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«Krösus lässt grüssen: Lefkada, die Schöne mit den weissen Stränden»

Von Ingrid Schindler

 

Onassis ist Vergangenheit. Enkelin Athina hat die Inseln Skorpios und Sparti des griechischen Reeders an die Tochter eines russischen Superreichen verkauft. Was bleibt, ist die Schönheit des Archipels. Auf der «weissen» Hauptinsel Lefkada, der Lieblingsinsel griechischer Dichter und Schriftsteller, kann man auch fernab vom Tourismusgetriebe als Normalsterblicher fürstlich Ferien machen.

 

Lefkada? Nie gehört.
Sappho hat sich der Sage nach aus Liebeskummer von den weissen Kalkklippen Lefkadas in die türkisblauen Fluten des Ionischen Meers gestürzt. Der Name leitet sich von Lefkas ab, wie man die Insel und ihre Hauptstadt früher nannte und auch heute noch nennt, und dieses geht wiederum auf Altgriechisch leukas, die Weisse, bzw. Leukos, Odysseus’ Gefährten, zurück. Leukadios Chern alias Iakoumo Koyzoumi, der auf Lefkada geborene Nationalpoet Japans, hat «die Weisse» besungen. Aristoteles Valaoritis, der griechische Nationalpot, hat sich als erster «Promi» eine der umliegenden Inseln als privates Hideaway zugelegt, wie später Onassis und Giorgio Armani auch. Viele grosse griechische Dichter und Denker, Künstler, Philologen, Archäologen oder Operndiven wie die Callas und Agnes Baltsa kehrten ganz oder immer wieder auf den Geheimtipp unter den Ionischen Inseln zurück. Und Sie haben noch nie von ihr gehört? Sicher aber von Ithaka, Odysseus’ Heimat.

 

 

Ithaka und Lefkada
Die Wurzeln der gleichnamigen Inselhauptstadt reichen bis ins zweite Jahrtausend vor Christus zurück. Im 7. Jahrhundert vor Christus, als die Korinther Lefkada durch einen Isthmus vom Festland abtrennten und damit erst zur Insel machten, befand sich an ihrer Stelle bereits eine grosse Stadt namens Nirikos. Diese könnte mit Nerikos, „der gut gegründeten Stadt am Gestade des Festlands“ aus Homers Odyssee, identisch sein, fand Wilhelm Dörpfeld, ein Kollege Heinrich Schliemanns. Die kleine Insel Ithaka liegt nur eine halbe Stunde mit der Fähre von Lefkada entfernt. Möglicherweise ist Lefkada sogar das alte Ithaka selbst und damit Odysseus’ wahre Heimat. Einige geografische Angaben bei Homer passen auf Lefkada jedenfalls eindeutig besser als auf das heutige Ithaka, war der deutsche Archäologe überzeugt. Dörpfeld vertrat die Theorie, dass Lefkas vor der dorischen Wanderung, während der manche Inseln nach der alten Heimat benannt wurden, Ithaka hiess.

 

 

Mare e monti
Wie auch immer, lassen Sie uns Lefkada zunächst verorten. Die von 23’000 Einwohnern bewohnte Inselgruppe liegt im Epiros im Nordwesten Griechenlands. Das heutige Ithaka befindet sich mit Kefalonia und Zakynthos im Süden Lefkadas, im Norden schliessen sich Paxi/ Antipaxi und Korfu an. Wandert man mit dem Finger übers Meer nach Westen, trifft man auf die italienische Stiefelspitze. Der Flughafen Preveza ist auf dem Festland angesiedelt und dank eines Meerestunnels nur 20 Minuten mit dem Auto entfernt.
Lefkada ist durch eine schwimmende Brücke mit dem Festland verbunden. Passieren Segeljachten aus der neuen Marina von Lefkada, mit 500 Anlege- und 300 Winterplätzen für Yachten die modernste in Griechenland, die Brücke, dreht sie sich längs und liegt wie eine Fähre im Wasser, damit die Boote ihre Fahrt fortsetzen können. Die Strasse führt inseleingangs auf einem schmalen Landstreifen an Lagunen, Salinen und langen Sand- und Kiesstränden mit malerischen Windmühlen vorbei – der Vassiliki und Ai Giannis Strand gehören zu den weltbesten Surf- und Kite-Revieren –, bis man in die intakte Natur der Insel eintaucht. Im Inneren zeigt sich die Weisse gebirgig, sie ist ein Paradies für Wanderer und ausserordentlich grün. Aromatische, von Bienen umschwärmte Wildkräuter, Weinberge mit alten, autochthonen Rebsorten, Olivenhaine und wilde Ölbäume, Pinien, Zypressen, duftende Zitrusbäume, ein Meer blühender Oleander, Ginsterbüsche und Bougainvilleen betören den Besucher. Die Vegetation erinnert an ligurisches Grün, korsische Macchia, die Blütenpracht der Côte d’Azur, kurz, bukolische, mediterrane Landschaften.

 
Die höchsten Gipfel reichen bis auf knapp 1200 m hinauf. Während im Norden und Osten die Hügel sanft zur Küste hin auslaufen, fallen die weissen Kalkfelsen im Westen und Süden steil ins Meer ab, das sich fjordartig ins Land einschneidet. Hier liegen die unverbauten, weissen Traumstrände, einer schöner als der andere, die Lefkada den Ruf der Karibik Griechenlands einbrachten und teils nur vom Wasser aus zugänglich sind. Vom Hafenstädtchen Nidri an der Ostküste legen Ausflusgboote zu den Stränden und den umliegenden Inseln ab. Mit etwas Glück kann man Delphine beobachten, die sich einen Spass daraus machen, vor den Booten ihre Kunststücke vorzuführen. Ansonsten kann man in freier Natur echten griechischen Landschildkröten, Smaragdeidechsen und jeder Menge seltener Wasservögel, aber auch Schlangen begegnen.

 

 

Linsen aus Lefkada, Olivenöl aus Parga
Keine Bettenburgen, sondern beschauliche, authentische griechische Dörfer im Inselinneren. Die Bevölkerung mied die Küste früher aus Angst vor Normannen und Piraten. 200 Jahre beherrschten die Türken Lefkada, wogegen die Nachbarinseln stärker von den Venezianern geprägt wurden. Die Männer sitzen im Kafenion beim Klatsch, während Frauen zuhause köstliche Gerichte aus der reichen Palette der hier gedeihenden Früchte und Gemüse, Feta und Fisch und den in ganz Griechenland berühmten Linsen zubereiten. Linsen, Blüten- und Thymianhonig, Olivenöl, -seifen und schön gearbeitete Bretter und Gebrauchsgegenstände aus Olivenholz sind denn auch die häufigsten Mitbringsel, die Touristen von Lefkada mit nach Hause nehmen.

 
Olivenöl bildet die Basis der Küche. „Jede Familie hat ihren eigenen Olivenhain mit 50 bis 100 Bäumen auf Lefkada und ihr eigenes Öl“, erklärt uns die 51jährige Deutschgriechin Elena, die in Seligenstadt bei Frankfurt über 30 Jahre gelebt hat, bis sie in die Heimat ihrer Eltern zurückgekehrt ist. „Alle helfen mit, wenn im Herbst und Winter Zeit für die Ernte ist. Das Gras unter den Bäumen wird kurz geschnitten, Netze ausgelegt, einer steigt auf den Baum und schüttelt, die anderen holen mit Kinderrechen die weiter unten hängenden Oliven heraus und lesen die heruntergefallenen auf. Dann kommen sie sofort in die Presse.“ Wir können uns auf einem Ausflug zum Totenorakel von Nekromantio über dem Tal des Acheron und zum Küstenstädtchen Parga auf dem Festland im Epiros davon überzeugen, wie exzellent hiesige Ölqualitäten und erst recht kostbares, aus wilden Oliven kalt gepresstes Öl schmecken können. In einer toprestaurierten, ehemaligen Ölmühle, heute Museum, veranstaltet der Ölproduzent Paragaea Tastings, Kochkurse und Führungen mit Dinner.

 

 

Krösus lässt grüssen
Im Winter betreibt Elena eine Sprachenschule für Deutsch und Griechisch, im Sommer erklärt sie Touristen die Schönheiten ihrer Insel, wie man zu einsamen Robinson-Stränden kommt, wie die Inseln des Achipels heissen und wem sie gehören. All die komplizierten Namen kann sie aus dem Effeff. Und sie weiss, wo und wann welcher Anlass lohnt – es gibt eine Menge Kulturveranstaltungen, vom Linsenfest, dem internationalen Folklorefest, Literatur- und Kunstfestivals bis zum Hochzeitsfest im Bergdorf Karia.
„Nidri war früher ein einfaches Fischerdorf“, erzählt sie. Die nächstgelegene Insel gegenüber dem Hafen von Nidri ist Madouri, die Insel der Toten bei Homer, die man gut anhand der klassizistischen Villa am Ufer erkennt. „Madouri gehört den Nachkommen des Dichters Valaoritis. Links dahinter liegen Skorpios und Sparti, die Privatinseln von Aristoteles Onassis.“ An den Quaianlagen von Nidri hat das Dorf seinem Förderer ein Denkmal gesetzt, denn Nidri habe sich erst durch den griechischen Reeder entwickelt, erläutert uns Elena. Gärtner, Handwerker, Bedienstete, Bootsführer, Securityleute, Taucher … – Onassis beschäftigte Unmengen an Personal. Er habe zum Beispiel halb Skorpios neu bepflanzen, Taucher rund um die Inseln tauchen und den Meeresboden auf Gefahren absuchen, für seine Hochzeit mit Jackie Kennedy eine Kirche, Gästehäuser, Bootsanleger usw. bauen lassen. Kurz: Onassis schuf Arbeitsplätze en masse und Nidri entwickelte sich. Die Callas und viele andere Berühmtheiten seien nach Lefkada gekommen, Enkelin Athina selten.

 
Schliesslich hat Athina Onassis Roussel Skorpios und Sparti auf 99 Jahre an die Tochter des russischen Oligarchen Dimitri Rybolowlew verpachtet. „Verkaufen darf sie gemäss Onassis’ Vorgaben die Inseln ja nicht.“ Der mit Kunstdünger reichgewordene Multimilliardiär, Besitzer des AS Monaco und Grossaktionär der Bank of Cyprus, soll geschätzte 126 Millionen Euro dafür bezahlt haben. „Eine langfristige Investition“, hiess es dazu aus Monaco, dem Wohnsitz der Rybolowlews, man munkelt, Skorpios werde mit umweltfreundlichen Energien zum exklusiven Jetset-Resort ausgebaut. Genaues wissen tut man nicht, meint Elena, aber man sei vorsorglich schon mal heftig dagegen. Wie sich auch vor 53 Jahren ursprünglich heftiger Widerstand regte, als der griechische Krösus nach Lefkada kam.
Der neue Nachbar der Russen soll übrigens der Emir von Katar sein. Der habe angeblich das unbewohnte Inselchen Oxia gekauft. Aber keine Sorge, lacht Elena, die schönsten Strände bleiben trotzdem Kreti und Pleti erhalten: „In Griechenland sind alle Strände öffentlich. Wer über ein Boot verfügt, hat jederzeit Zugang zu den schönsten Stränden, auch auf den Privatinseln der Superreichen. Das hat schon manchen abgeschreckt, eine Insel zu kaufen, ganz abgesehen von den immensen Erschliessungskosten und dem ungeheuren Papierkrieg, der einen in Griechenland erwartet.“ Dann lieber unbeschwert ein Boot chartern oder für ein paar Euro einen Ausflug auf einem der Touristenboote in Nidri buchen und Skorpios, Ithaka, Meganisi oder Lefkadas schönste Strände vom Wasser aus ansteuern. Spätestens am traumhaften Egremni-Beach versteht man, warum sich Sappho von den weissen Klippen ins türkisblaue, kristallklare Meer stürzte.

 

 

INFOS
Die beste Reisezeit zum Wandern und Baden ist der September bzw. Juni.
Anreise: Von Juni bis September fliegt People’s ViennaLine mit Platz für 76 Fluggäste jeweils dienstags um 10.50 Uhr in zwei Stunden von St. Gallen Altenrhein nach Preveza vor den Toren Lefkadas, Parkplätze sind am Flugfeld in Altenrhein vorhanden, www.peoples.at. In nicht einmal 20 Minuten ist man vom Flughafen Preveza auf der Insel. Ansonsten kann man von Zürich via Wien mit Fly Niki oder von München mit Air Berlin nach Preveza fliegen.
Der Vorarlberger Reiseveranstalter Rhomberg bietet Reisen nach Lefkada und in den Epiros inklusive Flug, Mietwagen, Unterkunft und Ausflüge für jedes Budget an, www.rhomberg-reisen.com, grosse Auswahl an Ferienhäusern und Boutiquehotels.
Ausflugstipps: 3-Strände-Bootsausflug auf Lefkada: den ganzen Tag von einem Traumstrand zum anderen, nach Egremni, Porto Katsiki und Aggiofili; Acheron, Nekromanteion und Parga: Ganztagesausflug im Epiros zum Tor der Unterwelt, mit Bootstour auf dem Acheron, Besuch des Totenorakels und Besichtigung des Küstenstädtchens Parga mit seiner sehenswerten Ölmühle; Bootstrip nach Kefalonia und Ithaka*: Ganztagestour inklusive Badestopp vor Skorpios, Besuch der Höhle von Papanikoli und Halt an Lefkadas Stränden; Bootstrip nach Kastos und Kalamos*: einsame Strände, unberührte Dörfer, glasklares, blaues Meer mit dem elegantesten Boot von Lefkada, der MS Christina, unterwegs Halt in der Höhle von Papanikoli und auf Skorpios; Mehrtagesexkursionen: Meteora Kloster, Zagoria-Dörfer, Paxos – Antipaxos. *buchbar über www.esiness.gr.


Rhomberg, die „Reisemassschneiderei“, unterstützte die Recherche.

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