität der japanischen Zen-Tradition. Zur nachfolgenden Generation konstruktiv-konkreter Kunst gehörend, nimmt Yoshikawa aufgrund ihrer japanischen Herkunft und Ausbildung eine einzigartige Stellung unter den Konkreten ein und wird zur Vermittlerin östlicher und westlicher Kultur.

 

Die schön gestaltete Monographie wurde von der «Shizuko Yoshikawa und Josef Müller-Brockmann-Stiftung» initiiert. Shizuko Yoshikawa verliess 1961 im Alter von 27 Jahren Japan, um an der Hochschule für Gestaltung, Ulm «Visuelle Kommunikation» zu studieren. In der Schweiz arbeitete sie als Gestalterin mit ihrem späteren Ehemann Josef Müller-Brockmann zusammen und fand in den 70er Jahren zu ihrer Kunst und den Zürcher Konkreten. In einem detaillierten, aufschlussreichen Essay weist die Kunsthistorikerin Gabrielle Schaad auf die aussergewöhnliche künstlerische Biografie Yoshikawas zwischen Ost und West hin. Ein Beitrag von Prof. Midori Yoshimoto beleuchtet das Leben der Künstlerin und die Interpretation ihres Werkes im japanischen Kontext.

 

 

Im Universalen das Spezifische
In der Ausstellung Poesie + Ratio. Fünf Positionen in der Altana Galerie der TU Dresden trat ihre Serie a roma (1997-1999) 2005 in Dialog mit Positionen von Künstlern wie Eugen Gomringer oder Heinz Mack. Es ist auch Bills früherer Sekretär in Ulm, der Kunsttheoretiker und Dichter Gomringer, so Gabrielle Schaad, der bereits 1992 in Zusammenhang mit Yoshikawa auf die grundlegende Öffnung dieser konkreten Kunsttradition zur Poesie hinweist. So beurteilte er Yoshikawas Schaffen etwa mit der Einschätzung, sie leiste «auf sehr genuine Weise sozusagen den Schweizer Beitrag der internationalen Bewegung», dadurch erhalte «der Lyrizismus – einst ein Angriffsziel der klassischen Konkretion – (in dieser seiner) subtilsten Art als Freiraum zunehmende Bedeutung».

 

Der Kunsthistoriker und Kurator Guido Magnaguagno, Zürich, betrachtete das Werk Yoshikawas als «kosmische Netzstruktur» und stellte ihre fernöstliche Lebensphilosophie und die Auseinandersetzung mit der Bildform des Tondo, des kosmischen Gewebes und dessen gestaltete Energie aus der Leere, in den Mittelpunkt ihres Schaffens.

 

Shizuko Yoshikawa gilt als Botschafterin der Zürcher Konkreten, so Gabrielle Schaad, die im Universalen das Spezifische fand und im Lokalspezifischen über geographische und ideologische Grenzen hinweg vermittelbare Werte, die zu vielfältigen Dialogen und Auseinandersetzungen anregen.

 

 

Meditative Ordnung
Midori Yoshimoto bezeichnet Yoshikawas konkrete Kunst als «von der natürlichen Ordnung inspiriert, die über eine reduzierte Schönheit zur meditativen Arbeitsweise führt». Ihre Kunst schöpfe zudem «aus dem Erbe der europäischen Moderne und geht zurück auf den Konstruktivismus, De Stijl und das Bauhaus des frühen 20. Jahrhunderts. Yoshikawa schlug einen sehr eigenen Weg ein, begann als Grafikdesignerin und wechselte in den vierziger Jahren zur bildenden Kunst. Darüber hinaus schuf sie grossformatige Skulpturen und übersetzte deren Systeme später zuerst in kleinere Skulpturen für Innenräume und schliesslich in zweidimensionale Gemälde. Die sich kreuzenden Linien ihrer späteren Gemälde scheinen wie vor schwachen Schatten im Raum zu schweben.
Als Schöpferin ihrer «ureigenen Lebensbahn» in der Kunstwelt,« in der weibliche Kreativität bestenfalls unterschätzt wird», hat Yoshikawa sozusagen «ein eigenes Zimmer» («a room of ist own», Virginia Woolf) erschaffen, um ihr wahres Potential auszuschöpfen, so Yoshimoto. Shizuko Yoshikawa hat auch in Japan mit ihren Ausstellungen in Tokio und Osaka grosse Beachtung gefunden, ein Höhepunkt war sicherlich der bewundernde Besuch der japanischen Kaiserin Michiko 1996 in ihrer Ausstellung.

 

Shizuko Yoshikawa, *1934 in Japan, war eine der ersten und wenigen japanischen Studenten an der Ulmer Hochschule für Gestaltung, bekannt als «Bauhaus» der Nachkriegszeit. Sie heiratete den renommierten Designer Josef Müller-Brockmann (1914-1996), einen Pionier des Schweizer Grafikdesigns. Die Künstlerin verstarb 2019 in Zürich.

 

 

Shizuko Yoshikawa

Monographie
Autor (en): Gabrielle Schaad
Herausgegeben von Lars Müller, 2018
Mit einem Essay von Midori Yoshimoto
deutsch / englisch / japanisch
Design: Integral Lars Müller
25 × 28 cm
Hardcover
248 S., 236 Abb.
CHF 60. € 50.
978-3-03778-567-6,

 

 

 

 

«Hommage an den Fotografen Niklaus Stauss: am Puls der Zeit»

 

Man trifft ihn überall, wo die Kunstszene präsent ist. Zum 80-jährigen Geburtstag hat sich Niklaus Stauss nun selbst ein Geschenk gemacht – eine illustre Bilderschau aus sechzig Jahren lokaler und internationaler Kultur- und Kunstszene!

 

Der aufwendige Bildband wurde sorgfältig kuratiert und herausgegeben von seiner Tochter, der Fotografin Barbara Stauss. Eine aufgefächerte Zeitgeschichte, denn jedes Bild erzählt eine kleine Geschichte aus Kunst, Musik, Theater, Oper, Literatur, Film und Tanz und schon ist man mitten dabei im grossen und kleinen Geschehen, mit Promis und Bekannten, Unbekanntem und Vertrautem.

Von Brigitte Bardot bis Louis Armstrong, von Harald Szeeman bis Daniel Schmid.

Literatur & Kunst gratuliert sehr herzlich zum formidablen Fotoband und zur fabelhaften Schaffenskraft. Ein Lokalereignis der besonderen Art!

 

Niklaus Stauss wurde 1938 in Zürich geboren und wuchs in Rapperswil auf. Er absolvierte die Kunstgewerbeschule in Zürich und eine Ausbildung als Schaufensterdekorateur bei Jelmoli, bevor er Fotograf wird und ein eigenes Atelier eröffnet. Seit 1958 ist er auch für die Bildagentur Keystone (heute Keystone SDA) tätig. 2011 erwirbt die Graphische Sammlung der Nationalbibliothek (SNB) das gesamte Bildkonvolut aus den Jahren 1950-1999, um es der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Niklaus Stauss war in insgesamt 43 Ländern tätig. Seine Fotografien wurden in Büchern, Zeitungen und Zeitschriften veröffentlicht. www.stauss.ch

 

 

Foto: Niklaus Stauss
Edition Patrick Frey, Zürich 2018
Hrsg. Barbara Stauss
Mit Texten von
Zora del Buono, Hans-Michael Koetzle, Barbara Stauss
Gestaltung
Hanna Williamson-Koller
Gebunden, 448 Seiten, 800 Farbabbildungen
22 × 33 cm
CHF 70.
ISBN: 978-3-906803-56-2

 

https://www.editionpatrickfrey.com/de/books/foto-niklaus-stauss-barbara-stauss#

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